Machtlos
ebenfalls stundenlang hier an Victorias Bett gewacht und mich mehr als einmal gefragt, ob sie nicht doch etwas für sie tun könne – egal was. Sie hat mir Tujana ohne Bedingungen unterstellt und sogar mehrfach ihre eigene Astralenergie gespendet.“
Abrexar lächelte. Victoria hatte Recht behalten. Lexia stand auf ihrer Seite. Dann wurde er wieder ernst. „Hat sie seit dem Angriff das Haus Brookstedt verlassen? Hatte sie Kontakt zu den Goldenen?“ Nach Jalinas Reaktion gestern konnte er sich nicht vorstellen, dass die Königin genaue Informationen hatte, aber er musste das genau wissen.
Hoggi zuckte mit den Schultern. „Da musst du Mandolan fragen. Der wacht über Lexia.“
Abrexar nickte. „Das werde ich tun.“ Dann stand er auf. „Kann ich sonst noch irgendwas tun, um den Gefährten zu helfen?“
Hoggi sah ihn müde an. „Ja. Schick mir frische Spender, sonst fallen deine Wächter bald vom Himmel wie tote Fliegen.“
„Es soll dir nicht an astraler Energie mangeln, alter Freund“, versprach Abrexar mit einem schwachen Lächeln und verließ das Krankenzimmer.
Er würde Mandolan anweisen, die Drachen, die zurzeit die Tore examinierten, zurück zu beordern. Vielleicht konnte er auch noch einen Blauen auftreiben. Ansonsten würde er sich mit der Suche weiterer Spender erst mal zurückhalten, denn er wollte nicht, dass Details von Victorias Zustand bekannt wurden. Vielleicht reichten diese Spender ja auch, wenn sie die Heilerin bekamen.
Er war froh, dass er nach der Rückkehr der Gefährten eine Nachrichtensperre über ihren Gesundheitszustand verhängt hatte. Sollte Lexia noch keinen Kontakt zu ihrem Volk aufgenommen haben, würde er in der Sondersitzung so tun, als wären die Gefährten auf dem Weg der Genesung. Er würde behaupten, dass er nur die Frage klären wolle, wie Victoria das Senden gelingen konnte und deswegen um eine Spezialistin der Grünen bitten. Das würde sich Jalina ja wohl kaum entgehen lassen.
Der Plan war alles andere als wasserdicht, aber er konnte klappen. … Es musste einfach klappen!
47. Das Licht der Versammlung
Unzählige Drachen drängten sich in der großen Halle der Goldenen. So voll hatte Abrexar die Himmelszitadelle noch nie gesehen. Er lächelte. In der letzten halben Stunde hatte er keine Anzeichen dafür entdecken können, dass jemand wusste, wie ernst es um die Gefährten stand. Die Nachrichtensperre hatte gehalten. Viele hatten sich mitfühlend bei ihm nach Jaromir und Victoria erkundigt. Allerdings waren einige seiner Bekannten merkwürdig distanziert mit ihm umgegangen. Er konnte sich nicht erklären, warum das so war, aber im Moment hatte er andere Prioritäten. Er musste die grüne Heilerin bekommen! Hoffentlich konnte er Jalina täuschen.
Kurz bevor die Sitzung begann, meldete sich Mandolan bei ihm. „Die Goldenen haben gerade eben Lexia und Tujana abgeholt.“
„Was?“ , fragte Abrexar entsetzt. „Bitte nicht jetzt!“ , dachte er bei sich. „Ich bin so ein Esel! Wie konnte ich mich nur darauf verlassen, dass die Goldenen keinen Kontakt zu ihr aufnehmen, nur weil sie das seit dem Unfall nicht gemacht haben? Ich hätte hier nicht so viel Smalltalk halten sollen, sondern noch mal mit Lexia sprechen müssen. Auch ohne sie in meine Pläne einzuweihen, hätten vielleicht schon ein paar Andeutungen genügt... Ach, Mist!“ Dann wandte er sich wieder an Mandolan: „Wird sie uns verraten?“
„Ich habe keine Ahnung. Du weißt, ich traue ihr nicht. Ich finde, dass sie in den letzten vier Wochen verdächtig viel bei den Goldenen war, auch wenn Victoria immer behauptet, dass das nichts aussagt …“
Jalina betrat die Halle und alle Gedankengespräche verstummten.
„Die Sitzung beginnt. Halt mich auf dem Laufenden, wenn sich bei Jaromir und Victoria etwas tut“ , forderte Abrexar knapp.
„Selbstverständlich“ , gab Mandolan zurück. „Viel Erfolg!“
Abrexar versuchte, sich zu entspannen. Wenn sie Lexia erst gerade eben abgeholt hatten, konnte das auch ganz andere Gründe haben. Jalina musste nicht zwangsweise wissen, wie schlecht es den Gefährten ging. Er konnte das nur hoffen. Er hatte nur diesen Plan. Für neue Strategien war es jetzt zu spät.
Jalina verneigte anmutig ihr edles Haupt. Die unzähligen Edelsteine auf ihren Schuppen funkelten im goldenen Licht der großen Halle. Statt einer Krone trug sie heute nur einen eleganten, schmalen Goldreif und auch sonst fiel ihr Schmuck eher bescheiden aus. Insgesamt wirkte sie nahezu demütig,
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