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Madam Wilkin's Palazzo

Madam Wilkin's Palazzo

Titel: Madam Wilkin's Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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ihrem
Zimmer installieren zu lassen. Sie rief Palmerston von dort aus an, und er nahm
die Einladung enthusiastisch auf, so daß sie sich allmählich wirklich fragte,
ob Lydia Ouspenska nicht vielleicht doch recht gehabt hatte, was Palmerston und
die Frauenwelt betraf. Bittersohn verließ sie und ging wieder seinen
mysteriösen Geschäften nach, und Sarah begab sich nach unten, um nachzusehen,
ob Mrs. Sorpende noch in der Bibliothek war und Lust hatte, ihr bei der
Bewirtung von Brooks’ neuem Chef zu helfen.
    »Ich würde mich wirklich freuen, wenn
ich etwas für Mr. Brooks Kellings beruflichen Werdegang tun könnte«, erwiderte
die Dame freundlich. »Er ist ein äußerst gescheiter Mann und ein reizender
Gesprächspartner. Seine Ausführungen über die Wasseramsel und das Goldhähnchen
waren höchst lehrreich, fanden Sie nicht? Dürfte ich vielleicht die Sandwiches
zum Tee vorbereiten? Wie Sie wissen, habe ich darin viel professionelle
Erfahrung, und das kleine Abenteuer am Sonntag in der Küche habe ich wirklich
genossen.«
    »Und wir haben das Ergebnis auch sehr
genossen. Selbstverständlich dürfen Sie! Am besten machen Sie recht viele
Sandwiches. Mr. Palmerston verschlingt nämlich ungeheure Mengen. Und
vielleicht«, fügte Sarah nachdenklich hinzu, »wäre es eine gute Idee, auch ein
wenig gemahlenes Glas mit unter den Aufstrich zu mischen.«
     
     

Kapitel
9
     
     
     
     
     
     
     
    U nter normalen Umständen hätte Sarah
wahrscheinlich alles mögliche auf sich genommen, nur um nicht mit Mr. C. Edwald
Palmerston Tee trinken zu müssen, und selbst jetzt noch verspürte sie das
Bedürfnis nach frischer Luft, um sich für das unangenehme Treffen zu wappnen.
Gegen vier Uhr, als Mrs. Sorpende glücklich und zufrieden in der Küche
herumhantierte und Mariposa oben dabei war, ihre poppige orangefarbene
Dienstkleidung mit neuen gelb- und orangekarierten Häubchenbändern
aufzufrischen, zog sich Sarah den Mantel über und schlenderte die Charles
Street hinunter.
    Charles Street, die
Hauptverkehrsstraße, die unten am Beacon Hill am Fluß entlang verläuft, bevor
man den Storrow Drive und den Esplanade-Park erreicht, ist bekannt für ihre
Geschäfte — Blumenläden, Lebensmittelgeschäfte, Boutiquen aller Art und vor
allem für ihre zahlreichen Antiquitätenläden. Im Schaufenster eines dieser
Geschäfte befanden sich Möpse aus Porzellan, die allesamt den Betrachter
anzuknurren schienen. Sarah blieb stehen, um zurückzuknurren, und bemerkte
dabei eine Bewegung im Inneren des Geschäfts, die ihre Aufmerksamkeit erregte.
    Was sie gesehen hatte, waren die
feingliedrigen Hände von Bill Jones, die genauso unruhig wie am Abendbrottisch
schienen. Sie spähte unauffällig hinein, wie Bill es wohl auch von ihr erwartet
hätte. Sein Kopf befand sich direkt am Ohr eines Antiquitätenhändlers, seine
Lippen bewegten sich kaum. Sarah hatte sich jedoch zu Lebzeiten von Tante
Caroline so viel mit Gebärden- und Zeichensprache beschäftigt, daß es ihr
leichtfiel, die beredten Gesten zu deuten. Bill sprach über Gemälde. Gestohlene
Gemälde. Ganz konkret: über die Gemälde, die man aus Madam Wilkins’ Palazzo
entwendet hatte.
    In dem vollgestopften Raum befand sich
noch ein dritter Mann, der sich in einem Savonarola-Sessel räkelte. Sarah
kannte auch ihn. Es war der Pianist, der es am Sonntag geschafft hatte, Nick
Fieringers Konzert vor der totalen Katastrophe zu bewahren. Soweit sie
feststellen konnte, war er relativ nüchtern.
    Aber was hatte all das wohl zu
bedeuten? Sarah kannte den Antiquitätenhändler flüchtig. In der harten Zeit
nach Alexanders Tod, als sie festgestellt hatte, daß sie völlig mittellos war,
und ihr eine Zwangsvollstreckung gedroht hatte, weil sie nicht in der Lage
gewesen war, die Hypotheken zurückzuzahlen, von denen sie vorher nichts gewußt
hatte, war sie in ihrer Verzweiflung zu ebendiesem Mr. Hayre gegangen und hatte
ihm einige Familienerbstücke angeboten. Ob er wohl ein gestohlenes Gemälde
kaufen würde? Sie erinnerte sich daran, was er ihr für ein chinesisches
Teeservice bezahlt hatte und für welche Summe er es schließlich wieder verkauft
hatte, und kam zu dem Schluß, daß es ihm durchaus zuzutrauen war. Sie eilte
zurück nach Hause, in der Hoffnung, schnell mit Mr. Bittersohn ein kurzes
Gespräch unter vier Augen führen zu können, aber sie kam zu spät. Er war schon
mit Mrs. Sorpende in der Bibliothek, und Mariposa schwirrte in der
Seitenkulisse umher, bereit für ihren Auftritt

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