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MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

Titel: MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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flog mich die Idee an, ob ich es möglicherweise in den nächsten Tagen versuchen sollte, sie auszustechen. Absurd, aber erheiternd, der Gedanke. Beschwingt kehrte ich in mein Zimmer zurück - ohne Buch, aber das war auch nicht mehr nötig, denn in einer Viertelstunde sollte das Abendessen serviert werden, und wie ich der Ankündigung an der Rezeption entnehmen konnte, war anschließend ein folkloristisches Unterhaltungsprogramm vorgesehen.
    Noch immer leicht amüsiert, verzichtete ich an diesem Abend auf das Einbetonieren meiner vorwitzigen Locken in Haarspray, sondern bürstete sie, bis sie knisternd um meinen Kopf standen. Ich zwinkerte meinem Spiegelbild zu und fand meinen Anblick erfreulich frech und jugendlich. Dazu passte wiederum die brave Aufmachung nicht, und ich suchte aus den wenigen Sachen, die ich dabeihatte, den kurzen schwarzen Rock und ein leuchtend grünes Sweatshirt heraus. Mit einem grün gemusterten Tuch band ich die Locken etwas zurück und nickte mir aufmunternd zu.
    »Wie läufst du denn rum? Willst du so zum Essen gehen, Margita?«
    »Ja, Tante Henrietta.«
    »Margita, sofort ziehst du dich um und kämmst dir ordentlich die Haare.«
    »Aber...«
    »Tu, was ich dir sage. Sonst sehe ich mich gezwungen, auf dem Zimmer zu essen. So möchte ich nicht von dir begleitet werden.«
    Dies war ihre subtile Art - nie strafte sie mich, immer nur sich. Und ich hatte das Problem mit dem schlechten Gewissen. Also trabte ich wieder zurück, suchte niedergeschlagen den braunen Rock und den beigefarbenen Pulli heraus und zog die langweilige Kombination an. Aber meine Haare, die ließ ich, wie sie waren.
    Tante Henrietta schien damit zufrieden zu sein, und wir gingen gemeinsam die Treppe hinunter. Ziemlich langsam, denn ganz auf der Höhe war sie doch noch nicht.
    Die Gäste hatten sich bereits im Speisesaal eingefunden, und ich konnte die neue Mannschaft begutachten. Eine britische Gruppe, gemischt sowohl vom Alter wie auch vom Geschlecht. Aus den Gesprächsfetzen, die im Raum umherwirbelten, ließ sich schlussfolgern, dass die Liebe zur Jagd das gemeinsame Bindeglied sein müsse. Auch die Alumni der elitären Ausbildungsstätte waren vollzählig versammelt und wussten heute die Umgebung nicht nur mit ihren beruflichen Erfolgen, sondern auch mit ihren Leistungen auf dem Golfplatz zu unterhalten. Die Heroen des Schlageisens wiesen einen guten Appetit und einen noch besseren Durst auf.
    Tante Henrietta mäkelte hingegen herum. Wahrscheinlich fehlte ihr die stimulierende Gegenwart von Frau Liebmann.
    »Ich werde nach dem Essen noch ein Schlückchen Drambuie zur Verdauung zu mir nehmen und dann zu Bett gehen.«
    »Das angekündigte Unterhaltungsprogramm interessiert dich nicht?«
    »Nein, ganz gewiss nicht. Ich kann nichts Ästhetisches daran finden, wenn Männer in Röcken und mit nackten Beinen umeinanderstampfen und dazu trunken grölen.«
    »Ich habe so etwas noch nicht gesehen, ich werde es mir anschauen.«
    »Wenn du unbedingt willst. Aber Kultur ist das nicht.«
    »Mag schon sein, Tante Henrietta. Aber du hast doch immer gesagt, ich solle auf Reisen allem Neuen gegenüber aufgeschlossen sein.«
    »Mh, na ja. ›Alles‹ ist ein weiter Begriff. Vielleicht sollte ich das ein wenig einschränken.«
    Zum Glück kam der Ober vorbei und räumte den Tisch ab, so blieb mir die Einschränkung erspart.
    Tante Henrietta begleitete mich noch in die Halle, um ihren Whisky-Likör zu schlürfen, und verließ mich dann nach einigen Ermahnungen.
    Bislang hatte ich ihr zuliebe nur Wasser getrunken. Ich würde mich nicht unbedingt als eine Schnapsnase bezeichnen, aber hin und wieder mag ich auch ein Glas Wein oder sogar einen Whisky. Also bestellte ich mir einen Aultmore.
    Die anderen Gäste hatten sich inzwischen auch versammelt und bekamen ihre Drinks. Mit großer Genugtuung stellte ich fest, auf welche unnachahmliche Weise ausgerechnet die weltmännischen Jungmanager es schafften, sich zu blamieren. So nölte beispielsweise John-Tom herum, er wolle Eis in seinen Malt haben. Ich erlaubte mir einen Blick milder Verachtung. Damit war ich in guter Gesellschaft, denn auch die Damen und Herren der Jagdgesellschaft zogen leicht missbilligend die Augenbrauen hoch und ließen ein leises »Tststs« hören.
    Keines Blickes würdigte ich allerdings meine Zufallsbekanntschaft. Der junge Mann namens Ken schaffte es tatsächlich, sich einen Bourbon zu bestellen. Das war nun völlig instinktlos.
    »Ich bin nun mal zur Hälfte Amerikaner«,

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