Machtlos
der die Tore bis heute verschließt. Die Schwarzen waren vor allem Meldesoldaten, da nur sie sich über große Distanzen verständigen können, aber es gab auch einige Krieger und etliche Dämonenjäger unter ihnen. Irgendwann wurde festgestellt, dass die Schwarzen alle Zauber, die mit den Toren zusammenhängen, am besten beherrschen. Aus diesem Grund wurden sie dann später auch zu unseren Torwächtern.
Die Goldenen haben uns alle zusammengeschweißt. Nur ihr Vermittlungs- und Verhandlungsgeschick konnte alle Rassen dazu bringen, zusammen an einem Strang zu ziehen. Den Goldenen ist es zu verdanken, dass die Roten Befehle von einfachen, schwarzen Meldesoldaten entgegennahmen und umsetzten. Nur so konnten sie ihre große Schlagkraft tatsächlich dort einsetzen, wo sie am dringendsten gebraucht wurde. Den Goldenen ist es zu verdanken, dass die Blauen die Hilfe der Weißen annahmen und so gemeinsam die Widerstandskraft ihrer Schilde verbessern konnten. Den Goldenen ist es zu verdanken, dass wir Grünen ein hervorragend gesichertes Lazarett aufbauen konnten und dass jeder Einsatz eines Heilers von einer wehrhaften Eskorte und einem Meldesoldaten begleitet wurde.“
Tujana hielt inne und lächelte Victoria an. „Ich könnte dir noch unzählige weitere Beispiele dafür aufzählen… Die Goldenen sind einfach wahre Meisterinnen im Vermitteln und Organisieren. Sie haben immer das große Ganze im Blick, ohne die Details aus den Augen zu lassen. Und sie sind dazu in der Lage Prioritäten zu setzen.“
Bei diesen Worten füllten sich die Augen von Tujana mit großer Traurigkeit aber auch mit Anerkennung. Leise sprach sie weiter: „Die Goldenen sind in der Lage, fürchterliche Entscheidungen zu treffen. Wir Grünen hätten niemals Drachen bewusst in den Tod schicken können. Aber die Goldenen taten genau das. Sie haben Jungdrachen als Köder benutzt oder sogar ganze Kolonien schutzlos zurück gelassen.“
Victoria starrte sie entsetzt an.
Tujana schluckte und flüsterte: „Damit haben sie den Rest von uns gerettet.“
Ein Windstoß fuhr in die Baumkrone über ihnen und ließ unzählige gelborangefarbene Birkenblätter auf die beiden Frauen herabregnen. Die Sonne ließ die Blätter unwirklich hell aufleuchten.
Tujana beobachtete das goldene Treiben und sah Victoria dann eindringlich an. „Häufig erscheinen die Goldenen kühl, berechnend und erbarmungslos. Aber genau diese Eigenschaft hat sie dazu befähigt, den Krieg für uns alle zu gewinnen. Sie haben ihr Herz nicht an die Individuen gehängt, wie wir Grünen es tun. Nein, sie haben das große Ganze gesehen. Ohne die Goldenen hätten die Dämonen das Leben auf unserer Welt vernichtet. Der ganze Planet wäre gestorben.“
Victoria sah Tujana betroffen an. Als Jaromir ihr vor ein paar Monaten von der Geschichte der Drachen berichtet hatte, hatte sich das mit den Torkriegen nicht so fürchterlich angehört. Sie hatte nicht gewusst, wie knapp und verzweifelt die Lage damals gewesen war.
Jetzt lächelte die Grüne: „Ich weiß, dass es Drachen gibt, die die Goldenen für arrogant, selbstsüchtig, ja sogar für falsch halten. Der Große Rat hat seine Entscheidungen in den Torkriegen nie begründet, dafür war einfach keine Zeit. Im Nachhinein hat sich dann herausgestellt, dass die Goldenen ihre Sache richtig gemacht haben und häufig gar keine Alternativen für ihr Handeln hatten.
Mir gegenüber wird sich keine Goldene jemals rechtfertigen müssen, denn ich weiß, dass sie zum Wohle aller entscheiden, auch wenn ich das nicht immer erkennen kann. Ich werde mit Freuden jeden Platz einnehmen, den sie für mich bestimmen, selbst wenn das manchmal bedeutet, dass ich meine eigenen Vorlieben und Interessen zurückstellen muss.“
Victoria spürte, dass Tujanas Worte einer tiefen Überzeugung entsprangen. Sie war keine Heuchlerin und fühlte sich auch nicht unterdrückt. Sie war sich einfach nur absolut sicher, dass das hier genau der Platz war, an den sie gehörte. Für sie waren die Goldenen ohne Fehler. Und selbst unbeliebte oder gar brutale Entscheidungen dienten letzten Endes doch nur dem Wohle aller. Tujanas Argumentation fühlte sich sogar für Victoria merkwürdig richtig an.
Sie nickte und sagte: „Das sind weise Worte, Tujana. Ich danke dir sehr, dass du mir diese Dinge erzählt hast. … Aber ich muss zugeben, dass sie mich wirklich schockiert haben.“ Die Bilder von dem schwarzen Drachen klangen immer noch in ihr nach und ließen Angst und Trauer
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