macht Urlaub
bewahrte ein äußerst empfindliches Gleichgewicht im Nahen Osten. Nach Jahrzehnten der Konfrontation mit Israel hatte der König einen Friedensvertrag mit den Israelis geschlossen, womit die islamischen Konservativen, die in Jordanien die Opposition bildeten, überhaupt nicht einverstanden waren. Während des Golfkriegs hatte Jordanien den Irak unterstützt, doch die Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern waren in letzter Zeit abgekühlt, vor allem, seit zwei von Saddams Töchtern sich samt Ehemännern nach Jordanien abgesetzt hatten und der König ihnen Asyl gewährt hatte. Ihre Anwesenheit in Jordanien war bei anderen irakischen Flüchtlingen, die so engen Familienangehörigen des Diktators mißtrauten, auf Mißtrauen gestoßen. Und sechs Monate später hatten sie die Welt damit überrascht, daß sie Saddam ersuchten, zurückkehren zu dürfen, und er hatte ihnen Vergebung versprochen. Drei Tage nach ihrer Heimkehr wurden sie ermordet. Saddam hatte ihnen doch nicht vergeben. Die Frage war, würde er Jordanien verzeihen, daß es ihnen Zuflucht gewährt hatte? Eine mehr als beunruhigende Situation. Der Golfkrieg hatte ihnen neue Feinde beschert und sie viel gekostet: Die Arbeitslosigkeit war hoch; sie befanden sich immer noch in der unangenehmen Lage, für Ölimporte auf den Irak angewiesen zu sein, ebenso aber für Wirtschaftshilfe auf die nun verbündeten Länder - und vor allem auf die Vereinigten Staaten. Ihr weiser und einfallsreicher König hatte über vierzig Jahre einen Drahtseilakt vollbracht. Und nun mußte das passieren. Sie konnten sich im Augenblick keinen verärgerten und bis an die Zähne bewaffneten Nachbarn leisten. Der Irak war wie ein Phönix aus der Asche des Krieges neu erstiegen und manövrierte seine Truppen provozierend herum, was die Vereinigten Staaten ebenso verwirrte und beunruhigte wie Jordanien.
Er seufzte. Er hatte seinem Vorgesetzten einen umfangreichen Bericht über alles vorgelegt, was seine Männer in der Festung Karak entdeckt hatten. Die Einzelheiten waren vermutlich ein wenig umfangreicher als im Bericht der Polizei von Karak. Seiner Darstellung hatte er das Interview in Amman mit der Frau hinzugefügt, die die Leiche gefunden hatte. Besonders sorgfältig war er auch bei seiner Beschreibung des Reiseandenkens vorgegangen, das man ihr auf dem Flug nach Jordanien ohne ihr Wissen zugesteckt hatte. Gewöhnlich handelte es sich bei solchen Schmuggeleien um Haschisch, nicht um Souvenirs, die ahnungslosen Reisenden untergeschoben wurden. Der Zoll war mit solchen Machenschaften vertraut, aber ein Reiseandenken als Schmuggelware war ungewöhnlich. Inspektor Jafer war jedoch immer noch verwirrt darüber, wie sie und ihr Cousin den Schlüssel im Sperrholzsockel entdeckt hatten. »Ist auf den Boden gefallen und auseinandergebrochen«, hatte Mr. Farrell behauptet, was kaum glaubwürdig erschien, aber er hatte es einstweilen dabei belassen. Noch schwerer war ihm gefallen, die Geschichte der Frau zu glauben, daß ihnen ständig eine rostrote Limousine folgte. Nur der Verfolgungswahn einer spleenigen Touristin, das war seine Meinung darüber gewesen, bis dann sowohl Farrell als auch ihr Fremdenführer, Juseff Jidoor, diese Aussage bestätigt hatten.
Ohne Kommentar hatte er das alles in seinem Bericht dargelegt, in allen Einzelheiten; auch die Erklärung der Frau, sie sei sicher, daß das Reiseandenken von dem neben ihr im Flugzeug sitzenden Mann namens Nayef heimlich in ihre Reisetasche gesteckt worden war. Jafer hatte den Schlüssel und das Seidenpapier in einen gekennzeichneten Umschlag gelegt und diesen einstweilen in seinen Schreibtisch verstaut. Irgendwann würde sein Vorgesetzter dazu kommen, seinen Bericht zu lesen. Den ganzen Vormittag war er zu beschäftigt gewesen, die erregten Anrufe von der irakischen Botschaft so diplomatisch wie nur möglich zu beantworten. Für siebzehn Uhr hatte er jedoch eine Besprechung der Abteilung anberaumt.
Es war allerdings erst sechzehn Uhr, als sein Chef, Jafers Bericht schwenkend, in dessen Büro gestürmt kam. Sein Gesicht war knallrot. Jafer erhob sich. »Sir?«
»Nayef!« platzte sein Vorgesetzter heraus. »Nayef?«
Er fuchtelte ihm mit dem Bericht unter der Nase herum. »Diese Frau behauptet, der Mann, der im Flugzeug von New York neben ihr saß, nannte sich Nayef?« Inspektor Jafer nickte.
»Wir haben soeben vom Geheimdienst erfahren, daß Suhair Slaman am Sonntag auf einem Flug von New York den Namen Nayef benutzte!«
Jafer riß
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