Machtlos
verkehrt abgeheftet.«
Mayer ließ den Kopf in die Hände sinken und schwieg. »Und wie sind
Sie
daran gekommen?«, fragte er, als er wieder aufsah.
»Seit ein paar Tagen blättere ich sämtliche Ordner durch, die wir angelegt haben, seit wir hier sind. Tonnenweise Papier, das keiner mehr braucht. Aber manchmal hat man Glück.«
Mayer starrte wieder auf das Foto. »Wie kann Abidi gleichzeitig am Flughafen und am Dammtorbahnhof gewesen sein? Da ist doch etwas faul.« Er legte den Ordner zurück auf den Tisch und stand auf. »Wir brauchen die Originalaufzeichnung aus dem Flughafen.«
»Die gibt es nicht mehr«, sagte Wetzel. »Ich hab schon dort angerufen. Die Bänder werden nach vierundzwanzig Stunden gelöscht. Irgend so ein Datenschutzkram.«
Mayer trat ans Fenster und blickte in den trüben Hamburger Morgen. »Wenn wir tatsächlich nachweisen können, dass Abidi mit dem Anschlag auf den Dammtorbahnhof nichts zu tun hat …«
»Dann haben wir ein krasses Problem«, brachte Wetzel seinen Gedanken zu Ende. »Aber wir haben dann auch endlich etwas in der Hand, um Valerie Weymann zurückzuholen.«
Mayer drehte sich zu Wetzel zurück. »War das die Motivation für Ihre Suche?«
Wetzel grinste. »Haben Sie sich mal Valerie Weymanns Beine angeschaut, als Sie noch Gelegenheit dazu hatten? Nein, vermutlich haben Sie nicht einmal gesehen, dass sie welche hat. Frauen mit solchen Beinen sind selten geworden. Die kann man nicht einfach …«
Mayer schüttelte resigniert den Kopf. Er wies auf das Foto. »Machen Sie Kopien und schließen Sie das Original sicher weg. Reden Sie vorerst mit niemandem darüber.«
»Und was machen Sie, Chef?«
»Ich werde diese neuesten Enthüllungen so verkaufen, dass niemand sein Gesicht verliert und wir freie Hand bekommen.«
»Das klingt nach großer Politik«, bemerkte Wetzel, der schon halb aus der Tür war.
Es war mehr als das. Die Stimme seines Vorgesetzten am anderen Ende der Telefonleitung machte Mayer das unmissverständlich klar. »Das wäre eine ungeheuerliche Blamage. Diese Information darf unter keinen Umständen an die Öffentlichkeit gelangen. Wir können Abidi nicht posthum für unschuldig erklären, selbst wenn sich herausstellen sollte, dass er nichts mit dem Anschlag zu tun hat.«
»Aber wenn er nicht der Täter sein sollte …«
»Dann müssen Sie den tatsächlichen Täter finden.«
»Das würde unsere gesamten aktuellen Ermittlungen in eine völlig neue Richtung lenken.«
Am anderen Ende war Stille. »Ja … sicher«, erwiderte sein Vorgesetzter zögerlich. »Finden Sie heraus, ob Ihre Annahme Substanz hat. Ein einzelnes Foto reicht als Beweis nicht. Das wissen Sie selbst. Mit den heutigen Mitteln …«
»Was ist mit Valerie Weymann?«
»Wissen Sie, wo die Frau festgehalten wird?«
»Ja, das weiß ich, und wenn Abidi unschuldig sein sollte, bricht damit auch jeglicher Vorwurf gegen sie weg.«
»Nun, nicht ganz. Da ist immer noch die Sache mit al-Almawi und der Stiftung, die durch ihre Kanzlei betreut wird.«
»Wenn wir nachweisen können, dass Abidi nicht für den Anschlag am Hamburger Dammtorbahnhof verantwortlich gemacht werden kann, dann zieht das Kreise. Dann zweifle ich auch seine Beteiligung an dem Anschlag in Kopenhagen an.«
»Ich weiß, worauf Sie hinauswollen«, erwiderte sein Vorgesetzter, und Mayer entging nicht der scharfe Unterton in seiner Stimme. »Sie halten dann auch al-Almawi für unschuldig.« Er räusperte sich. »Bringen Sie hieb- und stichfeste Beweise, vorher kann ich nichts tun. Ich muss die Angelegenheit dem Kanzleramt vortragen, und da kann ich nicht mit vagen Vermutungen aufwarten.«
Vage Vermutungen. Sie hatten mehr als das. »Die Amerikaner haben sich in ihren Außenposten in Osteuropa noch nie als besonders zimperlich erwiesen. Wenn die beiden Frauen unschuldig sein sollten …«
»Die Amerikaner sind mit ihren Methoden, so fragwürdig sie auch sein mögen, äußerst erfolgreich. Natürlich kann es auch mal den Falschen treffen, aber damit müssen wir leben. Liefern Sie mir Beweise. Dann kann ich Ihr Ersuchen positiv unterstützen.«
* * *
»Erzähl mir von deinen Kindern«, sagte Martinez zu ihr. »Du hast zwei Töchter. Wie alt sind sie?«
Valerie zwang sich, die Augen offen zu halten.
»Sie sind neun«, sagte sie. »Neun Jahre.«
Wie oft hatte sie ihm diese Frage schon beantwortet? Vier-, fünf-, sechsmal?
»Wann ist der Geburtstag deiner Töchter?«
»Im Juni. 13. Juni.«
»Die beiden Männer, die den
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