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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Benden
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Feste ein letztes Mal nachdenklich. Schließlich drückte er sich kraftvoll vom Boden ab und wandte sich an seine Freunde: „Hütet eure Gedanken besonders in Victorias Nähe. Und passt gut auf euch und die vier Gefährten auf.“ Dann verschwand er in den Nebeln.
    „Na toll!“ , nörgelte Narex. „Erst tischt uns der alte Wächter alle möglichen Geheimnisse auf und am Ende heißt es dann: Aber hütet eure Gedanken vor Victoria – als wenn das so leicht wäre!“
    „Pah! Was ist heute bloß los mit dir, du alter Meckerpott?“ Mandolan verdrehte genervt seine Augen. „Das ist alles eine Frag der Disziplin, schließlich legt Victoria es nicht darauf an, uns auszuhorchen.“
    Mit diesen Worten trat auch Mandolan auf die große Fläche und erhob sich in die Lüfte.
    „Alter Besserwisser…“ , motzte Narex und folgte seinem Freund.
     

38. Die Geschichte der Grünen
    Lexia machte nach dem Frühstück einen Spaziergang an der Förde. Seit Victoria von ihr vor einer Woche die Erlaubnis erhalten hatte, Tujana kennenzulernen, unterhielt sie sich regelmäßig mit der Grünen. Lexia beobachtete die beiden mit einem gewissen Argwohn, aber Jalina hatte in verschiedenen Verlautbarungen mehrfach betont, wie unerlässlich es war, dass die Gefährten sich in die Welt der Drachen einfügten. Victoria hatte recht: Wenn ihr diese Welt fremd blieb, wie sollte sie die Drachen dann verstehen oder sich in die Gesellschaft integrieren? Und Tujana war nur eine Grüne. Sie kannte keine Geheimnisse, die sie ausplaudern konnte.
    Bei dem Gedanken musste sie ironisch grinsen. Sie selbst war bisher nur zur Adeptin berufen worden und hatte das dazugehörige Initiationsritual noch nicht durchlaufen. Solange das nicht geschehen war, kannte sie selbst auch keine Geheimnisse, sondern nur die offiziellen Verlautbarungen des Großen Rates. Aber das würde sich in Kürze ändern.
    Lexia atmete tief durch und ließ ihren Blick übers Wasser schweifen. Sie vermisste das Hochgebirge, aber hier in Kiel gab es wenigstens Wind, auch wenn der immer salzig war und nach Tang roch.
    Natürlich wäre es ihr persönlich lieber gewesen, wenn die Gefährtin die Grüne ebenfalls wie eine Dienerin behandelt hätte, denn schließlich war sie genau das. Aber die Menschen hatten nun mal diesen lächerlichen Hang, Freundschaften zu schließen. Das war Lexia auch bei den Treffen mit Victorias Freunden aufgefallen.
    Was sie noch mehr verwunderte, war, dass die Grüne die Gespräche mit der Gefährtin offenbar ebenfalls genoss. Sie freute sich über jedes Lächeln und jede noch so winzige Anerkennung wie ein kleiner tibetanischer Spaniel, der von seinem Herrchen getätschelt wurde. Auch blühte die Grüne regelrecht auf, wenn es um die Einrichtung des Hauses ging.
    Lexia hatte bis dahin nie bemerkt, dass die Grünen eine eigene Persönlichkeit hatten oder gar eigene Interessen. Sie war immer davon ausgegangen, dass die Dienerinnen in ihrer Aufgabe voll aufgingen. Diese neuen Facetten bei Tujana erstaunten sie.
    „Tujana ist tatsächlich ein kreativer Drache. … Und mir ist es immer so vorgekommen, als seien die Grünen einfach nur minderbemittelt.“ Noch immer ungläubig schüttelte Lexia ihren Kopf.
    Aber als Adeptin hatte sie ja auch erst seit ein paar Monaten eine eigene Dienerin und vorher hatte sie die Grünen gar nicht richtig bemerkt. Die lebten zwar auch in der Himmelszitadelle, aber sie verhielten sich so unauffällig, dass sie fast unsichtbar waren. Und ihre Mentorin hatte in Bezug auf die Grünen immer nur davon gesprochen, dass sie unfruchtbar waren wie ein verdorrter Olivenbaum in der Wüste und dass die Goldenen das grüne Volk in ihrem unerschöpflichen Großmut aufgenommen und ihnen Schutz gewährt hatten.
    Der Wind frischte auf und ließ einen stolzen Dreimaster mit vollen Segeln an der Goldenen vorbeiziehen. Lexia folgte dem imposanten Schiff mit den Augen.
    Wenn sie Tujana in den letzten Tagen betrachtete, wurde sie nachdenklich. Irgendwie kam es ihr falsch vor, dass eine so talentierte Grüne ihr Leben als Dienerin vergeudete. Schließlich war in den Statuten seit den Torkriegen festgeschrieben, dass sich jeder Drache mit all seinen Fähigkeiten und all seiner Kraft in die Gemeinschaft der Himmelsechsen einbringen musste. Und Tujanas Ideen für den Umbau waren einfach gut – das erkannte sogar sie selbst.
    „Aber ich bin nur eine einfache Goldene. Was weiß ich schon von den Beweggründen des Großen Rates, die dazu geführt haben, dass

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