Machtlos
hören auch wieder auf damit. Spätestens nach unserer Hochzeit wird es ruhiger, das verspreche ich dir.“
Victoria grinste schief. „Flucht nach vorn, hmm?“
„Flucht nach vorn – ganz genau.“ Jaromir lächelte, nahm sie in den Arm und murmelte: „Außerdem kommen deine Freunde doch auch mit.“
Victoria seufzte noch einmal und ließ Jaromir los. Sie warf einen letzten Blick in den Spiegel. Jaromir sah ausgesprochen gut aus. Sein Outfit für die Party war ok, aber eigentlich lief er immer so rum. Er hatte eben nur schicke Sachen im Schrank.
Wenigstens sahen sie auch gut zusammen aus. Sie trug ihre Lieblingsjeans, die vom vielen Waschen schon ganz verblichen war. Und das T-Shirt war auch nicht übel; das hatte sie vor zwei Wochen bei einem Einkaufsbummel mit Lexia geshoppt. Es war schwarz und über die linke Seite zog sich ein Drache aus schwarzen Strasssteinen. Das hatte sie einfach mitnehmen müssen.
„Na siehst du Vici, ist doch fast so gut wie ein Tattoo“, meinte Jaromir lächelnd.
Victoria machte eine Grimasse und streckte ihm die Zunge raus.
Oberlehrerhaft erhob er den Zeigefinger. „Dass ihr Studenten immer so frech und ordinär sein müsst. Ihr habt einfach keinen Respekt vor uns Professoren…“
Es klopfte.
Ohne auf ein «Herein» zu warten, wurde eine Sekunde später die Tür aufgerissen und Lenir steckte breit grinsend seinen blonden Schopf durch die Tür. „Respekt vor so einem Spießer wie dir? Vergiss es, Alter!“
„War ja klar. Der Revoluzzer ist da“, gab Jaromir mit betont missbilligender Miene zurück. „Aber gerade du solltest dir lieber eine Scheibe von mir abschneiden, so abgerissen wie du immer rumläufst…“
„Nicht abgerissen, sondern cool“, stellte Lenir klar. In seiner löchrigen Jeans und dem Wacken-T-Shirt vom letzten Festival sah er umwerfend lässig aus. Er warf beiläufig einen Blick auf seine Uhr und fragte übertrieben höflich: „Und wie weit sind die Herrschaften mit dem Ankleiden? Kess und ich warten schon seit einer Viertelstunde.“
Jetzt drängelte sich Kerstin an ihm vorbei. „Glaubt ihm kein Wort! Ich bin auch erst seit einer Minute fertig, aber Lenni war so neugierig, dass er euch persönlich abholen wollte. Wäre Falk hier, dann hätten die beiden sicher darauf gewettet, was du heute Abend anziehst, Jaromir.“
„Und?“, fragte der.
„Sieht gut aus“, meinte Kerstin mit dem Schalk im Nacken. „Bisschen spießig und natürlich nicht so cool wie Lenni, aber als Professor kannst du so los.“
Lenir sah sie triumphierend an. „Siehst du, Kess, ich hatte recht!“
„Ja, das hattest du, mein Großer, aber jetzt sollten wir los, sonst sind wir die letzten.“
„Na, denn lasst uns man“, seufzte Victoria und sah neidisch zu Kerstin rüber. Die trug ein leuchtend rotes Tanktop, das ihr nicht nur hervorragend stand, sondern auch noch Lenirs Abbild auf ihrem Schulterblatt unbedeckt ließ. „Gegen die beiden sind wir echt die Oberspießer…“
Jaromir lachte nur gut gelaunt.
Als sie zu viert in Jaromirs schwarze Mercedes M-Klasse stiegen, wunderte sich Victoria: „Kommt Lexia gar nicht mit?“
„Falk meinte, dass er sie abholen würde“, antwortete Kerstin. „Er hat wohl mit ihr telefoniert, denn sie hat diese Woche alle Treffen mit der Clique abgesagt. Nach ihrem «Familientreffen» ging es ihr anscheinend nicht so gut… Hast du sie diese Woche nicht gesehen?“
Victoria hob verwundert eine Augenbraue. „Nee. Ich war an der Uni. Und dann haben sie auch noch mit dem Umbau angefangen. Nodexter ist wie ein aufgescheuchtes Huhn herumgelaufen und hat alle irre gemacht. Immer wieder wollte er Details mit mir abstimmen.“ Sie grinste. „Der große Künstler hält die Drachen ganz schön auf Trab, die Abrexar für die Arbeiten geschickt hat. Es ist unfassbar, wie sie sich von ihm herumkommandieren lassen.“
„Tja, er ist eben ein große Nummer in unserer Welt“, bemerkte Lenir.
„Das ist er. Das Haus Brookstedt wird nicht wiederzuerkennen sein, wenn er damit fertig ist. … Aber, ich wusste gar nicht, dass Lexia krank ist“, kam Victoria nachdenklich wieder auf die Goldene zurück. „Als sie am Sonntagabend von ihrer Initiation zurückkam, bin ich ihr über den Weg gelaufen. Sie sah müde aus und in ihren Gedanken tobte eine wahre Bilderflut, aber einen kranken Eindruck machte sie eigentlich nicht.“ Victoria nahm sich vor, mit Narex und Mandolan zu sprechen. Die beiden aßen regelmäßig mit Lexia und falls etwas mit
Weitere Kostenlose Bücher