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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Benden
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anderen wollen?“
    Nun runzelte auch Hoggi die Stirn: „Hmmmm, das kann ich nicht genau sagen. Wie ich sicher schon mal erwähnt habe, verschwanden die Gefährten schlagartig, bevor ich das Phänomen ihrer Verbindung studieren konnte. Aber ich würde schätzen, dass diese Zeitspanne recht kurz ist: einige Wochen bis ein Jahr. Das hängt sicher auch von den potenziellen Gefährten ab und davon, wie oft sie sich begegnen. Bei euch war diese Phase jedenfalls extrem kurz, ja, das war sie.“ Er kratze sich nachdenklich am Kopf und fuhr fort: „Hätte nicht gedacht, dass die Phase überhaupt so kurz sein kann… Naja, die Offenbarungsphase geht dann jedenfalls recht fließend in die Bindungsphase über.“
    „Aha“, murmelte sie und dachte: „So ein Mist! Kerstin und Lenir sind seit Monaten beide in Kiel – auch wenn sie sich in letzter Zeit kaum gesehen haben.“
    Dann erinnerte sie sich an etwas. „Aber selbst in der zweiten Phase ist die Verbindung doch noch gar nicht vollständig. Ich meine, mir wurde von Abrexar und dir immer erzählt, dass Jaromir und ich erst nach Vollendung unserer Verbindung nicht mehr zu trennen wären. Was passiert denn in der Zwischenzeit mit Mensch und Drache, wenn sie die Verbindung dann doch nicht mehr wollen?“
    Hoggi blickte seine Schülerin traurig an. „Solange die Verbindung noch nicht vollendet ist, könnte man die angehenden Gefährten tatsächlich noch trennen, ohne dass dabei einer von ihnen unmittelbar den Tod finden würde. Aber, liebe Victoria, die ehernen Gesetze wurden zum Schutz von Drache und Mensch erlassen. Sollten die angehenden Gefährten nach der Offenbarungsphase getrennt werden und nicht weiter an der Bindung arbeiten können, so ist damit zu rechnen, dass sowohl Mensch als auch Drache einen bleibenden Schaden davontragen. In der Regel werden sie wahnsinnig. Das kann bis zum Selbstmord gehen. Genau aus diesem Grund müssen sich die Drachen ja den Menschen offenbaren, damit die eine Entscheidung treffen können.“
    Victoria wurde übel. Kerstins Gedanken vom letzten Abend kamen ihr wieder in den Sinn. „Sind Lenir und Kerstin etwa schon über die Offenbarungsphase hinaus?“ , fragte sie sich mit einem ganz schlechten Gefühl im Bauch.
    Hoggi blickte sie verwundert an. „Aber du bist ja ganz blass. Keine Angst! Bei Jaromir und dir bestand doch nie eine Gefahr in dieser Beziehung.“
    „Wieso?“, fragte Victoria tonlos.
    „Na“, lachte ihr Mentor, „wie mir Abrexar berichtet hat, wart ihr über beide Ohren ineinander verliebt und gar nicht mehr zu trennen. Außerdem war es doch sehr unwahrscheinlich, dass ihr plötzlich getrennte Wege gehen würdet. Allein schon durch die gemeinsamen Vorlesungen an der Uni wärt ihr euch ständig begegnet. Und wenn die potenziellen Gefährten nicht räumlich getrennt werden – wie gesagt dazu sind mindestens hundert Kilometer notwendig – dann entwickelt sich die Bindung auch ganz von allein weiter. Das beste Beispiel dafür seid ihr zwei. Euch musste niemand sagen, was zu tun ist. Ihr habt intuitiv das Richtige getan. Freiwillig hättet ihr beiden euch nach Jaromirs Offenbarung nicht mehr voneinander getrennt, oder?“
    Victoria nickte geistesabwesend und der alte weiße Drache strahlte sie an.
    Ihr war gar nicht nach Lächeln zumute. Sie hatte ihre Freunde vor Augen. So stark wie Kerstin den Zwang der Verbindung spürte, so vehement wehrte Lenir sich dagegen. Hoggi hatte ihr soeben bestätigt, was sie bereits geahnt hatte: So durfte es nicht weitergehen, oder die beiden wurden verrückt. „Aber was, wenn Lenni das nicht einsehen will? Er hält sich so verkrampft von Kerstin fern, dass er gar nicht bemerkt, was er damit anrichtet.“
    Sie sah ihren Mentor an und fragte leise: „Und was passiert, wenn sie sich ab und zu sehen, aber die Verbindung nicht zulassen wollen?“
    Hoggi schüttelte verwundert den Kopf. „Wer würde denn so etwas wollen? Das wäre ja fast schon Folter. Das kann nicht gut gehen, nein, das kann es nicht! Gefährten haben nach der Offenbarungsphase keine Wahl mehr. Die Verbindung muss vollendet werden, oder sie werden ihres Lebens nicht mehr froh.“
    „Bitte, bitte, bitte, lass Lenir und Kerstin noch in der Offenbarungsphase sein. Bitte, lass sie noch eine Wahl haben“ , dachte Victoria inständig und erkundigte sich dann: „Woran erkennt man denn, dass sich Gefährten noch in der Offenbarungsphase befinden?“
    Hoggi grübelte eine Weile. Dann klärte sich sein Blick und er antwortete:

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