Machtlos
dann stellte er überrascht fest: „Du KANNST dich gar nicht mehr von ihm trennen! Du und Jaromir … ihr beiden seid… also, Victoria, dir ist schon klar, dass du in der ganzen Sache hoffnungslos tief drinsteckst, oder?“
Offensichtlich hatte J mal wieder intuitiv verstanden, was los war. Ihm fehlten nur ausnahmsweise die richtigen Worte.
Victoria zuckte hilflos mit den Schultern. J hatte so recht! Ihr kamen fast die Tränen und so nickte sie stumm.
J lächelte breit. „Aber Prinzessin, dann ist doch alles gut! Ob ihr beiden jetzt heiratet oder in zehn Jahren ist doch egal. Es würde doch nichts an eurer Beziehung ändern. Herzlichen Glückwunsch, Süße!“
Sie atmete tief durch.
J hatte ihr einen Spiegel vorgehalten und ihr gezeigt, was wirklich wichtig war. Als sie sicher war, dass sie vor Rührung nicht mehr in Tränen ausbrechen würde, sagte sie: „Aber die Feier wird schrecklich… Wir müssen mindestens 300 Leute einladen!“
J lachte laut. „Prima, dann bekomme ich ja sicher auch eine Einladung!“
Seine Leichtigkeit war ansteckend und jetzt musste auch Victoria lachen. Dann hielt sie kurz inne und fragte J ernst: „Willst du mein Trauzeuge sein?“
Ihr Mitbewohner lächelte strahlend und antwortete: „Das wäre mir eine große Ehre, Frau Abendrot!“
Sie unterhielten sich eine Weile über die bekannten Rahmenbedingungen der Hochzeit und langsam löste sich der kalte Stein in Victorias Magen auf.
Schließlich schaute sie ihren Mitbewohner gelassen an und fragte: „Aber eines musst du mir jetzt noch mal sagen, mein lieber Trauzeuge und Mitbewohner: Wie soll ich das bitte meiner Mutter erzählen? Als ich ihr Jaromir letzte Woche vorgestellt habe, ist sie fast durchgedreht. Er ist ihr total unsympathisch und ich musste ihr versichern, dass ich nicht vorhabe, ihn in Kürze zu heiraten. Die flippt doch total aus!“
J sah sie ernst an. „So wie ich deine Mutter kenne, wird sie das tatsächlich tun. Und dabei ist es egal, wie du ihr das erzählst oder wie lange du mit der Nachricht wartest – du hast ja schließlich nur noch dieses Jahr dafür.“
Victoria rollte genervt mit den Augen und brummelte ironisch: „Na toll, das baut mich jetzt auf! Und weiterbringen tut’s mich auch nicht.“
J schüttelte seufzend den Kopf. „Wer von uns studiert hier Mathe und Informatik und all diesen schrecklich logischen Krams? Hmmmm? Deine Mutter hat ‘nen Riecher dafür, wenn du flunkerst – also tu‘s nicht! Erzähle ihr das, was du mir erzählt hast: Dass seine Familie am Rad dreht, dass du ihn liebst und dass er‘s wert ist. Giesela wird es nicht toll finden und wohl auch nicht sofort akzeptieren, aber irgendwann wird sie es verstehen.“
Victoria sah ihn unwillig an. „Gibt es wirklich keine Alternative?“
J schüttelte den Kopf. „Ich versichere dir, dass alle anderen Möglichkeiten schlechter sind – aber sie ist ja DEINE Mutter.“
Sie seufzte. „Genau das ist ja mein Problem… Aber ich fürchte, du hast recht. Oh Mann, ich hoffe nur, dass mein Vater bei diesem Gespräch dabei ist.“
Sie schnackten noch den ganzen Abend und als Victoria sich gegen ein Uhr verschieden wollte, war J erstaunt. „Du willst jetzt noch zu ihm? Warum bleibst du nicht hier und schläfst mal wieder eine Nacht in deinem eigenen Bett?“
Victoria war hundemüde und fand diesen Gedanken für einen Augenblick sehr verlockend, aber für Sonntag waren noch diverse Termine geplant, so dass sie lieber ins Haus Brookstedt wollte.
In diesem Moment meldete sich Jaromir und stichelte gutmütig. „Und ich dachte, du hättest Sehnsucht nach mir…“ Dann wurden seine Gedanken liebevoll. „Ich jedenfalls freue mich, dass du bei mir übernachten willst und bin schon auf dem Weg zur Garage. Ich bin in ein paar Minuten bei dir, Kleines.“
J sah sie noch immer auffordernd an und wartete auf eine Antwort.
Gedankenverloren sagte sie gähnend: „Ach J, morgen haben wir wieder viel auf dem Zettel und außerdem ist Jaromir eh schon auf dem Weg hierher...“
J sah sie erstaunt an. „Sie hat ihn doch gar nicht angerufen… Und ich hatte heute Abend nicht den Eindruck, dass die zwei eine feste Zeit abgemacht haben. Merkwürdig…“ Aber er sagte nichts dazu.
Victoria biss sich auf die Lippe und schwor sich, zukünftig besser aufzupassen. Sie schnappte sich ihre Sachen und versuchte, das Ganze zu überspielen, indem sie ein leidendes Gesicht aufsetzte. „Sicher haben seine Leute jetzt schon die halbe Hochzeit geplant
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