Machtlos
verdoppeln, damit er Mensch blieb.
Victoria rannte weiter. Kerstin hatte sie überholt. Ihr jahrelanger Reitsport zahlte sich aus.
„Da rauf?“, keuchte Kerstin und zeigt auf den Turm.
„JA!“ , antwortete Victoria tonlos. Sie musste ihren Atem sparen.
Jetzt fasste Kerstin ihre Hand und zog sie über den weiten Platz, hin zu den drei Stufen vor dem schmalen Eingangsportal. Sie drückte die Klinke der Tür herunter.
„Bitte, bitte sei offen!“
Und stieß die Tür nach innen auf.
Sie durchquerten drei hintereinander liegende, kleine Hallen. Undeutlich sah Victoria skizzierte Flotten und Schleifen von Trauerkränzen an den Wänden.
Dann kam eine Treppe.
Als sie das nächste Stockwerk erreicht hatten, wurden ihre Beine schwer. Doch nun hörten sie ihre Verfolger am Eingang.
Mit neuer Kraft rannte sie weiter. Wieder eine Treppe hoch. Hier gab es einen Aufzug, aber der war abgesperrt und davor prangte ein Zettel: «Außer Betrieb!»
„Als wenn ich den jetzt nehmen würde!“ , dachte sie sarkastisch.
Kerstin durchquerte eine Drehtür und sie folgte ihr schnaufend.
Wieder eine Treppe.
„Hören die denn nie auf?“ , fragte sich Victoria.
Dann öffnete sich der Raum. Vor ihr lagen graue Wände mit Schießschartenfenstern. Victoria blicke nach oben. Schier endlos führte eine massive Steintreppe im Zickzack hoch.
„Oh nein!“ , dachte sie verzweifelt.
Sie schluckte und atmete tief durch. Dann griff sie entschlossen nach dem Treppengeländer und begann mit dem Aufstieg.
Nach vier Treppen hatten auch ihre Verfolger die erste erreicht.
„Weiter hoch! Immer weiter hoch!“ , befahl sich Victoria verbissen.
Die Männer unter ihnen fluchten laut und verwünschten sie.
Ein paar Treppen später brüllte einer: „Ihr verdammten Huren! Den Aufstieg werdet ihr Schlampen mir büßen!“
Dann knallten Schüsse durch den Turm.
Kerstin schrie erstickt auf und beschleunigte ihre Schritte.
Auch Victoria schoss das Adrenalin durch die Adern. Sie hielt sich vom Außengeländer fern und stieg weiter. „ Solange wir auf der Treppe sind, können wir nicht getroffen werden“, versuchte sie sich zu beruhigen.
Von unten ertönte eine wütende Stimme: „Verdammt Harry! Der Boss hat doch gesagt, wir brauchen die Langhaarige lebend!“
„Weiter hoch! Nicht denken – Treppen steigen! Hoch, hoch, HOCH!“
„Ich hoffe, du hast einen Plan, wenn wir oben sind“, keuchte Kerstin. Sie war zutiefst entsetzt.
Victoria bekam vor lauter Luftschnappen kein Wort heraus und die Verfolger schlossen langsam auf. Ihre Beine schmerzten und wollten streiken. Sie kam kaum noch vorwärts.
Kerstin griff erneut ihre Hand und zog sie Stufe um Stufe nach oben.
Die Treppen schienen kein Ende nehmen zu wollen!
Dann hatten sie es geschafft.
Endlich ein Raum und eine Tür nach draußen.
„Hier?“, fragte Kerstin atemlos.
Victoria keuchte. Sie bekam kein Wort heraus. Also schüttelte sie den Kopf und sprach zu Kerstin in Gedanken: „Nein, ganz nach oben!“
Kerstin wunderte sich über gar nichts mehr und zog ihre Freundin auch noch die letzte, schmale Treppe hinauf.
Victoria blickte hoch. Die Decke war spakig und die Farbe blätterte großflächig ab.
Dann endlich die letzte Biegung.
Eine alte Holztür.
Kerstin öffnete die Tür und der Regen schlug ihnen entgegen.
„Egal – raus da!“
Noch ein paar Stufen hoch und Kerstin und Victoria standen auf der Aussichtsplattform im strömenden Regen.
Victoria konnte nicht mehr.
Sie beugte sich nach vorn, stützte sich auf ihre Knie und versuchte zu Atem zu kommen.
Ihr war schwindelig. Sie spürte ihre Beine vor Schmerzen nicht mehr und sie bekam verdammt noch mal nicht genug Luft!
Doch dann hörte sie auch schon ihre Verfolger.
Jaromir wurde fast wahnsinnig.
Kerstin schrie: „Wir können die Tür von dieser Seite nicht verriegeln!“
Victoria bekam noch immer kein Wort heraus. „Egal, Kerstin. Mach sie zu – den Rest mache ich.“
Kerstin tat wie ihr geheißen. Sie hatte keine Ahnung, was das bringen sollte, aber für Widerworte hatte sie viel zu viel Angst.
Victoria konzentrierte sich und erschuf einen Schutzschild direkt vor der Tür.
Dann atmete sie einfach nur.
„Die klapprige Tür wird die Typen doch im Leben nicht aufhalten! Sie ist noch nicht mal verschlossen!“, rief Kerstin panisch.
Victoria atmete tief ein. „Sie WIRD … sie aufhalten!“, keuchte sie noch immer außer Atem. „Jedenfalls … für eine … Weile.“
„Und dann?!“, wollte
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