MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten
begründete er lauthals seine Fehlentscheidung. Na dann prost.
Das Unterhaltungsprogramm begann mit dem bekannten Dudelsackpfeifer, der zeigte, was er über das schräg gepfiffene »Amazing Grace« hinaus beherrschte. Es waren ihm auch der »Highland Laddie« geläufig und das allseits beliebte »Scotland the Brave«. Ihm folgten drei schottische Herzbuben mit der Fiedel, und ich tat Tante Henrietta Abbitte. Das war nicht gerade ein Kulturereignis. Aber dem Publikum gefiel es, und dem Hotelpersonal auch, denn der Alkoholkonsum nahm mit steigender Stimmung zu.
Doch dann war der Höhepunkt überschritten. Nach und nach löste sich die Gruppe auf, die einen gingen zu Bett, die anderen in die Bar. Nur noch sechs Unentwegte blieben in der Halle, während ein alter Barde seine Harfe an den Kamin trug. Ich wäre wahrscheinlich auch gegangen, aber plötzlich fiel mir auf, dass ich diesem Mann nun schon zum dritten Mal begegnete. Es war der weißbärtige Gärtner, Arthur Dougal, der sich in seinem braunen, bodenlangen Umhang auf einem Schemel niederließ. Er wirkte seltsam passend, wie ein knorriger alter Sänger aus früheren Zeiten.
Schweigend sah er sich in der zusammengeschrumpften Runde um und nickte dann. Ob er mich in dem Dämmerlicht erkannte, wusste ich nicht. Es tat mir für ihn leid, dass die anderen alle gegangen waren, aber er war es wohl gewöhnt, nur wenig Publikum vorzufinden.
Als er über die Saiten der Harfe strich, erklang eine schwermütige Melodie.
Jemand hatte dankenswerterweise das Licht gedämpft, nur das Feuer im Kamin spendete Helligkeit und Wärme. Ich lehnte mich zurück und nahm mein Glas. Man hatte es ungefragt wieder aufgefüllt und die Flasche auf dem Tisch stehen gelassen.
Der Alte begann mit mächtig rollendem Rrr in einer Art Sprechgesang eine Ballade zu intonieren. Ich war hingerissen. Nicht nur ich allein, sondern auch die anderen Gäste, unter denen ich mit Erstaunen auch den Bourbon-Trinker Ken fand, inzwischen mit einem Glas Malt-Whisky ohne Eis. Ich lächelte in mich hinein.
Eine neue Melodie ertönte, vielleicht ein wenig heiterer, verklang im Raum, blieb aber in meinem Herzen zurück. Zwei weitere Gäste schlichen sich leise hinaus, und wir rückten näher an das Feuer. Der Harfenspieler strich weiter über die Saiten, als suche er eine Melodie, dann hob er plötzlich den Kopf, schaute mich an und lächelte im Wiedererkennen.
Er begann eine neue Ballade, die von Heldentum und Tod handelte, und als er geendet hatte, verabschiedeten sich die beiden übrig gebliebenen Engländer, und wir saßen nur noch zu dritt vor dem Kamin. Eigentlich hätte ich auch gehen sollen, als brave Nichte meiner Tante Henrietta. Aber der alte Barde hatte mich in seinen Bann gezogen.
»Wollt Ihr noch mehr von unseren alten Gesängen hören?«
Ich nickte begeistert, und mir fiel die Bemerkung aus dem Prospekt ein.
»Es soll eine Ballade zu diesem Schloss geben. Was ist das für eine alte Geschichte, die sich hier abgespielt hat?«, fragte ich ihn, ungewohnt mutig geworden.
»Oh, nur eine alte Schauergeschichte, nicht gut zu hören, bevor man ins Bett geht.«
»Doch, gerade dann sind sie besonders schön.«
»Junger Mann, Ihr habt noch nichts wirklich Schauriges erlebt.«
»Das können Sie nicht wissen.«
»Doch, doch.«
Bevor Kens namenlose Arroganz die Stimmung zerstörte, reichte ich dem Alten ein wohlgefülltes Glas Whisky und bat: »Singen Sie uns die Ballade, Mr. Dougal. Bitte!«
Er lachte dröhnend auf und nickte.
»Euren blauen Augen und Eurer Gabe kann ich nicht widerstehen. Ich will euch die Ballade vortragen von dem Furchtbaren, das einst auf Drumnadruid Castle geschehen ist.«
Er nahm einen großen Schluck und begann mit dem Lied:
»Der Wind wehte kalt durch die Heide,
durch Nebel und Dunkelheit.
Es trifft sich unter der Weide
MacLeod und seine Maid.
Sie waren in Liebe verbunden, so war es -
MacTiger, MacTiger, der sah es.
Doch liegt MacLeod der Alte
im Streit mit der Jungfer Clan.
Dass sein Sohn um sie nun anhalte,
das passt nicht in seinen Plan.
Vergeltung und Hass, er schwört es -
MacTiger, MacTiger, der hört es.
Mit Gaben und falscher Freundschaft
ritten gewappnet die Mannen.
Im Munde die treulose Botschaft,
ins Castle sie Einlass gewannen.
Was verborgen im Lächeln des Greises -
MacTiger, MacTiger, der weiß es.
Der Whisky fließt hell aus den Fässern.
Der Dudelsack jammert so schrill.
Am Tisch mit den satten Essern
Verdacht nicht aufkommen will.
Doch der
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