Machtlos
entgegen sah. Sie schüttelte den Kopf: „Das Kleid ist wirklich großartig – aber nicht für mich.“
Bettina lächelte und winkte energisch in Richtung Kabine: „Also dann, das nächste, bitte!“
So ging es ein paar Kleider weiter. Mittlerweile hatte es sich draußen richtig zugezogen und die ersten Regentropfen klatschten gegen die großen Schaufenster. Bettina schaltete das Licht ein und an den Wänden flammten unzählige elektrische Kerzen auf und tauchten den Raum in weiches Licht.
Jaromir und Lenir steckten noch immer im Fahrstuhl fest. Nachdem sie den Alarmknopf gedrückt hatten, war eine Viertelstunde lang erst mal gar nichts passiert. Dann hatte sich endlich ein schlechtgelaunter Servicemitarbeiter gemeldet und verkündet, dass der Pannendienst benachrichtigt sei, dieser aber zur Zeit überlastet wäre und es somit eine Weile dauern würde.
Die beiden Freunde hatten die Fahrstuhltüren mittlerweile per Hand aufgeschoben und festgestellt, dass sie genau zwischen zwei Stockwerken festhingen. Sie konnten nicht mal rausklettern. Entsprechend genervt waren die zwei.
Victoria versuchte es mit Zweckoptimismus. „Hey, Jaro. So hat Lenni wenigstens Zeit, sich in aller Ruhe zu überlegen, wie er sich Kerstin heute Abend offenbaren will. Ihr beiden könnt einen richtigen Schlachtplan ausklügeln.“
Ihr Gefährte schnaubte frustriert: „Ja, das sollten wir vielleicht tun. Sonst bleibt uns hier auch wenig übrig!“
Verwundert fragte Victoria nach: „Was ist denn mit Magie? Könntet ihr den Fahrstuhl nicht anheben?“
„Haben wir schon versucht. Der ist irgendwie verkeilt und die Luke nach oben ist auch nur mit massiver Gewalt zu öffnen. Kein normaler Mensch könnte das und wir dürfen ja nicht…“
„… auffallen, ich weiß, Jaro. Haltet aus. Der Techniker muss doch irgendwann kommen. Dafür wird der Abend sicher umso netter! Kerstin ist jedenfalls voll in ihrem Element und hat gute Laune. Ich kann sie bestimmt dazu überreden, nachher noch mit zu uns zu kommen. Sag Lenir das ruhig, das hebt seine Stimmung vielleicht. … Oh! Nein! Verdammt, jetzt bringt mir Kerstin tatsächlich so ein Sahnebaiser-Monster mit Unmengen Tüll und einem Reifrock. Und ich Dödel habe versprochen, alles anzuziehen. Mist! Aber, was tut man nicht alles für seine Freunde…“
Jaromir lachte. „Aber in dem Kleid will ich dich sehen!“
„Nix da! Der Bräutigam kriegt seine Zukünftige vor der Hochzeit in keinem weißen Kleid zu sehen!“ , gab sie streng zurück.
„Och, bitte! Bitte! Nicht mal, wenn der Bräutigam frustriert in einem Fahrstuhl gefangen ist und die Zukünftige das Kleid ganz sicher nicht bei der Hochzeit tragen wird?“ , bettelte Jaromir.
„Na gut. Aber nur ausnahmsweise und nur ein Bild. Und wehe, du zeigst es Lenni.“
Gegen halb fünf hatten die Frauen drei Kleider in der engeren Auswahl. Victorias Favorit war das Kleid, welches Bettina schon ganz zu Anfang im Kopf gehabt hatte. Die Verkäuferin war wirklich gut und lebte ihren Beruf. Sie riet dazu, das Ganze zu überschlafen und dann in ein paar Tagen wiederzukommen. „Schließlich ist es heute das erste Mal, dass Sie solche Kleider tragen. Das muss doch erst mal wirken. Bei Ihrem nächsten Besuch werden Sie vieles klarer sehen“, meinte sie gutmütig.
Kerstin war begeistert. Sie hatte heute viel Spaß gehabt und war so gelöst wie schon seit Tagen nicht mehr. Tatsächlich hatte sie ihrer Freundin einige irrwitzige Kleider rausgesucht. Bei einem war Victoria ganz erstaunt gewesen, dass es gar nicht so schlecht an ihr aussah. Auf alle Fälle mussten sie Sabine beim nächsten Mal mitnehmen.
Victoria war glücklich, aber auch erschöpft vom ganzen An- und Ausziehen und vom sich Drehen und Vorführen der Kleider. Die waren zum Teil ganz schön schwer, so dass ihr der Rücken wehtat. Sie schloss die Augen. Es wurde Zeit, dass sie nach Hause kamen.
Als sie den Laden verließen, regnete es immer noch. Victoria und Kerstin setzten ihre Kapuzen auf und schlugen einen forschen Schritt an. Die Straßen waren leergefegt bis auf zwei Motorradfahrer, die missmutig auf ihren Mühlen hockten und in Richtung Ehrendenkmal schauten.
Jaromir und Lenir steckten nun schon seit Stunden in dem bescheuerten Fahrstuhl fest. Ihre Laune war auf dem Nullpunkt angekommen. Vor ein paar Minuten war endlich der angekündigte Techniker erschienen. Allerdings war der Mann mit dem Problem total überfordert und brachte das Ding auch nicht wieder in Gang. Dafür
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