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Macht Vakuum

Macht Vakuum

Titel: Macht Vakuum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Bremmer
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gestalten, dass die amerikanischen Märkte offen bleiben.
    Und doch ist es unwahrscheinlich, dass sich eine G2 entwickelt.Zunächst einmal will China, wie oben erwähnt, heute noch nicht zu einer G2 gehören, und es wird vielleicht auch in Zukunft nicht das notwendige Selbstvertrauen dafür haben. In den letzten Jahren hat es auf die Aufforderung, mehr Lasten zu übernehmen, mit zwei deutlichen Warnungen reagiert: Es besteht darauf, dass es trotz drei Jahrzehnten ununterbrochenen Wachstums immer noch ein Entwicklungsland sei – mit all den spezifischen Bedürfnissen und Verwundbarkeiten, die dieser Status mit sich bringe. Und dass die nächsten, komplizierten und gefährlichen Stadien der Entwicklung die chinesische Führung im eigenen Land vor so viele langfristige Herausforderungen stellen werde, dass sie keine neuen globalen Aufgaben übernehmen könne. Zweitens machte das Land klar, dass es ihm nicht recht ist, wenn Washington versucht, die chinesischen »Aufgaben« in der internationalen Politik zu definieren. In den letzten Jahren haben viele Beobachter die Bildung einer G2 gefordert, aber es ist nicht ein Chinese darunter. Daran wird sich vermutlich auch in der volatilen G-Null-Ära nichts ändern.
    Außerdem ist es schwer, einen historischen Präzedenzfall für irgendeine dauerhafte, mehrdimensionale Partnerschaft zwischen den zwei mächtigsten Staaten der Welt zu finden, insbesondere wenn sie sehr unterschiedliche politische und wirtschaftliche Systeme haben. Wenn China nicht aus irgendeinem Grund fundamentale politische Reformen durchführt und die staatliche Dominanz der Märkte aufgibt, wird kein mit der G-Null in Zusammenhang stehendes Ereignis und kein damit verbundener Trend zu einer langfristigen Interessengleichheit beider Mächte führen. Und falls die Reformen scheitern sollten, wird die chinesische Bevölkerung natürlich einen Sündenbock finden. Eine solche Entwicklung würde die Aufrechterhaltung einer G2 stark erschweren, gleichgültig, ob der Sündenbock in Peking oder im Ausland sitzt.
    Außerdem hätte das G2-Szenario die Voraussetzung, dass sowohl die Vereinigten Staaten als auch China mit gestärktem Selbstvertrauen aus der G-Null hervorgehen. Dies ist besonders unwahrscheinlich angesichts der ehrgeizigen Reformpläne der chinesischen Führung und angesichts der großen Schwierigkeiten, die eine ohnehin schon verunsicherte amerikanische Mittelschicht mit der Rebalancierung der beiden Volkswirtschaften haben wird, die für sie einen enormen Kaufkraftverlust bedeutet. Auch wird es eine selbstbewusster gewordenechinesische Mittelschicht vielleicht nicht gerne sehen, wenn ihre Regierung enger mit Washington zusammenarbeitet. Es ist genauso wahrscheinlich, dass sich die nationalen Rivalitäten noch verschärfen und chinesische Regierungsvertreter den Argwohn der chinesischen Öffentlichkeit gegen Washington ausnutzen, um Pekings internationale Verhandlungsposition zu stärken oder um ihre Popularität zu steigern, indem sie sich durch patriotisch motivierten Trotz profilieren.
    Tatsächlich wird China angesichts der Frustration und Furcht, die die Rebalancierung der Volkswirtschaften in beiden Ländern auslösen wird, vielleicht mehr Gemeinsamkeiten mit einem Land wie Deutschland finden als mit den Vereinigten Staaten. Wie China ist Deutschland Kreditgeber und nicht Kreditnehmer. Unter den führenden Volkswirtschaften der Welt hat nur China eine positivere Handelsbilanz. Wenn China zum Beispiel versucht, seine einseitige Abhängigkeit vom Dollar zu reduzieren, könnte es mit Deutschland ein gemeinsames Interesse an der Stärkung des Euro – und allgemeiner der europäischen Institutionen – entwickeln. Deutschland wird in absehbarer Zukunft keine Supermacht werden. Seine Volkswirtschaft und seine Bevölkerung sind sehr viel kleiner als die der USA oder die Chinas. Und damit es noch einmal eine Militärmacht wird, müsste sich seine politische Kultur radikal verändern, und es würde sehr viel Zeit und Hunderte Milliarden Euro dafür brauchen. Auch würde die begrenzte internationale Verwendung der deutschen Sprache jeden Versuch behindern, seinen kulturellen Einfluss zu erweitern. Trotzdem ist sein wirtschaftliches und diplomatisches Gewicht insbesondere in Europa beträchtlich. Es ist potentiell einer der wichtigsten Drehpunktstaaten der Welt. Angesichts der starken und robusten Wirtschaft Europas könnte Deutschland so viel Gemeinsamkeiten mit China finden, dass es für China viel weniger

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