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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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das viel schneller war, als sein Aussehen auf den ersten Blick hatte erahnen lassen, und der schneidende Wind trugen dazu bei, dass Valerie kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Mit halberfrorenen Händen klammerte sie sich an der Außenwand fest, während die Gischt neben ihnen aufspritzte und der Rumpf des Bootes immer wieder hart auf den kurzen Wellen aufschlug. Endlich tauchten links von ihnen aus dem Dunst die Terminals mit ihren haushohen Containerstapeln auf. Nur wenige hundert Meter weiter öffnete sich die Einfahrt zum Petroleumhafen. Safwan drosselte den Motor ein wenig, als er das Boot hineinlenkte und auf ein Schiff mit dunkelrot-grün lackiertem Rumpf zuhielt, an dem bereits die Schlepper festmachten, um es aus dem Hafen zu ziehen.
    Sie wurden erwartet. Sobald sie nahe genug waren, öffnete sich einige Meter über ihnen eine Luke im Rumpf des Schiffes, und eine Schaukel aus Tau wurde heruntergelassen. Valeries Finger waren längst gefühllos und steif. Safwan zog sie auf seinen Schoß und schlang einen Arm um sie, während er sich mit der anderen Hand am Tau festklammerte. Ihr Boot trieb bereits ab, auf den Anleger auf der anderen Seite des Hafens zu. Valerie schloss die Augen, spürte Safwans klopfendes Herz an ihrer Brust und seinen Atem an ihrer Wange und gab sich der Illusion hin, alles würde gut werden. Die aufgeregten Stimmen der Männer in der Luke kamen näher, das schnelle Auf und Ab der arabischen Sprache. Safwan antwortete, dann spürte sie, wie sich sein Körper plötzlich anspannte, wie der Griff um ihre Taille fester wurde. Sie schlug die Augen auf und erstarrte. In der Schiffsöffnung stand die hochgewachsene Gestalt Robert F. Burroughs’. Ein selbstgefälliges Funkeln lag in seinen Augen, als ihre Blicke sich trafen.
    Safwan stieß sich von der Bordwand ab, aber es war zu spät. Besatzungsmitglieder zogen die Schaukel durch die Luke. Rauhe Hände griffen nach ihnen, rissen sie auseinander. Safwan wurde auf die Knie gezwungen, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Valerie biss sich vor Schmerz auf die Lippe, als ihr einer der Männer die Arme auf den Rücken drehte und sie mit festem Griff hielt. Burroughs schob sich durch die Phalanx der Männer. Bei dem Lächeln, das beim Anblick seiner Gefangenen über sein Gesicht huschte, wurde Valerie übel. Er hielt sich nicht lang mit Reden auf, trat zu Safwan und versetzte ihm mit dem Fuß einen so heftigen Tritt ins Gesicht, dass Valerie meinte, die Knochen krachen zu hören. Safwan kippte zur Seite. Burroughs riss ihn wieder hoch, zog ihm den Kopf nach hinten und spuckte ihn an. »
Fuckin’ bastard
«, stieß er hervor.
    Blut lief aus Safwans Nase, tropfte auf das Schiffsdeck. Er schwankte. Sein Gesicht begann bereits anzuschwellen, dort, wo ihn Burroughs’ Schuh getroffen hatte. Dann sah Safwan zu Valerie. Diesen Blick würde sie nie vergessen. So viel lag darin. Ein ganzes Leben. Eine verzweifelte Liebe. Die Bitte um Verzeihung. All das, was er ihr nicht hatte sagen können. Tränen sprangen ihr in die Augen.
    Burroughs zog seinen Revolver und drückte die Mündung gegen Safwans Stirn.
    »Nein!«, hörte sie sich selbst schreien.
    Ein Schuss knallte. Safwans Kopf flog nach hinten, sein Körper folgte. »Safwan! Nein!«
    Sie riss sich los und stürzte sich auf den leblosen Körper. Aus dem kleinen Loch in Safwans Stirn quoll Blut. Seine Augen waren starr. Leer. Er war fort.
    Ihre Finger gruben sich in seine Kleidung, berührten sein Gesicht, als könne sie ihn auf diese Weise zurückholen, wieder zum Leben erwecken. »Safwan …« Für einen Moment fühlte sie erneut seinen Arm um sich, das Schlagen seines Herzens und seinen Atem an ihrer Wange. Tränen liefen über ihre Wangen und tropften auf ihn hinab, hinterließen dunkle Spuren auf dem Grau seines Anzugs.
    Sie ließen ihr keine Zeit. Jemand zerrte sie hoch, und als sie sich wehrte und um sich schlug, traf sie eine Ohrfeige, die ihre Wange trotz der Kälte zum Brennen brachte.
    Burroughs blickte auf den Toten herab. Ein Mann, wie er im Anzug, trat neben ihn. »So wird er nicht mehr viel erzählen können«, sagte der Unbekannte auf Englisch. »Unsere Vereinbarung war eine andere.«
    Sie konnte nicht verstehen, was Burroughs antwortete, sah nur, wie er seinen Revolver unter seinem Jackett verschwinden ließ und sich an die Besatzung wandte. »Räumt ihn weg«, befahl er den Männern, die stumm auf den Toten zu ihren Füßen blickten. »Er wird später abgeholt.« Dann kam er auf

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