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Machtkampf

Machtkampf

Titel: Machtkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bomm
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ich sagen, Herr Linkohr: Geld regiert die Welt. Da haben wir Kleinbauern nichts mehr zu melden.« Er drehte seinen Putzlappen in den Händen und blickte zu Linkohr: »Sie werden auch nicht gerade zu den Großen zählen, nehm’ ich an.«
    Der Kriminalist wusste nicht so recht, wie er diese Bemerkung deuten sollte. »Noch eine andere Frage: Dieser Jägersitz von Hartmann ist ja ziemlich groß …«
    Jetzt huschte ein Grinsen über Melzingers Gesicht: »Da werden Sie von mir nichts erfahren, Herr Linkohr. Sie müssen schon selbst rauskriegen, was von dem, was drüber gesprochen wird, Jägerlatein ist und was nicht.«

    Kugler sah beklommen dem nahenden Sonntag entgegen. Würde sich bis dahin herumgesprochen haben, was gegen ihn vorlag? Worüber sollte er predigen? Während seiner langen Seelsorgertätigkeit war ihm stets daran gelegen gewesen, aktuelle Themen aufzugreifen. Und was beschäftigte die Menschen in und um Rimmelbach in dieser Woche mehr als der tragische Tod Hartmanns? Doch wenn dies alles etwas mit ›seinem Fall‹ zu tun hatte, wäre es riskant, dieses Thema aufzugreifen. Vielleicht hatten sogar schon die Zeitungen bis dahin berichtet. Er war erleichtert, dass diese Woche kein weiterer Religionsunterricht mehr auf dem Stundenplan stand. Hausbesuche, wie er sie regelmäßig bei älteren Kirchenmitgliedern machte, reduzierte er auf ein Mindestmaß.
    Er saß an diesem späten Nachmittag zusammengesunken am Schreibtisch seines Büros und starrte in die grauweiße Nebelwand hinaus, die alles zu erdrücken schien – als verwehre sie ihm für immer den Blick zum Himmel. Wieder hatte er die Protokolle und das staatsanwaltschaftliche Schreiben gelesen. Und immer wieder suchte er in den juristischen Formulierungen vergeblich etwas, das ihm einen Funken Hoffnung bescheren würde. Aber die Worte und Sätze waren gnadenlos. Dass ihm sein Anwalt geraten hatte, gelassen auf den weiteren Verlauf des Verfahrens zu warten, empfand er als eine routinemäßige Floskel. Warten bedeutete doch nur, hilflos und tatenlos dazusitzen, während anderswo mit juristischen Spitzfindigkeiten an seinem Schicksal gestrickt wurde.
    Vor seinem geistigen Auge tauchte der kleine Manuel auf, der in den wenigen Stunden, die er im Religionsunterricht verbracht hatte, kaum in der Lage gewesen war, einen zusammenhängenden Satz zu formulieren. Wie konnte ein solches Kind eine derartige Lawine auslösen und ein Leben zerstören? Kugler spürte, wie schwer es ihm fiel, klar zu denken. Er schloss die Augen. Zwei Tage waren erst vergangen – und die Last lag tonnenschwer auf seiner Seele. Wie sollte er monatelang mit dieser Ungewissheit leben?
    Dabei stand ihm das Schlimmste noch bevor, wenn erst die Öffentlichkeit davon erfuhr. Man würde ihn als untragbar abstempeln. Kugler ließ den Blick durch sein Arbeitszimmer streifen, sah die massiven Schränke, die antiken Ölgemälde von Kirchen und die dicken Bücher in den Regalen. Alles würde er wieder verpacken und anderswo aufstellen müssen. Anderswo. Dort, wo niemand wissen würde, weshalb er nur knapp über ein Jahr in Rimmelbach gewesen war. Aber gab es dieses ›Anderswo‹? Sprach sich nicht in einer Zeit der allgegenwärtigen Medien innerhalb von Stunden herum, was man ihm vorwarf? Egal, wohin er sich auf diesem Planeten auch verkroch, die Vergangenheit konnte er nicht mehr abschütteln. Nie mehr. Für ihn war Rimmelbach die Endstation. Der Nebel, der in der Abenddämmerung immer dichter wurde, erinnerte ihn an einen Vorhang. An einen Bühnenvorhang, der längst gefallen war. Ohne Applaus, weil das Publikum die Vorstellung als mies empfunden hatte.
    Kugler war so tief in Gedanken versunken, dass er das Summen des Telefons auf seinem Schreibtisch zunächst gar nicht registrierte. Erst beim dritten Mal nahm er es wahr, wartete noch einen Augenblick, räusperte sich und nahm dann den Hörer in die Hand. »Kugler«, meldete er sich.
    »Hier spricht Neth«, hörte er eine energische Männerstimme, die ihm mit einem Schlag verdeutlichte, dass der Zeitpunkt der persönlichen Katastrophe eingetreten war. Jetzt war das Thema an die Öffentlichkeit gelangt.

8
    »Wenn man’s genau nimmt, haben wir nur diese versuchte Brandstiftung«, resümierte Häberle, nachdem Linkohr und Wissmut in sein Büro gekommen waren und die Sekretärin frisch gebrühten Kaffee gebracht hatte.
    »Und diese Kerze sollte wohl nicht wirklich einen Brand auslösen«, meinte Linkohr. »Sie war viel zu groß und hätte noch

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