MacLean 02 - Im Suessen Bann Der Versuchung
sehen, auch wenn alles, was er bislang erfahren und gelernt hatte, schon der bloßen Vorstellung widersprach, die schöne junge Frau an seiner Seite zu behalten und ihr Einlass in sein Leben zu gewähren.
In sein unheilvolles, nichtswürdiges Leben.
Aber es war das Einzige, das er hatte, und wenn er das bisschen Ehre retten wollte, das ihm noch geblieben war, dann durfte er es nicht länger verleugnen.
Tatsächlich fand er die Aussicht, sein Leben wieder aufzunehmen, sogar erstaunlich reizvoll. Mehr als alles andere, was er seit langer Zeit annähernd ernsthaft in Betracht gezogen hatte.
Mit dem Gefühl, nicht mehr ganz so nahe am Rande eines dunklen Abgrundes zu stehen, tat Iain einen tiefen, belebenden Atemzug und war doppelt froh, als er den leichten Heidekrautgeruch wahrnahm, der in der Luft lag.
Er entlockte ihm beinahe ein Lächeln.
»Tja, MacFie, dann sieht es wohl ganz so aus, als stünden wir an einem Wendepunkt«, sagte er mit ruhiger, aber entschiedener Stimme, die keinen Widerspruch erlaubte. »Die Mädchen bleiben bei uns - der Schicklichkeit wegen als unsere Ehefrauen -, und wir werden sie zum Kloster ihrer Wahl begleiten.«
Gavin zog eine Augenbraue hoch. »Und was dann?«
Iain zuckte mit den Schultern und war selbst überrascht, dass er MacFie nicht für seine Frage angeschnauzt hatte.
Vielleicht bekam er sein unbeherrschtes Naturell ja doch noch in den Griff.
Wenn das der Fall sein sollte, würde er eine solche Besserung allerdings mehr der Ablenkung durch die rothaarige Schönheit zuschreiben müssen als irgendwelchen Opfergaben, die er in den unzähligen Gedenkstätten zurückgelassen hatte, die sie auf ihrer Reise quer durchs Land besucht hatten.
Aber über das >was dann< wollte er jetzt dennoch noch nicht nachdenken.
Und so ging er stattdessen mit großen Schritten zu seinem Pferd hinüber und begann hastig die Gurte zu lösen, mit denen seine verhassten Pilgerutensilien am hinteren Teil des Sattels festgeschnallt waren.
»Ich bin ganz deiner Meinung, dass wir die Frauen bei uns behalten müssen, aber hast du vergessen, dass wir heute bei den MacNabs die Nacht verbringen wollten?«, erinnerte ihn Gavin, der ihm gefolgt war. »Er ist ein enger Freund von Donall und müsste daher eigentlich wissen, dass du keine zweite Ehefrau genommen hast.«
Ehefrau. Schon wieder dieses Wort.
Es ließ Iain erneut erschauern und brachte ihm Lileas in Erinnerung, in all ihrer zerbrechlichen und sanftmütigen Schönheit ... Aber es wurde rasch vort einem anderen, lebhafteren, temperamentvolleren verdrängt. Der Vision einer grünäugigen, jungen Frau mit einer unordentlichen Mähne leuchtend roter Locken und cremefarbenen, wohl geformten Brüsten, die ausladend genug waren, um selbst einen Eunuchen in sinnliche Erregung zu versetzen.
»Nein, ich habe weder MacNab vergessen noch dass wir Beardie und Douglas vorgeschickt haben, um dort auf uns zu warten«, fauchte er und blinzelte, um das Bild der Schönheit zu verdrängen.
Aber es gelang ihm nicht, das Sc h uldbewusstsein abzuschütteln, das zusammen mit dem Bild gekommen war.
Schuldbewusstsein, das er unter anderem auch verspürte, weil er an den in den Satteltaschen verborgenen Schatz gedacht hatte, den die beiden stämmigen Seemänner Donalls mit ihren Muskeln und mit ihrem Stahl bewachten.
Iain runzelte die Stirn, und seine Finger erstarrten auf den Sattelgurten.
Die Beule an seiner Stirn begann wieder zu pochen.
Ob sie nun die Frau seines MacLean sehen Herzens war oder nicht, er hatte sie das Votivbild stehlen sehen ... sie hatte eine heilige Gedenkstätte bestohlen.
Sofort legten sich wieder die gefürchteten eisernen Bänder um seine Brust, und er kämpfte mit sich, um den Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen und die Erinnerung an das Gesehene zu verdrängen. Dann, sehr zu seinem Erstaunen, stieg eine tief sitzende Erkenntnis aus den dunkelsten Winkeln seiner Seele auf und begegnete seinen Verdächtigungen mit rückhaltlosem Zorn.
Zerstreute sie, bevor sie Wurzeln schlagen konnten.
Fest entschlossen, seine Zweifel zu ignorieren und seinen Instinkten zu vertrauen, fuhr er zu MacFie herum und durchbohrte ihn mit seinem besten Burgherrnbruder-Blick. »Du wirst mit der älteren Frau zu MacNab vorreiten und mich bei ihm entschuldigen - was du ihm sagst, ist mir egal«, erklärte er und winkte ab, als Gavin Einwände erheben wollte. »Die Jüngere bleibt bei mir, und wir werden morgen gegen Abend auf der Straße wieder zu euch stoßen, in
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