Machtlos
wahnsinnig.
„VICTORIA!“
Er wollte zu seiner Gefährtin und vergaß den Jäger hinter sich. Sofort saugte sich der Nachtmaar in seinem Nacken fest. Jaromir schrie laut auf vor Schmerz und Verzweiflung.
Lenir jagte heran und Kerstin ballerte das dunkle Wesen von Jaromirs Schultern.
„DU KANNST IHR NICHT MEHR HELFEN, JARO! Wir müssen die Biester von ihr weglocken“ , befahl Lenir seinem Freund. „Das ist die einzige Chance für uns alle!“
Victoria kauerte zusammengesunken im Schnee.
„Ich muss mich konzentrieren! Ich muss mich konzentrieren!“ , wiederholte sie wie ein Mantra, doch die Schmerzen in ihrem Fuß und der Gestank waren unerträglich.
„Ich helfe dir, Kleines. Wenigstens das kann ich für dich tun!“ , hörte sie Jaromirs gepresste Gedankenstimme.
Und tatsächlich schien der Schmerz in ihrem Fuß plötzlich nicht mehr zu ihr zu gehören und der ätzende Geruch der Nachtmaare berührte sie nicht mehr. Überhaupt war ihre Angst verschwunden und ihr Geist klar. Jaromir hatte seine letzte Kraft zusammengenommen und einen starken Distanzierungszauber über sie gelegt.
Sie atmete auf und sah, wie ihre Freunde die Dämonen verzweifelt von ihr forttrieben. Um Kerstin und Lenir konnte sie jetzt eine knisternde Energiesphäre ausmachen, die ihnen die Dämonen vom Leib hielt. Jaromir wich dem Jäger aus. Ohne Victoria auf seinem Rücken gelang das besser.
Die drei feuerten nicht mehr gemeinsam. Töten würden sie ohnehin keinen Nachtmaar mehr, dazu waren die stinkenden Wolken zu stark und ihre Freunde einfach zu erschöpft.
„Wir spielen auf Zeit, Kleines und hoffen auf ein Wunder!“ , bestätigte Jaromirs gequälte Stimme in ihrem Kopf.
Die drei entfernten sie sich immer weiter vom Plateau. Die Nachtmaare wirbelten bedrohlich schwarz um sie herum. Sie waren mittlerweile so schnell, dass sie aus Victorias Entfernung nur noch bei genauem Hinsehen als einzelne Wolken auszumachen waren.
Von Victoria hatte keiner Notiz genommen.
„Was immer du vorhast, Victoria – tu es schnell“ , hörte sie Lenir keuchen. Seine Gedankenstimme klang merkwürdig dünn. Das musste an den Nachtmaaren liegen, die sein Senden behinderten. Wenig später brach auch seine Energiesphäre zusammen.
Entschlossen stellte sich Victoria aufrecht hin und konzentrierte sich. Es fiel ihr schwer, den aussichtslosen Kampf ihrer Freunde gegen die Nachtmaare auszublenden, doch sie MUSSTE das tun.
Langsam wurde sie ruhiger.
Sie hatte schon so oft ihre Gedanken an andere gesendet. Sie wusste prinzipiell, was sie tun musste. Aber der Druck für die große Distanz war ein Problem. Tatsächlich konnten von allen Drachen nur die Schwarzen den nötigen Druck hierfür aufbauen.
„Ich beherrsche Zauber, die sonst keiner kann und noch nicht einmal Hoggi versteht“ , machte sie sich Mut. „Ich schaffe das! Ich schaffe das! Ich schaffe das!“
Victoria atmete tief ein. Der Wind hatte den Gestank der Dämonen fortgeweht. Süß strömte die klare Gebirgsluft in ihre Lungen.
Dann öffnete Victoria alle Poren und nahm so viel Energie in sich auf, wie sie konnte. Sie sah vor ihrem geistigen Auge genau, was Jaromir tat, wenn er Abrexar an einem fernen Ort erreichen wollte. Sie musste noch nicht einmal einen Drachen gezielt ansprechen. Sie würde einfach ein kleines Signal entzünden und hoffen, dass es weit genug sichtbar war, so dass irgendein Drache es bemerkte.
Kraftvoll begann sie zu senden: „Hilfe! Dämonen!“
Viel zu schwach. Sie wusste, dass das kein Drache bemerken würde. Hier im Gebirge wohnte keiner und ihr Senden drang einfach nicht darüber hinaus.
„Mehr Druck!“ , befahl sie sich selbst und sog erneut Energie in sich hinein. Dann stellte sie sich vor, dass ihr Rufen von einem kleinen Signal zu einem kräftigen Leuchtfeuer wurde.
Entfernt hörte sie einen menschlichen Schmerzensschrei durch die Luft hallen, gefolgt von dem verzweifelten Trompeten eines schwarzen Drachen. Keiner der Dämonen hatte bislang ein einziges Geräusch gemacht. Die gespenstische Stille, die sie verbreiteten, war gnadenlos tödlich und ließ die qualvollen Schreie ihrer Opfer umso lauter erscheinen.
Unbändige Wut packte Victoria.
Sie zwang so viel Energie, wie sie konnte, in ihren viel zu kleinen Körper hinein und presste sie sogleich wieder hinaus. Sie klammerte sich an das Bild eines hoch auflodernden, weithin leuchtenden Feuers und sendete erneut: „HILFE! DÄMONEN!“ Dabei missachtete sie alle Grenzen, die ihr Körper ihr
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