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Macht Vakuum

Macht Vakuum

Titel: Macht Vakuum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Bremmer
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Hindernisse für eine amerikanisch-chinesische Zusammenarbeit betrachtet werden, würden dieser wahrscheinlich langfristig nicht wirklich im Wege stehen. Zum Beispiel kritisieren Regierungsvertreter in Washington (und mehreren anderen Hauptstädten) die chinesische Währungspolitik. Sie erheben den Vorwurf, dass China den Yuan im Verhältnis zum Dollar (und anderen Währungen) künstlich niedrig halte und sich dadurch im Handel einen unfairen Wettbewerbsvorteil verschaffe. Zwischen Juli 2005 und Juli 2011 jedoch ist der Yuan im Vergleich zum Dollar um fast 30 Prozent im Wert gestiegen. 5 Wenn China daran arbeitet, seine Exportabhängigkeit zu reduzieren und mehr Wohlstand auf die chinesischen Verbraucher zu verlagern, werden die chinesischen Regierungsvertreter vermutlich zulassen, dass der Yuan langsam weiter steigt, aber nicht, weil dies im Ausland verlangt wird, sondern weil es nach Ansicht der chinesischen Führung den chinesischen Interessen dient. Also wird dieses Problem die amerikanische und die chinesische Regierung nicht an einer Zusammenarbeit hindern, wenn beide Seiten sie für notwendig halten.
    In den letzten Jahren kommt es immer häufiger vor, dass amerikanische und chinesische Politiker einander über den Pazifik hinweg Beleidigungen an den Kopf werfen. Dies hat seine Ursache vor allem in dem bis heute andauernden Übergangsprozess in beiden Ländern. Ein besonders eindrückliches Beispiel für diesen Trend ist das Video »Chinese Professor« 6 auf YouTube, ein aufwendig produzierter Werbespot der amerikanischen Interessengruppe Citizens Against Government Waste. Das Video spielt im Jahr »2030 n. Chr.« und zeigt einen chinesischen Professor in einem großen hochmodernen Hörsaal, der vor chinesischen Studenten eine Vorlesung über untergegangene Reiche aus der Vergangenheit hält. Der Clip endet damit, dass der Professor sagt: »Jetzt arbeiten sie [die Amerikaner] für uns!«, während seine Studenten herzhaft über die amerikanische Dummheit lachen. In »Fight the Debt Limit Extension«, einem noch primitiveren Spot von Mark Amodei, der in Nevada für das Repräsentantenhaus kandidierte, erklärt ein chinesischer Fernsehmoderator (in synchronisiertem Englisch mit Untertiteln in Mandarin), wie Präsident Obama die Vereinigten Staaten zu einemVasallen Chinas machte. Nach einer kurzen Passage, in der sich Obama vor dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao verbeugt, marschiert eine chinesische Truppeneinheit triumphierend durch Washington. 7 Amodei gewann seinen Wahlkampf mit großem Vorsprung.
    Obwohl Chinas Medien und eher rangniedere Funktionäre der politisch inspirierten Paranoia durch provokative öffentliche Äußerungen manchmal noch zusätzlich Nahrung geben, sind solche Videoclips nicht gegen chinesische Autokraten, sondern gegen amerikanische Demokraten gerichtet. Sie sind Wahlkampf. Manche Politiker in den Vereinigten Staaten wollen zeigen, wie mutig sie sind, indem sie China angreifen. Oder sie wollen ihre politische Rechtgläubigkeit beweisen, indem sie die andere Partei der Kollaboration mit der Kommunistischen Partei Chinas beschuldigen. Das ist nichts Neues: Im Jahr 1989 verwendeten die Demokraten Fotos, die zeigten, wie der Nationale Sicherheitsberater Brent Scowcroft nur sechs Monate nach dem Massaker auf dem Tiananmen-Platz während eines geheimen diplomatischen Besuchs in Peking einen Toast auf chinesische Regierungsbeamte ausbrachte. 8 Im Präsidentschaftswahlkampf von 1992 tadelte der Kandidat Bill Clinton Präsident George H. W. Bush, weil er sich mit den »Schlächtern von Peking« gemein gemacht habe. Dies hinderte Clinton freilich nicht daran, den Chinesen, als er Präsident war, eine permanente Normalisierung der Handelsbeziehungen anzubieten. 9 Und es hinderte Chinas Führung nicht daran, Clintons ausgestreckte Hand zu ergreifen.
    Ganz ähnlich versuchen chinesische Politiker im Hinblick auf den Machtwechsel von 2012, bei den chinesischen Hardlinern ihren Ruf als unnachgiebige Vertreter nationaler Interessen aufzupolieren. Doch ihre öffentlichen Verlautbarungen halten den Strom von amerikanischen Firmen nicht auf, die auf der Suche nach langfristigen Gewinnen nach China kommen. Auch werden sie einflussreiche chinesische Regierungsvertreter nicht davon abhalten, weiterhin von US-amerikanischen oder anderen ausländischen Investitionen zu profitieren, und chinesische Exporteure werden auch weiterhin ihre Regierung drängen, die Beziehungen mit Washington so freundlich zu

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