Machtlos
Allerdings hindert den Drachen nichts daran, über Eckernförde aufzutauchen und dann den Rest der Strecke unsichtbar zu fliegen. Sobald der Drache so nahe kommt, dass ihr seine Aura bemerken würdet, kann er sich in einen Menschen verwandeln und schon bleibt er unentdeckt, wenn ihr ihm nicht gerade über den Weg lauft…“
„Aber das unbrechbare Versprechen…“, warf Victoria ein.
„Das greift hier nicht“, unterbrach Abrexar sie.
Hoggi lächelte seine Schülerin freundlich an und erklärte: „Victoria, das unbrechbare Versprechen schützt dich und Jaromir vor jeglichen Angriffen durch Drachen. Jaromir in einem Fahrstuhl festzusetzen kann jedoch kaum als Angriff im Sinnes des dieses Versprechens gewertet werden, selbst wenn er für ein paar Stunden nicht herauskam.“
„Aber Lenir war doch dabei – es hätte für die beiden tödlich enden können! Wenn das kein Angriff war, was bringt uns dann das unbrechbare Versprechen?“, fragte sie hilflos.
„Du vergisst, dass außer Lenir, Jaromir und dir niemand davon wusste, was mit Lenir los ist“, entgegnete Abrexar spitz. Victoria sah in seinen Gedanken die nagende Enttäuschung darüber, dass er hiervon keine Kenntnis gehabt hatte.
Das Thema war für Abrexar wirklich noch nicht beendet, aber er sprach bereits weiter: „Entsprechend war hier kein Vorsatz vorhanden. Das unbrechbare Versprechen warnt jeden unwissenden Drachen durch peinigende Schmerzen vor einem direkten Angriff auf euch. Selbst die Planung eines Angriffs wird dem Drachen großes Unbehagen bereiten, aber zu ertragen sein. Es ist durchaus möglich, dass eine Himmelsechse etwas gegen euch unternehmen wollte und den Angriff auf Victoria der Motorradgang übertragen hat. In diesem Fall müsste der Drache jedoch bei der Durchführung des Verbrechens sämtliche körpereigene, astrale Energie bis auf seinen Lebensfunken für die nächsten zehn Jahre verloren haben.“
Die Drachen schwiegen betroffen. Sie alle wussten, wie es sich anfühlte, wenn sie übermäßig gezaubert hatten und ausgelaugt waren. Die Vorstellung, sämtliche Magie für die nächsten Jahre verloren zu haben, war grauenvoll.
„Solange der Drache nicht zaubern oder fliegen muss, wird er noch nicht mal auffallen“, gab Mandolan empört zu bedenken.
„Wie dem auch sei“, fuhr Abrexar zusammenfassend fort, „ich persönlich gehe stark davon aus, dass beide Ereignisse in einem Zusammenhang miteinander stehen. Wie genau der aussieht, daran arbeiten meine Agenten und ich noch. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass der Saboteur von Lenirs besonderem Zustand wusste, sondern ausschließlich Jaromir aus dem Weg haben wollte. Ich an Jaromirs Stelle hätte auf alle Fälle versucht, aus dem Aufzug heraus zu kommen, um meiner Gefährtin zu Hilfe zu eilen. Bis ich aber begreife, dass dieses Unterfangen aussichtslos ist und andere Drachen um Hilfe bitte, ist die Gefährtin mit etwas Glück schon von der Gang eingefangen und bewusstlos. Dann könnte der Feind sie bequem einkassieren und schon hätte er den Gefährten in der Hand.“
Er blickte in die Runde. Victoria und Jaromir waren bei dieser Vorstellung kreideweiß geworden.
Abrexar beachtete das nicht, sondern fragte: „Ist sonst noch etwas offen geblieben?“
Mandolan räusperte sich. Zurückhaltend erkundigte er sich: „Ist die Rettungsaktion der beiden jungen Frauen bemerkt worden?“
Abrexar nickte. „Ja, das ist sie tatsächlich. Drei der Bandenmitglieder haben vom Kassenhäuschen aus etwas von der Aussichtsplattform fliegen sehen. Ich selbst war zwar unsichtbar, aber Victoria und Kerstin wurden gesehen. Allerdings war das Wetter so schlecht, dass die Sicht miserabel war. Die Jungs sind sich nicht sicher, was sie da gesehen haben. Tatsächlich fragen sie sich, ob sie überhaupt etwas gesehen haben, oder ob ihnen ihr Gehirn einen Streich gespielt hat.“
„Ich erinnere mich, dass Kerstin geschrien hat“, bemerkte Victoria kleinlaut.
„Darüber musst du dir keine Sorgen machen“, gab Abrexar etwas freundlicher zurück. „Der starke Wind und der Platzregen haben alle Geräusche in der Höhe fortgerissen. Unten bei der Motorradgang ist davon nichts mehr angekommen. Ich denke, die Rettungsaktion wird von den Menschen nicht weiter untersucht werden. Die Bandenmitglieder neigen nicht dazu, sich über Mysterien den Kopf zu zerbrechen oder das gar mit anderen Menschen zu besprechen.“
Narex nickte und fragte dann neugierig: „Und was ist nun mit Lenir und dieser
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