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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Benden
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die dreihundert Gäste zwingen uns zu einem gewissen Rahmen…“
    Victoria wurde schlecht.
    „Aber, das ist ja völlig absurd! Ich bin doch keine Prinzessin! Ich bin nur eine kleine, unbedeutende Studentin…“ Sie wand sich innerlich und suchte nach einem Fluchtweg. Sie wollte nicht heiraten und schon gar nicht so!
    Er nahm ihr Kinn behutsam in seine Hand und hob ihren Kopf, bis er ihr in die Augen sehen konnte. „Du bist die erste Gefährtin seit Jahrhunderten. Du bist allen Drachen unserer Welt bekannt. Du bist etwas ganz Besonderes!“
    Er machte eine kleine Pause und wandte sich dann eindringlich an sie: „Victoria, ich liebe Dich mehr als mein Leben. Wir sind Gefährten und damit sind wir bereits stärker aneinander gebunden, als wir es durch eine Hochzeit jemals sein könnten. Das Heiraten an sich kann dich doch nicht schrecken.“
    Sie schüttelte resigniert den Kopf. „Das ist es auch nicht. Das Heiraten an sich ist schon irgendwie ok – wenn wir das ganz intim irgendwo im kleinen Kreis machen könnten… aber diese Prunkhochzeit… das bin ich einfach nicht.“
    Er schloss kurz die Augen.
    Als er sie wieder öffnete, sah sie traurige Entschlossenheit darin. „Victoria, wir haben keine Wahl. Wenn wir den Schutz des unbrechbaren Versprechens nicht verlieren wollen, müssen wir die Vorgaben der Goldenen erfüllen. Wir beide werden dieses Fest feiern. Wir müssen das tun.“
    Dann nahm er ihre beiden Hände in die seinen, blickte sie mit seinen warmen brauen Augen an und hauchte einen Kuss auf ihren Handrücken. „Ich verspreche dir, Kleines, ich werde dir jeden Wunsch erfüllen, der dir dieses Fest leichter macht.“
    Sie spürte seinen Wunsch, sie glücklich machen zu wollen.
    Plötzlich kam ihr in den Sinn, dass viele Frauen von einer solchen Märchenhochzeit träumten.
    Nur sie nicht…
    Sie sah in seine Augen und erkannte neben seiner Liebe für sie auch die Wahrheit in seinen Gedanken. Sie hatte keine Wahl. Sie würde Jaromir heiraten müssen und das ganz genau auf die Art und Weise, wie Jalina es wollte. Es gab einfach keine andere Möglichkeit, denn die Konsequenzen, die eine Weigerung nach sich ziehen würde, waren zu heftig.
    Victoria seufzte tief und gab ihren Widerstand auf.
    Ihr Gefährte lächelte sie erleichtert an.
    Sie lächelte schief zurück und sagte ironisch: „Bleibt noch zu klären, wie wir die frohe Botschaft unseren Mitmenschen – insbesondere meiner Mutter – erklären."
    Darauf hatte Jaromir keine Antwort und zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Ich weiß es nicht, Victoria. Und ich fürchte, dass ich dir dabei auch keine große Hilfe sein kann…“
    Er hatte einfach keine Erfahrung in diesen Dingen. Sie sah in seinem Geist, dass er die Menschen zwar seit mehr als einem Jahrhundert intensiv beobachtete, ihr Verhalten deswegen recht gut kannte und häufig auch treffsicher vorhersagen konnte, aber er trat selten in Interaktion mit ihnen und schon gar nicht auf einer solchen Ebene.
    Und dann erkannte Victoria noch etwas anderes: Ihr Gefährte maß diesem Problem keine so hohe Bedeutung bei wie sie selbst… Aus seiner Sicht würden ihre Mutter und auch all ihre menschlichen Freunde mittelfristig sterben – denn was waren schon sechzig oder achtzig Jahre. Probleme mit diesen Menschen würden sich also über kurz oder lang von selbst auflösen.
    Victoria erstarrte.
    Auf einmal erschien Jaromir ihr fremd. Nie war ihr deutlicher bewusst, dass er kein Mensch war. Er war ein Drache und setzte seine Prioritäten entsprechend seiner Art. Bei aller Nähe zwischen ihnen beiden waren sie doch grundverschieden und würden es immer sein.
    Ihr wurde das Herz schwer und Tränen füllten gegen ihren Willen ihre Augen, als sie dachte: „Aber MIR sind diese Menschen wichtig! Ich bin selbst einer von ihnen. Und wenn ich hundert Mal verstehe, dass ich viel länger leben werde, so fühlt mein Herz nicht, was mein Verstand weiß.“
    Jaromir bemerkte in diesem Moment, was sie bewegte und ihre Traurigkeit und ihr Entsetzen trafen ihn voll.
    Er sah sie gequält an und hob unsicher seine rechte Hand, um ihre Tränen zu trocknen. „Es tut mir so leid, Kleines. Ich wollte nicht…“
    Victoria blickte direkt in sein Gesicht. Seine sonst so warmen, braunen Augen waren fast schwarz vor Verzweiflung über den Schmerz, den seine achtlosen Gedanken bei ihr ausgelöst hatten. Er liebte sie aus tiefstem Herzen und wünschte sich nichts, außer, dass sie glücklich war. Was hatte er getan? Wie hatte

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