MacKenzie 01 - Der Verfuehrer Im Kilt
ignorieren. Weiter unten überquerte eine Gruppe armer Kätler die Zugbrücke der Burg auf ihrem Weg zurück ins Dorf.
Seit drei Tagen beschäftigte sie sich damit, ihr Kommen und Gehen zu beobachten, und nutzte die Ablenkung, um das hämisch grinsende Gesicht von Duncans erster Frau aus ihrem Bewusstsein zu vertreiben
Zuerst kamen nur einige wenige, als seien sie noch immer auf der Hut vor dem gefürchteten Gutsherrn von Eilean Creag. Aber nach und nach nahm ihre Anzahl zu, bis zuweilen ein beständiger Strom von ihnen in beiden Richtungen die schmale Steinbrücke passierte.
Alle kamen, um Almosen an den Burgtoren in Empfang zu nehmen ... wie es Tradition war.
Und ihr Mann, der Gutsherr, war immer noch abwesend und konnte diesen kleinen Sieg nicht sehen, den sie für ihn erkämpft hatte.
Eine starke Windbö warf plötzlich ihren Schleier zurück, und sie schüttelte ihr Haar aus, ohne sich darum zu scheren, wie nass oder windgepeitscht sie aussah.
Gott wusste, dass ihr Aussehen sowieso niemanden interessierte. Sie könnte ihr Haar mit Bändern aus gesponnenem Gold schmücken und sich in ein Gewand aus Mondstrahlen kleiden, und Duncan würde sie noch immer reizlos finden.
Und wie könnte sie ihm das verübeln?
Welcher Mann würde sie begehren, wenn er eine Frau besessen hatte, die so schön war, dass selbst eine Königin sie beneidet hätte?
Nein, Linnet wusste, dass ihr Aussehen unerheblich war. Aber sie wünschte, Duncan könnte die Rückkehr der Bedürftigen zu seinen Burgtoren sehen. Vielleicht würde das Vertrauen, das sie ihm damit bewiesen, etwas Licht in die Düsternis in seiner Seele bringen?
Offen gestanden war sie jedoch gar nicht sicher, ob es etwas ändern würde. Vielleicht waren die Wunden unter der grimmigen Maske, die er fast immer trug, viel zu tief.
Zu frisch.
Zu unüberwindlich die Mauer, die er um sich errichtet hatte, um sich vor der Welt - und ihr - zu schützen.
Und dennoch hatte er ihr auch schon flüchtige Blicke auf den Mann dahinter erlaubt.
»Möchtet Ihr nicht hereinkommen, Mylady? Ein schlimmes Unwetter zieht herauf«, bat Lachlan, der neben sie getreten war. »Mein Herr wird mir bei lebendigem Leib die Haut abziehen, wenn Ihr erkrankt und er erfährt, dass ich Euch nicht davon abgehalten habe, Euch zu schaden.«
»Es ist nett von dir, dass du dir Sorgen machst, aber mein Umhang hält mich einigermaßen trocken, und mein Haar ist nicht so wichtig.« Linnet schenkte dem Schildknappen ihres Manns ein schwaches Lächeln. »Bislang ist es nur ein leichter Nieselregen, und der stört mich nicht.«
Lachlan blickte zu den am Himmel dahintreibenden schwarzen Wolken hinüber, die immer schneller auf den See zuhielten. »Ich flehe Euch an, Mylady, denn mein Herr würde wirklich sehr verärgert sein, und ich möchte ihn nicht verstimmen so kurz nach seiner Rückkehr.«
Und wann ist er einmal nicht verstimmt? Linnet schluckte die bittere Entgegnung, die ihr auf der Zunge lag, und war froh, dass die schrillen Schreie eines vorüberziehenden Schwarms Seemöwen sie davon abhielten, ihren Verdruss an dem gutmeinenden Knappen auszulassen.
Stattdessen legte sie freundlich ihre Hand auf seinen Ärmel und schüttelte den Kopf. »Nein, Lachlan, ich fürchte, du misst meinem Wert für deinen Herrn zu viel Bedeutung bei. Wir sind allein, und du bist alt genug, zu wissen, warum er mich zur Frau genommen hat. Es würde ihn nicht kümmern, wenn die Pest mich holen würde, und er wird dich auch nicht bestrafen, we nn ich nicht tue, was du sagst.«
Der Knappe schüttelte den Kopf. »Verzeiht, wenn ich Euch widerspreche, Mylady, aber Ihr täuscht Euch. Sir Duncan ist Euch sehr zugetan.«
Linnet wandte sich ab und umklammerte den kalten Stein der Mauerbrüstung. »Ich bitte dich, sag nichts, was nicht die Wahrheit ist. Denn das ist grausam, und man sollte meinen, es sei unter deiner Würde.«
»Was ich sage, ist die Wahrheit. Ich schwöre es bei allen heiligen Reliquien in diesem Land«, flehte Lachlan, in einem Ton, der aufrichtig genug war, um Linnets Herz einen Schlag aussetzen zu lassen. »Es ist die reine Wahrheit, und alle wissen es.«
Alle außer deinem Herrn. Ihre eigene Wahrheit echote durch ihren Kopf und verhöhnte sie damit, wie sinnlos es doch wäre, wenn Duncan ihr zwar zugetan wäre, es aber selbst nicht wusste. Ihre Hände pressten sich noch fester an den kalten, nassen Stein, und am liebsten wäre sie in Tränen ausgebrochen angesichts der Aussichtslosigkeit ihrer
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