MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten
an. Mit einer überaus weiblichen Stimme.«
»Oh. Nun, ich hoffe, wir haben jetzt keine Probleme mehr.«
»Das hoffe ich auch. Ich habe keine Zeit mit irgendwelchen Spielereien zu verschwenden.«
Ken arbeitete weiter an seiner komischen Tabelle, und ich ließ ihn eine Weile ungeschoren. Dann holte ich zum Großangriff aus. Eine Pfote zum Laptop, eine zum Handy. Mal sehen, was ich damit erreichte.
Ahhh, traumhaft. Aus dem Drucker am Laptop begann Papier zu quellen, das Telefon erzählte: »Der Flug Nummer sieben-fünf-zwei nach Johannesburg trifft pünktlich um neunzehn Uhr sechsundvierzig ein. Der Flug Nummer...«
Und auf dem Bildschirm heulten drei wild feuernde Kampfflugzeuge im Sturzflug umeinander. Es war hinreißend. Ken saß mit leicht irrem Blick vor den Geräten. Er bewies eine gewisse Geistesgegenwart, das Telefon abzustellen, doch das dicht bedruckte Papier wurde weiter ausgespuckt.
Er nahm sich ein Blatt vor, fuhr sich durch die Haare, bis sie nach allen Seiten abstanden, und schnaufte dann: »Flugpläne? Was soll dieser verdammte Mist? Mein Gott, ich werd noch wahnsinnig.«
Das wollte ich denn doch vorerst noch vermeiden. Dazu hatte ich viel zu viel Spaß mit ihm. Ich begab mich aus dem Kribbelkreis heraus, und schon verhielt sich das Aggregat völlig normal. Ken nahm noch ein paar Aktionen auf der Tastatur vor und schaltete dann den Laptop aus. Dann stürzte er aus dem Zimmer zu dem öffentlichen Telefon in der Halle. Na, sollte er. Wahrscheinlich muffte ihn sein Dr. von Ermesmühle auch noch ordentlich an. Mir schien, er hatte nicht sehr viel Humor - This it is, and nothing more. 12
Ein enttäuschendes Abendessen
Nach dem ausgedehnten Wannenbad - hoch lebe das altmodische Badezimmer, das ein Ungetüm auf Löwenfüßen beherbergte, dessen heiße Wogen mich schier verschlingen wollten - legte ich mich ein Weilchen auf das Bett, um vor mich hin zu dösen. Der fehlende Schlaf forderte eben auch bei mir seinen Tribut. Sicherheitshalber stellte ich den Wecker auf halb sieben, dann überließ ich mich dem wohlig entspannten Gefühl meines durch und durch gewärmten Körpers. Meine Gedanken fingen an zu wandern, streiften durch das alte Schloss, über das Moor hin zu dem alten Steinkreis. Dann dämmerte ich ein.
Kurz bevor der Wecker klingeln sollte, wachte ich von allein auf mit dem dringenden Gefühl, die letzten Fetzen eines Traums festhalten zu müssen. Aber ich erwischte nichts Greifbares mehr, nur eine ferne Erinnerung an einen schönen Frühsommertag, ein glückliches Lachen, einen zarten Kuss.
Schade, mehr hatte ich davon nicht behalten. Dennoch tröstete ich mich mit dem Gedanken, der Traum würde, wenn er wichtig war, noch einmal wiederkehren. Das hatte ich schon mehrere Male erlebt. Ich weiß, ich weiß, ich bin viel zu versponnen, weil ich solchen Dingen Wichtigkeit beimesse. Es macht mich in den Augen anderer zu einer lebensuntauglichen Fantastin. Darum habe ich mir angewöhnt, so wenig wie möglich darüber zu sprechen. Aber ich sehe nun mal Dinge, die anderen Menschen verborgen bleiben. Nicht immer, aber in bestimmten Konstellationen weiß ich einfach, dass da noch etwas mehr existiert als nur die greifbare Realität. Vor allem an alten Stätten, an denen Menschen vor Zeiten einmal starke Gefühle gehabt hatten. Es kommt mir vor, als würde ein Rest dieser Gefühle an diesen Orten gebunden bleiben. Und mir ist es eben zufällig möglich, einen Teil davon zu visualisieren. Das war mir im Grunde schon immer bekannt, doch als Kind war die Unterscheidungsfähigkeit noch nicht so groß, und ich muss meine Umwelt einige Male reichlich in Erstaunen versetzt haben, wenn ich lustig darauflosplauderte, wem ich alles begegnet war.
Meine Mutter war die Einzige, die mich deshalb nicht Träumerli schimpfte, sondern mit ungewöhnlichem Verständnis behandelte. Heute glaube ich, sie hatte ähnliche Erfahrungen gemacht. Jedenfalls führte sie mich behutsam dahin, meine Gesichte für mich zu behalten und nur ihr davon zu erzählen. Es war unser ganz persönliches Geheimnis.
Weil ich, seit ich denken kann, diese Visionen habe, fehlte mir auch jegliche Angst vor Geistern und Gespenstern. Die in Kino und Fernsehen gezeigten Mystery- oder Horrorfilme sah ich mir gar nicht erst an. Meine Begegnungen waren bislang weitgehend undramatisch, manchmal sogar regelrecht schön und ergreifend, so wie heute das Treffen von zwei Liebenden in einem romantischen Steinkreis.
Oder das kleine Mädchen im Garten. Das
Weitere Kostenlose Bücher