MacLean 02 - Im Suessen Bann Der Versuchung
beobachtete sie über den Tisch hinweg und war sich nicht sicher, ob er lachen oder weinen sollte.
Denn sie brachte ihn unglaublich durcheinander.
So sehr, dass er tatsächlich kurz davor gewesen war, ihr in die Augen zu schauen und ihr zu gestehen, dass er sie von allen Frauen für die einzige hielt, die den Hunger in ihm stillen, die Qual in seinem Herz lindern und ihn wieder vollständig machen konnte.
Eine solche Offenbarung hätte sie jedoch mit Sicherheit dazu veranlasst, aus dem Shepherd's Rest zu stürmen und in die sturmgepeitschte Nacht zu verschwinden, um nie wieder gesehen zu werden.
Und wäre er der Kavalier gewesen, für den sie ihn zu halten schien, hätte er ihr sogar selbst dazu geraten, so viele Meilen wie nur möglich zwischen sich und Iain MacLean, den Fluch der Inseln und den Mörder unschuldiger Gemahlinnen, zu bringen.
Zwischen sich und diesen Iain MacLean, der eine bittere Enttäuschung war für alle, die ihm je vertraut hatten.
»Sir?« Diesmal griff sie über den Tisch und berührte seinen Arm.
Iain fuhr fast aus der Haut. Allein diese harmlose kleine Berührung löste eine Flut intensivster Gefühle in ihm aus und entfesselte ein brennendes Verlangen nach mehr. Iain biss die Zähne zusammen und kämpfte gegen ein fast nicht mehr zu unterdrückendes Bedürfnis an, ihre Hand zu ergreifen und ihre zarten Finger über jeden Zentimeter seiner Haut zu ziehen.
Mit finsterer Miene rutschte er auf der unbequemen Bank hin und her und sehnte sich mit jeder Faser seines Körpers, intimer von ihr berührt zu werden. Er brannte förmlich darauf, ihre flache Hand über sein Herz zu legen, damit sie dessen heftiges Pochen spüren konnte und begriff, dass sie weit mehr als niedrigere Instinkte in ihm weckte.
Sehr viel mehr.
Doch so wie sie ihn ansah, mit großen Augen und halb geöffneten, ein wenig feuchten Lippen, ließ sie ihn für den Moment nur einfach wünschen, sie möge ihn wenigstens mit seinem Namen ansprechen.
Und ihm den ihren anvertrauen.
Ihren vollen Namen und ihren wahren Rang.
»Ich habe dir doch schon gesagt, dass mein Name Iain ist«, erinnerte er sie und hob den Bierkrug, um ihren und seinen Becher mit dem schäumenden Gebräu zu füllen. »Nicht Sir oder Mylord, sondern einfach nur Iain ... auch wenn du mir einen wirklich wunderbaren Titel verliehen hast.« Er schob ihr einen der beiden Becher zu. »Ich würde mich freuen, wenn du mich mit meinem Namen ansprechen würdest.«
»Iain dann also«, sagte sie, aber es schien ihr ganz und gar nicht leicht zu fallen, ihn so persönlich anzureden, denn ihre Finger verkrampften sich um ihren hölzernen Becher. Ohne ihren Blick auch nur einen Moment von seinem abzuwenden, trank sie vorsichtig einen kleinen Schluck von dem Bier. »Du hast mir noch nicht gesagt, was du vorhin gemeint hast ... Iain.«
»Ich wollte eigentlich nur sagen, dass ich, obwohl ich zwar sicherlich kein Mönch, aber auch keineswegs so wie die brünstigen Hirsche bin, die dort oben in den Bergen brüllen«, erklärte Iain und wünschte auf der Stelle, das Gesagte wieder rückgängig machen zu können.
Denn nun riss sie bestürzt die Augen auf, und ihr schockiertes Gesicht war für ihn wie ein Tod bringender Dolch, der ihn mitten ins Herz traf.
Er unterdrückte einen Fluch und begann geschäftig das Brot in Scheiben zu schneiden. »Bitte verzeih mir meine geschmacklose Bemerkung«, sagte er gepresst, ohne den Blick zu heben. »Ich bin nicht gerade für eine geschickte Wortwahl bekannt.«
Dann schaute er auf und bot ihr eine dicke Scheibe des knusprigen, noch ofenwarmen Brotes an. »Im Grunde wollte ich dir damit nur sagen, dass du keine Angst haben musst, ein Zimmer mit mir zu teilen.« Er wartete, bis sie das Brot genommen hatte, und fügte dann hinzu: »Ich bin kein Rohling. Ich werde nicht über dich herfallen, wenn du dich entkleidest, um zu baden ... falls dir das Sorgen macht.«
»Du irrst dich.« Ihr Einspruch kam so schnell, dass Iain zugleich überrascht und ermutigt war. »Darüber mache ich mir keine Sorgen. Ich habe deine Ritterlichkeit bemerkt und vertraue auf sie«, erklärte sie, den Blick auf eine Ecke neben dem Kamin gerichtet. »Aber ob du nun ein Kavalier bist oder nicht... es wäre ganz und gar nicht schicklich, die Nacht im selben Zimmer zu verbringen.«
»Dann werden wir es eben so schicklich wie nur möglich gestalten«, schlug Iain vor und glaubte dabei zu sehen, wie sein Gewissen angesichts seiner Worte scheinheilig Beifall
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