Machtlos
Abstand.
Danach lockte seine Stimme sie umso verzweifelter.
Einmal war sie seiner Liebe entgegengetrieben, wollte ihm sagen, dass er sie gehen lassen musste, doch es gelang ihr nicht.
Dafür entdeckte sie, dass der Körper, der sie wohl irgendwann einmal beherbergt hatte, unbewohnbar war. Magisches Feuer hatte alle Meridiane verbrannt und nun tropfte die astrale Energie ungehindert heraus.
Ein Wunder, dass überhaupt noch welche da war. Plötzlich erinnerte sie sich an das Reißen einer Barriere und spürte förmlich die heiße Kraft, die sie durchströmt hatte.
Es tat so weh.
Sie wollte ins Licht.
Er ließ sie nicht gehen.
Kerstin saß am Krankenbett ihrer Freundin und hielt ihre Hand. Sie wechselte sich mit Lenir ab. Nie würden sie Victoria und Jaromir allein lassen. Das waren sie den beiden schuldig, denn ohne Victorias verzweifeltes Leuchtfeuer wären sie alle im Gebirge gestorben.
Sie schluckte, als das Bild der brennenden Victoria ungewollt wieder vor ihrem geistigen Auge aufstieg. Kerstin hatte keine Ahnung, was mit ihrer Freundin geschehen war, aber während des Kampfes hatte sie irgendwann aus dem Augenwinkel gesehen, dass ein magisches Leuchten über dem Plateau erstrahlte. Das Leuchten war immer heller geworden.
Als der fürchterliche Kampf endlich beendet und alle Dämonen zerplatzt waren, hatte sie mit Entsetzen festgestellt, dass Victoria der Grund für das Licht war. Es schien fast, als hätte man Victoria mit Benzin übergossen und angezündet. Das magische Feuer erzeugte für das menschliche Auge zwar nur ein fahles Strahlen, aber die Flammen waren dennoch in der Lage Haut und Haare zu verbrennen, wenn auch deutlich langsamer als echtes Feuer.
Als Lenir auf dem Plateau neben Jaromir gelandet war, hatte Kerstin gesehen, wie schlimm es um Victoria stand. Ihre Haare waren zu einer undefinierbaren Masse verköselt und ihr Gesicht sowie die Hände krebsrot und mit Brandblasen überzogen.
Tränen liefen Kerstin bei den Erinnerungen über die Wangen. Lenir und sie hatten so gut wie keinen Kratzer abbekommen. Klar, die Nachtmaare hatten ihnen die astralen Kräfte ausgesaugt, aber die Hilfe, die Victoria gerufen hatte, war rechtzeitig gekommen. Die ersten zwanzig Drachen hatten kurzen Prozess mit den dunklen Wesen gemacht.
Dann waren immer mehr Drachen gekommen. Nach fünf Minuten befanden sich mindestens hundert über dem Plateau. Sie flogen unablässig durch die Luft und bildeten mit ihren Körpern einen undurchdringbaren Schutzschild um die Gefährten.
Ein paar Schwarze hatten Lenir und sie so voll körpereigener Astralenergie gepumpt, dass sie am späten Abend von einem Roten durch die Nebel nach Kiel gelotst werden konnten. Eigentlich hätten Jaromir und Victoria da schon mitkommen sollen, aber irgendwas stimmte nicht mit Victoria. Sie war nicht wieder erwacht, was Hoggi auf das Trauma durch die magischen Verbrennungen zurückführte.
Er hatte Victoria kurz nach seiner Ankunft auf dem Plateau vorsichtig aus der Flugmontur geschnitten und festgestellt, dass die Flammen unter der Kleidung entstanden waren und alle Klamotten, bis auf die magischen, verbrannt hatten. Der Anblick von Victorias Körper war der reinste Horror gewesen!
Die Verbrennungen an sich seien gar nicht so besorgniserregend, betonte Hoggi jedoch, denn diese Verletzungen seien mit einem speziellen Zauber innerhalb weniger Wochen vollständig heilbar. Sie sahen schon jetzt nach seinen ersten Behandlungen deutlich besser aus. Victorias Haut war zwar heftig gerötet, aber es gab keine Brandblasen mehr und erst recht keine Narben.
Etwas anderes machte Hoggi viel mehr Sorgen: Die astralen Kräfte sickerten einfach aus der jungen Frau heraus. Auch Victorias Depots waren von den anderen Drachen vollständig aufgefüllt worden. Doch am Abend, als sie springen sollten, war kaum noch etwas davon übrig. Hoggi ließ die Prozedur noch zwei Mal wiederholen, doch immer wieder verlor Victoria die magische Kraft erneut – einfach so.
Der alte Weiße war ratlos und schickte am nächsten Morgen nach den grünen Heilerinnen. Es kamen keine. Er wiederholte seine Bitte um Hilfe im Laufe des Tages. Drei Mal. Ohne Reaktion.
Abrexar stieß am Samstagabend direkt nach einer Sondersitzung des Großen Rates zu ihnen. Als er von Hoggis vergeblichen Bemühungen erfuhr, wurde er wütend.
Gerade eben hatte er noch Jalina gegenübergestanden. Die Führung der Drachen war zusammengekommen, um die fürchterlichen Geschehnisse vom Freitag zu
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