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Machtrausch

Machtrausch

Titel: Machtrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer C. Koppitz
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paar wichtige Themen, zum Beispiel meinen Katastrophenbesuch gestern im Werk Hannover … Ich muss nur leider in einer Stunde am Münchner Flughafen sein, um jemanden abzuholen .«
    Doch der Finanzvorstand bestand auf einem kurzen Gespräch, so dass Glock per Mobiltelefon ein Gespräch mit seinem Sekretariat simulieren musste, um seinen fingierten Besuch am Flughafen von der Fahrbereitschaft abzuholen zu lassen. Es gab eine wichtige Regel dazu: Wenn man schon zu Notlügen griff, so musste man diese auch mit letzter Konsequenz durchziehen. Dies erhielt die eigene Glaubwürdigkeit, wenngleich es gelegentlich zu so lächerlichen Ergebnissen wie Scheintelefonaten mit fiktiven Personen führen konnte. Da es auf dem Parkplatz von abfahrenden Trauergästen nur so wimmelte, fuhr Glock dem großen BMW seines Chefs ein paar Kilometer hinterher. Nagelschneider wollte, das herbstlich schöne Wetter ausnutzend, ein paar Schritte durch einen nahe gelegenen Forst machen. Absolut abhörsicher, dachte Glock, der langsam die paranoide Denkweise zeigte, die sein neuer Job wohl erforderte. Der dunkle Wagen (im Kampfwagen-Design, wie letztlich in einer Autozeitschrift der größte BMW beschrieben worden war) bog an einem Waldrand in einen Ziehweg ein, ohne vorher den Blinker zu setzen, so dass der dicht folgende Glock beinahe auf den anderen Wagen aufgefahren wäre und hielt an. Beide Fahrzeuge kamen am Rande des Forstes zum Stehen. Beim Aussteigen blendete die Sonne, und es roch intensiv nach Wald. Vermoderndes Laub, Pilze ( Schwammerl hatte Glock früher gesagt, als er des Bayerischen noch nicht so entwöhnt war), dampfende Erde, nasses Gras. Vogelgezwitscher rundete die Idylle ab, aus der ihn Nagelschneider riss, der dem Ziehweg zu Fuß tiefer in den Wald folgen wollte. Raus aus der Sonne.
    »Ihr Memo zum Fall Alois Rauch habe ich erhalten. Akzeptiert .« Glock, der sich sehr wunderte (sollte die Sache damit erledigt sein?), nickte nur. Ein Dankeschön wäre unpassend gewesen, jeder andere Kommentar ebenfalls. Sie gingen eine Weile schweigend nebeneinander her, während um sie herum bunte Blätter von den Bäumen segelten. Nagelschneider schien nach den passenden Worten zu suchen.
    »Die Firma befindet sich in einigen Turbulenzen. Das wird Ihnen nicht entgangen sein .«
    »Sind sich die Piloten in der Kanzel denn einig, was in dieser turbulenten Situation zu tun ist ?«
    »Nein, das sind sie leider nicht«, antwortete Nagelschneider wahrheitsgemäß und fuhr fort:
    »Ich muss mich in nächster Zeit hundertprozentig auf Sie verlassen können, Glock! Sie leiten zwei der Schlüsselressorts in diesem Konzern, denn sowohl die AfU als auch die Strategieabteilung sind wichtige Machtfaktoren in unserer Firma, die nicht missbraucht werden dürfen. Mir liegt viel daran, dass Schuegraf unbeschadet aus diesen Wirren hervorgeht – und Sie können mir dabei helfen !« Die Stimme des Finanzers war immer eindringlicher geworden. Sie schritten weiter in ihren unpassenden, schwarzen Anzügen über den dichten Blätterteppich. Da die Blätter noch frisch und feucht waren, schluckten sie die Geräusche ihrer Schritte vollkommen, so dass die beiden Manager lautlos wie auf Gummibelag durch den Forst wanderten.
    »Herr Nagelschneider, Sie haben meine volle Unterstützung, das versichere ich Ihnen. AfU und Strategie mögen zwei wichtige Instrumente sein – um sie aber richtig und zu Ihrer Unterstützung einsetzen zu können, muss ich wissen, worum es sich hier eigentlich dreht und wer der Firma schaden möchte. Ich tappe zugegebenermaßen völlig im Dunklen !«
    Er hielt es zunächst einmal für die klügste Vorgehensweise, sich komplett ahnungslos und dumm zu stellen. Nagelschneider konnte diesen Spaziergang genauso gut nur inszeniert haben, um ihn auszuhorchen, was und wie viel Glock über die Vorgänge bei Schuegraf wirklich wusste. Und um ihn dann gegebenenfalls unschädlich zu machen. Oder um ihm die Geschichte aufzutischen, die zu seiner größtmöglichen Unterstützung führen würde, ohne dass sich Glock hätte sicher sein können, was er da eigentlich wirklich unterstützte. Misstrauen wurde langsam ein fester Bestandteil seines Wesens. Seine Zeit der Unschuld schien vorbei zu sein.
    »Ich will hier nichts dramatisieren, Glock, aber das Wissen um die Vorgänge ist nicht ganz ungefährlich. Zumindest für Ihre Laufbahn in der Firma. Also werde ich versuchen, Ihnen die Grundlinie der Vorgänge zu erklären und für Sie irrelevante Details

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