Machtlos
dass das Interesse der Drachen an euch ganz schnell erlöschen wird, wenn der Rat den Gefährten keine Aufmerksamkeit schenkt.“
Victoria schüttelte den Kopf. „Aber Lenir kann sich kaum vor Besucheranfragen retten und hat schon eine lange Warteliste. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, werden das von Tag zu Tag mehr. Nach «ganz schnell erlöschen» sieht das nicht gerade aus…“
Abrexar sah sie nachdenklich an. „Das ist genau der Punkt. Ich denke, die goldene Königin hat die Begeisterung der Drachen für euch falsch eingeschätzt. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich das auch getan. Bis auf uns Torwächter haben die Drachen die Menschen seit Jahrhunderten gemieden. Der Rückzug aus der Menschenwelt war Gesetz und offen gesagt seid ihr Homo Sapiens ohne Magie auch nur halb so interessant. Entsprechend ging ich davon aus, dass die Drachen Jaromirs Stärke bewundern und seine Gefährtin – Victoria, bitte verzeih mir diese Darstellung – als exotisches Haustier ansehen. Aber dem ist nicht so. Alle, die euch persönlich getroffen haben, sind fasziniert von euch. Und das hat weniger mit Jaromirs Stärke zu tun, als vielmehr damit, dass sie mit ihren eigenen Augen gesehen haben, dass Victoria eine gleichberechtigte Partnerin ist. Die, die in Schweden dabei waren, haben selbst gesehen, wie du die körpereigenen, astralen Kräfte von Hoggi wieder aufgefüllt hast. Das war unglaublich und wird noch immer von Drache zu Drache weitererzählt. Ich habe mit einigen gesprochen, die euch in den letzten Tagen hier besucht haben und sie sind begeistert – anders kann ich es nicht ausdrücken.“
Dann grinste er breit und fuhr fort: „Jalina schockiert diese Tatsache regelrecht. Sie soll genervt sein, da alle Welt von euch redet. Was sie richtig wurmt, ist, dass sie nichts dagegen tun kann. Sie versteht diese Begeisterung einfach nicht und will sie auch nicht verstehen, ansonsten hätte sie euch längst persönlich getroffen oder wenigstens in die Gedanken eines eurer Besucher gesehen. Am liebsten würde sie sich offen gegen euch stellen, aber dafür müsste sie eine Begründung liefern und das kann sie offenbar nicht. Also muss sie gute Miene zu diesem Spiel machen. Die arme Lexia hat einiges zu leiden, seitdem sie das unbrechbare Versprechen in Nordschweden im Namen des Großen Rates gegeben hat.“
Jaromir sah Abrexar fragend an. „Wie das? Wie ich hörte, wurde sie sogar mit allen Ehren ausgezeichnet.“
Der alte Schwarze lächelte. „Da hast du vollkommen recht. Sie wurde ganz förmlich vor dem Rat ausgezeichnet und hat sogar von Jalina persönlich eine Belobigung über ihr vorbildliches Verhalten bekommen. Nach außen hin klopfen sie ihr auf die Schulter, aber tatsächlich wird sie von den Gleichrangigen geschnitten und von ihren Vorgesetzten bekommt sie die schlechtesten Arbeiten zugewiesen. Wie ich aus zuverlässiger Quelle erfahren habe, kam die inoffizielle Anweisung hierfür von der Königin persönlich.“
Victoria schüttelte den Kopf. „Was für ein intrigantes Volk! Wie kann man jemanden nach außen belobigen, aber hinter vorgehaltener Hand bestrafen?“
Abrexar zuckte mit den Schultern. „Das ist typisch für die Goldenen. Auch Lexias Besuch morgen passt da voll ins Bild. Offiziell ist sie die Auserwählte, die den Großen Rat vor den Gefährten vertreten darf. Tatsächlich aber ist diese Aufgabe ungefähr so angesehen wie das Müll-raus-bringen in einer Studenten-WG: Keiner will es machen und irgendwen trifft es dann.“
Victoria verdrehte die Augen und schüttelte noch immer den Kopf, während Abrexar fortfuhr: „Habt also etwas Mitgefühl mit Lexia, wenn sie morgen vor euch tritt. Sie hat eine harte Zeit und macht diesen Besuch ganz sicher nicht freiwillig.“
„Und was haben wir von dem Besuch morgen zu erwarten?“, fragte Jaromir. „Ich meine, was ist der Grund dafür?“
Sein Mentor legte den Kopf schief und dachte einen Augenblick nach. Dann sagte er: „Ich konnte den genauen Grund nicht in Erfahrung bringen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Goldenen einerseits nicht abseits stehen wollen, wenn sich alle Welt für euch interessiert. Aber hätten sie echtes Interesse, würde Jalina persönlich hier aufkreuzen. Damit würde sie euch jedoch mehr Aufmerksamkeit schenken, als ihr lieb sein kann, also muss jemand wie Lexia herhalten. Aber da muss auch noch was anderes sein. Ansonsten hätte eine formelle Botschaft genügt.“ Er kratzte sich nachdenklich an der Stirn. „Jalina
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