Machtlos
schief und fügte noch hinzu: „Adrett und gepflegt von Kopf bis Fuß. Und die Farben des Anzugs passen ausgezeichnet zu deinen Augen. Herzlichen Glückwunsch, Hoggi. Jetzt fällst du nur noch auf, weil du so gut angezogen bist.“
Hoggi strahlte über ihr Kompliment. Dann zog er stolz eine goldene Taschenuhr aus seiner Weste und guckte würdevoll darauf. „Oh, schon so spät! Wir reden und reden und dabei sollten wir uns längst um die Gesetze der neueren Zeit kümmern.“ Er klatschte in die Hände. „Also, frisch ans Werk, Victoria, ich habe schon etwas für uns vorbereitet.“
6. Abendessen
Der Rest des Tages verlief wie all die anderen Tage in den letzten zwei Wochen: erst Unterricht mit Hoggi und dann Besuche von verschiedenen Drachen. Das war zwar alles interessant, aber so langsam wurde Victoria dieses stramme Programm zu viel. Als sie mit Jaromir zum Abendessen ging, war sie richtig abgespannt.
Dort erwarteten Hoggi und Abrexar sie schon und Victoria wusste, dass es wieder ein langer Abend mit einem Haufen wichtiger Informationen werden würde.
Sie dachte erschöpft: „Am liebsten würde ich verschwinden. Hier sind jetzt immer so viele Leute, die ständig was von uns wollen, und wir müssen so viel lernen… ich mag nicht mehr. Wo ist die Ruhe und Einsamkeit des Hauses Brookstedt geblieben?“
Jaromir drückte ihre Hand. „Hey Kleines, wir schaffen das schon. Außerdem können wir ja mit Abrexar die Pläne besprechen und um mehr Freiraum bitten.“
Sie schnaufte leicht verächtlich. „Ach, und du meinst, dass dein Mentor dann einfach alles umwirft und uns ein paar Tage frei gibt? So wie ich ihn kenne, wird er eher noch ein paar Dinge auf dem Zettel haben, die wir unbedingt erledigen müssen… Ich weiß, dass er viel für uns tut und nur unser Bestes will, aber irgendwie…“
Dann waren sie schon am Tisch angelangt und wurden von einem gut gelaunten Abrexar begrüßt: „Ahhh, da sind ja unsere Gefährten! Die ganze Drachengesellschaft spricht von euch und die, die euch persönlich getroffen haben, sind voll des Lobes. Ihr macht eure Sache sehr gut.“
Jaromir drückte noch einmal aufmunternd Victorias Hand und antwortet lächelnd: „Wir geben uns auch die größte Mühe, Abrexar.“
Victoria war immer wieder erstaunt, wie überzeugend der alte schwarze Drache als junger Mann rüberkam. Er war genau wie Jaromir in seiner Menschengestalt ein Professor Anfang dreißig. Allerdings verrieten ihn seine weisen Augen und seine Gedanken. Abrexar war wirklich alt, sehr erfahren und mächtig.
Kaum hatten sie sich gesetzt, da betrat Albert den Raum und brachte die Vorspeise. Passend zum sommerlichen Wetter gab es italienische Antipasti – natürlich von Albert selbst zubereitet.
Victoria liebte Alberts Essen, denn der Butler kochte einfach göttlich und hatte mit seinen Kreationen so manches Mal ihren Tag versüßt.
Sie konnte in Abrexars Gedanken sehen, dass der Anblick der Vorspeise zum wiederholten Mal in ihm tiefes Bedauern darüber auslöste, diesen talentierten Bediensteten in Jaromirs Obhut gegeben zu haben.
Victoria musste grinsen und ihre Laune hob sich. „Tja, Schatz – welche Pläne Abrexar auch mit uns haben mag – wir haben Albert!“
Jaromir zwinkerte ihr verschwörerisch zu. „… und wir geben ihn auch nicht wieder her! Für keinen Preis der Welt.“
Abrexar schüttelte sein Bedauern ab und sagte beiläufig: „Ach übrigens – Kattesch ist tot, wusstet ihr das schon?“
Hoggi war überrascht. „Ach wirklich? Der König der Roten? Wie ist das denn passiert? Gab es einen Kampf?“
Der alte Schwarze schüttelte den Kopf. „Nein, Kattesch hat den Freitod gewählt.“
Jaromir war erstaunt. „Der König der Roten? Selbstmord? Wie soll das denn zusammenpassen? Ich dachte, für die Roten gibt es nur eine akzeptable Art zu sterben: den Kampf.“
Abrexar nickte. „Grundsätzlich stimme ich dir da zu, aber lasst mich von den Umständen berichten. Zwei Tage nachdem wir gegen die Armee der Roten gekämpft und der Abgesandten des Großen Rates das unbrechbare Versprechen abgerungen hatten, hat Kattesch eine Flasche 1738er Merlot mit Dämonenäther versetzt und geleert.“
Jaromir riss die Augen auf. „Dämonenäther?! Aber ist das Gift nicht streng verboten? Müsste man dafür nicht durch die Nebelsphäre ins Dämonenreich reisen und zerfällt das Gift nicht innerhalb von wenigen Stunden?“
Abrexar lächelte. „Wie ich sehe, war meine Ausbildung erfolgreich und du hast
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