MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten
mich an die Ballade des alten Barden. Es war darin die Rede von den MacLeods gewesen. Ob das die Familie war, die dort einst gewohnt hatte? Doch seine Geschichte war nicht datiert. Vermutlich wäre Arthur Dougal eine sehr viel erschöpfendere Quelle zu diesem Thema als der Reiseführer. Ich nahm mir vor, ihn dazu zu bewegen, mir noch mehr zu der alten Geschichte von Drumnadruid Castle zu erzählen. Dann könnte ich versuchen, sie mit den geschichtlichen Daten zu vergleichen.
Ich streckte mich, stand auf und ging zum Fenster. Als ich die Vorhänge beiseiteschob, zeigte sich eine dünne Mondsichel über den fernen Bergen. Sie warf eine schmale Lichtstraße über den See, auf dem sich kleine Wellen kräuselten. Die Wiesen und Weiden wirkten wie mit Sternensilber überhaucht, und es hätte mich nicht gewundert, wenn zwischen den Rosenbüschen an der Eibenhecke die berühmten schottischen Elfen getanzt hätten. Aber sie wahrzunehmen, das überstieg denn doch meine Fähigkeiten, obwohl ich halb und halb an ihre Existenz glaubte.
Müde war ich kein bisschen. Also stand mir wieder eine durchwachte Nacht bevor. Ich sah zur Uhr und registrierte verwundert, dass es schon Viertel vor zwölf war.
Na, einen Versuch war es wert. Vielleicht erinnerte Ken sich an sein eigenes Zitat und kam in die Halle. Ich auf jeden Fall wollte mir heute die alberne Kuckucksuhr nicht entgehen lassen. Ganz zufällig fuhr ich mir mit den Fingern durch die Haare und liebäugelte mit dem Lippenstift. Dann schlich ich mich leise nach unten.
Peinliche Entdeckung
Ach ja, man muss sich seine Genüsse einteilen. Diese Nacht war kein Spuk fällig. Ich geisterte nur ein wenig durch die Räume und schaute nach, was es Neues gab. MacDuffnet zählte mal wieder Geld. Er macht das sehr altmodisch für mein Gefühl. Warum er diese bunten Scheine nur in einem alten Koffer aufhob, den ein Gast vergessen hatte? Aber vielleicht traute er den elektronischen Medien einfach nicht. Hihi, mit gutem Grund.
Das spillerige Mädchen saß mit der knochigen Tante in der Halle und machte wieder hungrige Augen. Wahrscheinlich hoffte es, unter den anwesenden Herren den Mann fürs Leben zu finden. Durch jahrhundertelanges Beobachten der menschlichen Rasse hatte ich gelernt, dass sie alle gleich sind, die Mädels. Bis auf das eine - na ja, aber das ist eben lange her. Die Herren hingegen zeigten keinerlei Interesse an dem zu klein und zu dünn geratenen Geschöpf, obwohl es seine roten Haare heute zu einer wilden Wolke aufgezwirbelt hatte.
Ich beschloss, durch den Garten zu streifen, einfach weil die Nacht schön war. Es erinnerte mich an frühere Zeiten, als ich in den Nächten des jungen Mondes auf Jagd gegangen bin. Wenn es noch etwas Besseres gibt als Spuken, dann ist es die Jagd. Die kommt gleich nach Schlafen. Und noch vor Putzen. Und dazwischen ist Fressen. Und die Kätzinnen.
Ach, wieder ein leibhaftiger Kater sein!
Bin ich denn verdammt, für ewig und alle Zeiten zwischen den Welten zu leben? Warum habe ich damals die Hand nicht ergriffen, die sich nach mir ausstreckte, um mich emporzuziehen? Ich hätte aufheulen können wie ein Schlosshund, um dieses völlig unpassende Bild zu verwenden.
Eine Weile blieb ich in Trauer versunken an der Eibenhecke hängen und bejammerte mich selbst. Das passiert mir besonders oft in den Nächten vor der Sommersonnenwende.
Aber schließlich riss ich mich zusammen. Davon wurde es auch nicht besser. Lieber nachsehen, was sich sonst noch tat. Zumindest war es in der letzten Zeit einigermaßen unterhaltsam im Revier.
Hinter der Eibenhecke stand Arthur Dougals Haus. In den zehn Jahren, die er hier wohnt, bin ich erst zweimal dort gewesen. Es irritiert mich. Oder besser, er irritiert mich. Das erste Mal, gerade als er eingezogen war, schlich ich mich des Nachts zu ihm. Arthur lag da, als ob er schliefe, aber dann, als ich direkt neben ihm saß, um ihn mir anzugucken, öffnete er die Augen. Ich war selbstverständlich in meiner für normale Menschen unsichtbaren Form dort. Aber ich hatte das ausgesprochen unangenehme Gefühl, dass er mich trotzdem wahrnahm. UND sich nicht fürchtete. Darum verzog ich mich schnellstens wieder.
Das zweite Mal traf ich Arthur abends, als er vor seinem Kamin saß und auf der Harfe spielte. Seine Stimme und der Klang der Saiten brachten mich zum Vibrieren, wodurch ich völlig unkontrolliert zu schnurren begann. Das war mir so peinlich, dass ich eilends flüchtete. Ich habe bisher nicht herausgefunden, was der
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