Madam Wilkin's Palazzo
Wahrscheinlich erklärt er
sie gerade für authentisch. Sie sehen, Madam, wir haben es mit einem wirklich
raffinierten Kerl zu tun.«
Charles, der erst vor kurzem aus der
Plastikfabrik heimgekehrt war und sich blitzschnell wieder in einen Butler
verwandelt hatte, eilte durch den Flur, um die Tür zu öffnen, denn es hatte
geklingelt. Kurz darauf ließ er ein bedauerndes Hüsteln vernehmen. »Mr.
Palmerston ist gerade gekommen, Madam. Wird er zum Abendessen bleiben?«
»Auf gar keinen Fall«, sagte Sarah.
»Aber führen Sie ihn nur herein. Mr. Bittersohn, sollen Brooks und ich Sie mit
ihm allein lassen?«
»Nein, bleiben Sie ruhig hier. Jetzt
wird es interessant.«
Palmerston folgte Charles auf dem Fuße.
»Bittersohn, ich kann Ihnen die freudige Mitteilung machen, daß ich inzwischen
alles bestens unter Kontrolle habe.«
»Großartig«, sagte Bittersohn.
»Das kann man wohl sagen. Ich hatte den
genialen Einfall, die Auswertungen Ihres — eh — Freundes durch einen wirklichen
Experten überprüfen zu lassen. Mit dieser Aufgabe habe ich Doktor Aguinaldo Ruy
Lopez betraut. Wie Sie sicher wissen, ist er einer der führenden Experten für
die Malerei aus der Zeit vor und nach der Renaissance.«
»Und wie steht es mit der Zeit
dazwischen?« fragte Bittersohn.
Palmerston tat so, als habe er die
Bemerkung nicht gehört. »Ich habe Dr. Aguinaldo Ruy Lopez auf eigene Kosten
nach Boston einfliegen lassen. Er ist heute morgen sofort ins Wilkins-Museum
gekommen und hat den größten Teil des Tages dort zugebracht, um die Gemälde zu
prüfen, deren Echtheit Sie angezweifelt hatten. Er hat mir mitgeteilt, daß Ihre
Einschätzung auf der Grundlage seiner eigenen gründlichen Untersuchung — hören
Sie genau zu — « Palmerston unterstrich jedes einzelne Wort mit einer drohenden
Bewegung seines knochigen Zeigefingers —, »seiner — eigenen — gründlichen —
Untersuchung in nahezu jedem Fall falsch ist.«
»Demnach hat sich auch der Kurator vom
Metropolitan Museum geirrt?«
»Es gibt«, sagte Palmerston mit
aristokratischem Hochmut, »schließlich so etwas wie Neid unter Berufskollegen.
Aber das will ich natürlich beileibe niemandem unterstellen. Lassen Sie uns die
ganze Sache mit Nachsicht behandeln und davon ausgehen, daß Sie und Ihre — eh —
Kollegen, wer sie auch sein mögen, sich davon haben täuschen lassen, daß
möglicherweise sehr alte Kopien der Gemälde existieren oder daß sogar moderne
Kopien hergestellt worden sind, die dann offenbar als Originale verkauft
wurden. Dr. Ruy Lopez hat mir erklärt, daß dergleichen gelegentlich von — eh —
skrupellosen Personen praktiziert wird.«
»Dr. Ruy Lopez kennt sich in diesen
Fragen bestimmt bestens aus. Darf ich mir die Frage erlauben, warum Sie
ausgerechnet ihn zu Rate gezogen haben?«
»Um ehrlich zu sein, mir selbst war er
eigentlich unbekannt. Zunächst hatte ich auch die Absicht, mich an jemanden zu
wenden, der mir persönlich bekannt war. Nach gründlicher Überlegung schien es
mir jedoch klüger, einen Sachverständigen hinzuzuziehen, der mit keinem der
hiesigen Museen zu tun hat und bei dem ich mich daher darauf verlassen kann,
daß seine Haltung nicht — eh — von regionaler Beschränktheit ist. Daraufhin
habe ich mich mit verschiedenen Personen beratschlagt, deren Meinung ich
respektiere. Es wurden mehrere Namen genannt, und man kam zu dem Schluß, daß
Dr. Ruy Lopez der geeignete Kandidat für uns ist. Ein kurzer Anruf nach Übersee
und eine kleine Verhandlung mit einer der großen Fluggesellschaften, und schon
war alles in die Wege geleitet.« Er beglückte sie mit einem selbstgefälligen
Grinsen.
»Ich nehme an, Mrs. Tawne hat Dr. Ruy
Lopez vorgeschlagen«, bemerkte Sarah mit Unschuldsmiene.
»Nein, es war unser musikalischer
Direktor Mr. Nicholas Fieringer.«
Bittersohn sah plötzlich etwas blaß
aus.
»Dr. Ruy Lopez hat mir allerdings drei
Gemälde genannt, von denen er annimmt, daß sie tatsächlich gefälscht sind.«
Palmerston zog ein goldgeprägtes Ledernotizbuch aus der Tasche, das vor Zetteln
nur so strotzte. »Ach ja, hier sind sie ja schon. Diese Gemälde, sagt er, sind
Kopien aus der Zeit nach der Renaissance, mit denen man seiner Meinung nach
Mrs. Wilkins beim Kauf betrogen hat.«
»Und Sie sind bereit, seinem Urteil
Glauben zu schenken, obwohl drei andere Experten das Gegenteil behaupten?«
»Ich sehe nicht ein, warum ich das
nicht sollte. Das unvoreingenommene Urteil eines herausragenden
Wissenschaftlers scheint mir
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