MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten
kommen.
Die tanzenden Maiden
Es war unwirklich still in der Luft, in der Myriaden von Nebeltröpfchen hingen. Die Büsche und Bäume waren graue Silhouetten am Wegesrand und bestimmt Grund und Ursache vieler Gruselgeschichten, die von den schottischen Ammen den Kindern erzählt worden waren, um sie daran zu hindern, in den gefahrvollen Sumpf hinauszulaufen. Vereinzelt krächzte ein Vogel, war das ferne Brummen eines Motors zu hören. Aber ansonsten war es wundervoll ruhig. Ich kam an dem Brombeergestrüpp vorbei, zwischen dessen Ranken sich Spinnweben wie graue Schleier aufspannten, bemerkte eine verfallene Kate im Moor kauern, ging entlang der alten Steinmauer, die mich zu der Ruine geführt hatte. Dort sah ich die düsteren Mauern im dunstigen Licht aufragen. Es zog mich dorthin, ohne Zweifel, und einen Moment lang zögerte ich, den schmalen, ausgetretenen Wiesenpfad zur alten Burg einzuschlagen. Doch da raschelte ein plötzlicher Windzug durch die Büsche, und der Nebelschleier lichtete sich etwas. Nicht weit von mir entfernt breitete sich der Eichenhain aus. Hoch oben warf eine wässerige Sonne ein verschwommenes Licht über die Szenerie. Ja, ich würde dem Weg folgen, der mir genannt worden war.
Das Gras glänzte feucht, Moos hatte die Nässe aufgesogen, und jeder Schritt war mit einem schlürfenden Geräusch verbunden. Der Wind hatte sich gelegt, und die wattige Wolke senkte sich erneut tief über das Land. Wo noch eben frühlingsgrüne Blätter schimmerten, standen nun wieder graue Riesen drohend vor mir. Weißdorn brandete an den Rand des Hains, duftend in der von Feuchtigkeit gesättigten Luft. Hasel und Eberesche umschlossen mich, als ich auf den trockenen Waldboden trat. Die hohen Stämme der Bäume ragten auf wie Säulen alter Tempel - und genauso empfand ich es auch. Ich betrat ein Heiligtum, älter als jedes Kloster, älter als jede Kirche, älter als alle Tempel, die von Menschen gebaut worden waren. Und doch konnte ich nicht ehrfurchtsvoll verweilen, es zog mich weiter und weiter hinein in diesen stillen Wald.
Bis hier war der Nebel nicht vorgedrungen, diffuses Licht herrschte zwischen den Bäumen. Und dann öffnete sich vor mir eine Lichtung.
Auf der samtigen Wiese, in dem großen Rund, erhoben sich acht schroffe Steine in einem perfekten Kreis. Flechten überzogen sie, Moos hatten sie angesetzt, halb versunken waren sie im Humus der Jahrhunderte - und dennoch, sie ragten empor und wollten mir eine Botschaft übermitteln, ein Wissen über Dinge, die längst vergessen waren.
Ich blieb am äußeren Rand des Kreises stehen und atmete tief die würzige Waldluft ein. Doch dann zwang mich etwas, näher zu treten, einzutreten in den ewigen Tanz der steinernen Maiden.
Und als ich dort stand, am Rande des stummen Reigens, da sah ich sie wieder. In der Mitte des Kreises begegneten sie sich. Der schwarzhaarige Jüngling im braunen Kilt, die goldblonde Jungfer, lächelnd umeinander schreitend in einem alten Muster von Schritten. Und es war, als gäben sie sich mit diesem schweigenden Tanz ein Versprechen für die Zukunft - ein Versprechen, das sie über Tod und Verrat hinaus, sogar über Jahrhunderte hinweg aneinanderbinden würde.
Noch etwas war dort. Ein sanft leuchtender Schein, ganz nahe bei der jungen Frau. Nicht sehr groß, aber beharrlich den schwingenden Falten ihres Gewandes folgend. Es stimmte mich inmitten der Erhabenheit und Größe des Momentes heiter. Ob sie von ihrem Hündchen begleitet worden war, damals, vor langer, langer Zeit, als diese Liebe erblüht war und über die Jahre dem stillen Kreis der Steine ihren unvergänglichen Zauber aufgedrückt hatte?
Zeit war, und Zeit verging - ich verlor jeden Bezug zu ihr.
Dann blendete mich plötzlich klares Sonnenlicht. Ich blinzelte und fand mich allein an einen der aufrechten Menhire gelehnt. Einen Moment lang verweilte ich noch in der Erinnerung an dies seltsame Erlebnis, dann stieß ich mich von dem Stein ab und machte ein paar Schritte in das Zentrum des Kreises, wo das Paar vor langer Zeit gestanden hatte. Es war, als hätten sie mir ein Zeichen hinterlassen, denn auf dem steinigen, mageren Boden, zwischen niedrigem, hartem Gras und zähen Kräutern, breitete eine riesige Silberdistel ihre stacheligen Blätter aus. Wie ein gefallener Stern lag sie da, bedeckt mit feinen Wassertröpfchen, die im Sonnenlicht den Eindruck eines kostbar glitzernden Schmuckstücks erweckten.
Staunend sah ich dieses Wunder an, das die Natur inmitten des alten
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