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Macht Vakuum

Macht Vakuum

Titel: Macht Vakuum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Bremmer
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Auseinandersetzung vermeiden kann, in der die herrschende Partei mit ihrem Streben nach einer Liberalisierung des religiösen Ausdrucks gegen die Säkularisten in der Geschäftswelt, den Medien und der militärischen Elite stehen würde, und wenn die Wirtschaftsreformen auch weiterhin ganz oben auf der Tagesordnung stehen, dann kann das Land seiner Rolle als wichtigster Vermittler in der Region weiter gerecht werden. In Saudi-Arabien wird die Macht von der gegenwärtigen Führungsgeneration schon bald auf die nächste übergehen. Wenn die neue Königsfamilie das Land so reformieren kann, dass ein langfristig lebensfähiges System entsteht, oder wenn der Reformdruck dank steigender Öleinnahmen und erhöhter Staatsausgaben im Zaum gehalten werden kann, können die Saudis ihre Führung im Golfkooperationsrat nutzen, um ihre Dominanz in der Region zu verstärken. Wenn Brasilien die Inflation unter Kontrolle hält, die Kluft zwischen Arm und Reich weiter verkleinert und die Erschließung seines natürlichen Reichtums klug managt, wird es seine Position als einflussreichster Staat Lateinamerikas festigen.
    Indem man in einem Diagramm die amerikanisch-chinesischen Beziehungen auf eine Achse und die relative Stärke der anderen Länder auf die andere legt, kann man die vier wahrscheinlichsten Post-G-Null-Szenarios graphisch darstellen (siehe S. 160).
    Nach diesem Diagramm gibt es vier verschiedene Alternativen: Wenn die USA und China durch die von der G-Null ausgelöste Krise näher zusammenrücken und wenn sie bei weitem die mächtigsten Staaten der Welt sind, wird sich wahrscheinlich ein internationales System etablieren, in dem China und die USA davon profitieren, dass sie sich dieLasten teilen. Wir können dieses Szenario als G2 bezeichnen. Wenn jedoch China und die Vereinigten Staaten generell zusammenarbeiten, aber sich die Führung mit anderen starken Staaten teilen, bekommen wir vermutlich ein Konzert der Nationen und echte Kooperation in einer G20-artigen Organisation.

    Wenn die USA und China dagegen aus der G-Null-Krise viel stärker hervorgehen als alle anderen Staaten, sich aber nach der Krise viel feindseliger gegenüberstehen als zuvor, werden wir wahrscheinlich einen Kalten Krieg 2.0 erleben. In diesem System zwingt die Rivalität zwischen zwei Großmächten die anderen Staaten, sich für eine von beiden zu entscheiden oder darum zu kämpfen, nicht unter die Vorherrschaft einer der beiden Mächte zu kommen. Wenn dagegen Washington und Peking in einer Welt mit mehreren anderen starken Staaten verfeindet sein sollten, wird die Macht zersplittert, und wir bekommen eine Welt der Regionen, was die internationalen Entscheidungsprozesse betrifft. Alle Szenarios stehen natürlich für Extreme, und die Zukunft wird wahrscheinlich eine Kombination von wenigstens zwei der Szenarios bringen.
    Auf dieser Grundlage ergeben sich die auf S. 161 dargelegten grundlegenden Möglichkeiten. Sie werden auf den folgenden Seiten detailliert behandelt.

G2: Partnerschaft zwischen den USA und China
    Im Lauf des letzten Jahrzehnts wurde in Amerika immer wieder die Forderung erhoben, dass die Vereinigten Staaten die Lasten der Führung mit anderen Staaten teilen sollten, und China wurde als möglicher Partner in Betracht gezogen. Im September 2005 hielt Robert Zoellick, der damalige Stellvertretende Außenminister der USA, eine Rede vor dem National Committee on United States China Relations und rief Peking dazu auf, in der internationalen Politik als »verantwortungsbewusster Stakeholder« zu agieren. China habe sich durch sein Wachstum einen eigenen Anteil an Frieden und Stabilität der Welt erworben, und Washington begrüße jedes Angebot von Peking, mehr in das von den Amerikanern gestaltete internationale System zu investieren. Zoellick sagte außerdem, dass die Vereinigten Staaten den friedlichen AufstiegChinas begrüßten und beide Länder zusammenarbeiten könnten, um Lösungen für die schwierigsten Weltprobleme zu finden.
    Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler C. Fred Bergsten popularisierte als erster den Begriff »G2« als Bezeichnung für eine strategische Partnerschaft zwischen China und den Vereinigten Staaten, die den dringend nötigen Wandel in der internationalen Politik herbeiführen könnte. In seinem 2005 erschienenen Buch The United States and the World Economy vertrat er die Ansicht, dass ohne die Zusammenarbeit zwischen Washington und Peking keines der wichtigsten Weltprobleme wirksam bekämpft werden

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