Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

Titel: MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
zugegebenermaßen neugierige Nase ebenfalls aus der Tür.
    In ihren Nachthemden standen die beiden jüngeren Schwestern Fitzgerald zitternd auf dem Gang und versuchten das Entsetzen in Worte zu fassen, das ihnen die gellenden Schreie entlockt hatte.
    »Der Fluch ist über uns gekommen. Erbarmen...!«, heulte dann auch die dritte der Schwestern los.
    »...schwebte riesengroß über uns...«
    »...mit rot glühenden Augen angesehen, dass mir das Blut in den Adern gefror.«
    »Und riss sein grauenvolles Maul auf...«
    »...grässliche Reißzähne...«
    Dann erschien MacDuffnet in einem prächtigen Tartan-Morgenrock auf der Szene. Er versuchte, die aufgebrachten Gäste zu beruhigen. Ich sah seinen Bemühungen mit stiller Heiterkeit zu. Aus gewissen Gründen hatte ich meine Zweifel an der bedrohlichen Geistererscheinung. Immerhin ging es für den Hotelbesitzer um die Reputation seines Hauses, und er konnte es sich nicht leisten, seine Gäste mit gesträubten Haaren aus dem Haus fliehen zu lassen. Also ergriff er die einzig richtige Maßnahme - er führte die versammelte Truppe in die Halle, um eine Runde Whisky aus- und beruhigende Geräusche von sich zu geben.
    Ich nahm meine neugierige Nase wieder zurück in das Zimmer und sah nach Tante Henrietta. Sie blinzelte verschlafen.
    »War was?«
    »Den Damen Fitzgerald ist ein Geist erschienen«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
    »Klar«, murmelte sie und drehte sich auf die andere Seite.
    Ich lehnte mich im Sessel zurück - und wachte völlig steif und verspannt im Licht eines trüben Morgens wieder auf.
    Tante Henrietta kam aus dem Badezimmer und sah mich aus ausgesprochen munteren Augen an.
    »Das also nennst du Nachtwache? Tief schlafend im Sessel hängen und von Gespenstern träumen?«
    Sie wies auf das Buch, das aufgeschlagen zu meinen Füßen lag. Es war mir irgendwann aus der Hand gefallen.
    »Ja, Tante Henrietta«, antwortete ich zerknirscht und musste dann furchtbar gähnen.
    »Nimm eine heiße Dusche, das lockert die Muskeln.«
    »Ja, Tante Henrietta. Sag, wie geht es dir heute Morgen?«
    »Bisschen Kopfschmerzen, sonst gut. Jetzt verschwinde, ich will mich anziehen.«
    Gehorsam schlich ich in mein Zimmer. Mein Kopf fühlte sich an, als sei er mit aufgeweichter Putzwolle ausgestopft. Nun ja, vielleicht half eine Tasse dieses Wiederauferstehungsgetränks, das die Einheimischen Tee nannten.
    Im Frühstückszimmer beherrschte noch immer die nächtliche Geistererscheinung die Unterhaltung. Allen, die sie nicht mitbekommen hatten, wurde das Geschehen wiederholt in jeder dramatischen Einzelheit erzählt, und das Ganze nahm inzwischen Ausmaße eines erstklassigen Horrorfilms an. Ich vertiefte mich in eine der Zeitungen, die herumlagen, um nicht den fünfundneunzigsten Aufguss der Geschichte anhören zu müssen.
    Es gab wenig Neues in der Welt. Die politische Lage war wie immer zugespitzt, das soziale Netz wies weiterhin bedauerliche Löcher auf, genau wie die Ozonschicht, und im Vatikan war die Hölle los. Außerdem war in Edinburgh Falschgeld aufgetaucht.
    »Guten Morgen, Frau May. Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
    Ich sah auf und entdeckte Ken Mackey in Jungmanagers Freizeitkluft vor mir. Gepflegte Baumwollhosen, dunkelblau, Kaschmirpulli im bekannten Karodesign. Dazu das Tablett vom Büfett.
    Da ich aus der Zeitung keine weitere Weisheit saugen konnte, stimmte ich einigermaßen nüchtern zu.
    »Geht es Ihrer Tante besser?«
    »Ja, danke der Nachfrage.«
    »John-Tom wird sich heute bei ihr entschuldigen.«
    »Schön.«
    »Haben Sie schon Pläne für den heutigen Tag?«
    »Ja.«
    »Oh, schade. Ich wollte Sie nämlich fragen, ob Sie eventuell mit unserer Gruppe nach Strathisla fahren wollen. Dort steht die älteste Whisky-Brennerei des Nordens. Sie veranstalten für uns eine Führung für VIP-Gäste.«
    Nun war ziemlich das Letzte, was ich mir als Vergnügen vorstellen konnte, einen Tag mit den jungen Managern zu verbringen, die mir bei jeder Bemerkung unter die Nase rieben, was für eine minderwertige Person ich im Vergleich zu ihnen war. Außerdem hatte ich Urlaub und wollte mich gerade von dieser Gattung Mensch erholen.
    »Sie werden auf mich verzichten müssen, ich kümmere mich um meine Tante.«
    »Ja, das kann ich verstehen. Aber besonders erholsam ist Ihr Urlaub dadurch nicht, denke ich mir.«
    »Das Denken kann ich Ihnen nicht verbieten. Wenn Sie mich bitte entschuldigen wollen...«
    Ich verließ ihn ziemlich abrupt. Manchmal ist es mir gar nicht recht, mit der

Weitere Kostenlose Bücher