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Machtkampf

Machtkampf

Titel: Machtkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bomm
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vor.
    »Ich habe gedacht, ich bringe dir das Ding gleich selbst vorbei«, lächelte Vanessa und überreichte Linkohr einen Plastikbeutel, in dem sich das blaue Schlüsselmäppchen befand.
    Karin Stenzel, die zur Begrüßung der jungen Frau aufgestanden war, besah sich das mitgebrachte Objekt gleich aus der Nähe. »Woher haben Sie das?«
    »Ist es Ihres?«, fragte Linkohr zurück. Er spürte ihre Aufregung.
    »Es ist meines«, antwortete die Rektorin unterkühlt und stöckelte wieder hinter ihren Schreibtisch zurück.
    Linkohr reichte den Beutel an Vanessa weiter, die sich einen Besucherstuhl herangezogen hatte.
    »Ich hab es wohl irgendwo verloren«, durchbrach Frau Stenzel die entstandene Stille.
    »Vermutlich verloren«, knüpfte Linkohr an, wohl wissend, dass das Gespräch für die Rektorin jetzt eine unangenehme Wende nehmen konnte. »Und jemand hat’s gefunden.«
    »Weiß man denn, wo und wer?« Sie sah die beiden Besucher nacheinander kritisch an.
    »Wir können Ihnen nur sagen, in wessen Besitz der Schlüssel zuletzt war«, erklärte Linkohr ruhig. »Nämlich bei Herrn Max Hartmann.«
    »Bei …?« Ihr Atem stockte. »Bei ihm?«
    »Ja, bei ihm«, trumpfte Linkohr auf, während ihm Vanessa unauffällig zublinzelte. »Bei ihm daheim. Es ist uns nur aufgefallen, weil es der einzige Schlüssel war, der an diesem Mäppchen dranhing und der nicht zu Hartmanns Haus passte.«
    Aus dem Gesicht der Frau war alle Farbe gewichen. »Dann hat er es irgendwo gefunden«, fasste sie sich wieder. »Wahrscheinlich ist mir das Mäppchen hier vor dem Haus rausgefallen, als ich ins Auto gestiegen bin.«
    »So kann es gewesen sein«, räumte Linkohr ein und ließ ein paar Sekunden verstreichen. »Sie könnten ihn aber auch bei anderer Gelegenheit verloren haben.«
    »Bei anderer …? Ja, natürlich, ich hab ihn oft nur in die Jackentasche gesteckt. Wer weiß, wo er mir rausgeflutscht ist. Vielleicht beim Bäcker …«
    Linkohr sah kurz zu Vanessa und riskierte einen gewagten Vorstoß: »Oder Sie hatten eine Begegnung mit Herrn Hartmann.«
    Karin Stenzels Stimmung wandelte sich mit einem Schlag. »Jetzt hören Sie mal zu, Herr Linkohr. Ist das, was Sie hier treiben, ein Verhör oder was? Man könnte fast meinen, Sie wollten mir ein Verhältnis mit Herrn Hartmann andichten.«
    »Verzeihen Sie«, entgegnete Linkohr schnell, denn er spürte, dass er möglicherweise einen Schritt zu weit gegangen war. »Das wollte ich in keinster Weise sagen«, log er deshalb. »Es könnte doch sein, Sie haben Herrn Hartmann irgendwo getroffen, wie dies in so einem kleinen Ort vermutlich mit vielen Menschen geschieht – und dabei könnte der Schlüssel verloren gegangen sein.«
    »Dann hätte er ihn mir aber wohl auch gleich wieder zurückgegeben, oder?«
    Jetzt sah Vanessa die Gelegenheit dafür gekommen, von Frau zu Frau zu sprechen. In ihrem Studium hatte sie gelernt, dass es Sinn machte, im richtigen Moment weibliche Intuition in eine Vernehmung einfließen zu lassen. »Wir Frauen neigen ja manchmal auch dazu, unsere Handtaschen etwas zu stark zu beladen«, lächelte sie verständnisvoll. »Dann holt man ein Taschentuch raus, ein Deo oder etwas anderes – und schon fällt was zu Boden. Das kann überall passieren. Vor dem Haus oder einfach beim Gehen. Wenn sich mein Kollege dafür interessiert, wo Sie den Schlüssel verloren haben könnten, dann doch nur, weil er sich mit dem persönlichen Umfeld von Herrn Hartmann befassen muss.«
    Karin Stenzel schien für diese beruhigenden Worte dankbar zu sein. »Ich möchte Sie ganz herzlich bitten, mich in diese Sache nicht reinzuziehen.« Sie sah nur Vanessa an. »In so einem kleinen Dorf machen schnell Gerüchte die Runde, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich habe Familie und hier eine Aufgabe, die mich erfüllt. Da kann ich es mir nicht leisten, in ein schiefes Licht zu geraten.«
    »Es liegt uns fern, Sie in ein schiefes Licht zu rücken«, entgegnete Linkohr besänftigend. »Niemand wird Ihnen wegen des Schlüssels unterstellen, ein Verhältnis mit Herrn Hartmann gehabt zu haben.« Er hatte während der vergangenen Minuten überlegt, ob er eine solche Formulierung ins Spiel bringen sollte. Doch nun hatte sie es ja selbst gesagt.
    Und dass dieses Wort seine Wirkung nicht verfehlte, bewies ihm Frau Stenzels erneute emotionale Reaktion: »Was sagen Sie da? Wie kommen Sie überhaupt auf die Idee, so etwas zu denken?«
    Die beiden Besucher antworteten nichts. Durch die Stille noch mehr verunsichert,

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