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Madam Wilkin's Palazzo

Madam Wilkin's Palazzo

Titel: Madam Wilkin's Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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nicht?«
    »Genau.« Fieringer lächelte breit und
wischte sich die Stirn. »Ein viel zu großes Problem für einen einzigen
Experten. ›Am besten holen wir uns jemanden, der über internationale Erfahrung
verfügt‹, sagt Palmerston.«
    »Kennen Sie denn jemanden mit mehr
internationaler Erfahrung als Mr. Bittersohn? Wir wissen nie genau, ob er aus
Brüssel oder Bangkok anruft, wenn er uns mitteilt, daß er zu spät zum Essen
kommt.«
    Fieringer schwitzte immer mehr. »Schöne
Lady, ich weiß nur, daß Palmerston mein Chef ist. Er fragt mich, wer ist der
Beste. Ich sage, nach Bittersohn ist es Ruy Lopez. ›Dann holen wir uns eben Ruy
Lopez‹, sagt er. Glauben Sie mir, mehr hatte ich mit der ganzen Sache gar nicht
zu tun.«
    »Woher kannten Sie eigentlich Dr. Ruy
Lopez?«
    »Den Namen habe ich irgendwo gehört.
Jeder kennt mich und erzählt mir alles mögliche. Ich erzähle es Palmerston, er
verfolgt die Sache weiter.«
    »Oh, dann waren Sie es nicht, der den
Kontakt hergestellt hat?«
    »Ich? Wenn es ein Fagottspieler wäre,
hätte mir Palmerston vielleicht die Aufgabe überlassen. Aber bei einer so
wichtigen Sache verläßt er sich doch nicht bloß auf den alten Nick Fieringer,
wo denken Sie hin? Er fragt dann natürlich auch noch im Art Museum, vielleicht
auch im Fogg, im Busch-Reisinger und wer weiß wo noch. Sie sagen auch alle, er
soll sich Ruy Lopez holen, also holt er ihn.«
    »Dann wußten ja mehrere Personen von
seinem Vorhaben?«
    »Aber sicher. Palmerston hängt immer
alles an die große Glocke.«
    Und nach all der Mühe hatte er
lediglich jemanden wie Lupe aufgetrieben. »Wie bemerkenswert«, sagte Sarah.
     
     

Kapitel
16
     
     
     
     
     
     
     
    B emerkenswert war außerdem, wie stark
Fieringer schwitzte. Sein gelbliches Gesicht glänzte wie ein Vollmond. Mit der
einen Hand umklammerte er krampfhaft ein nasses, zerknülltes Taschentuch.
Riesige dunkle Schweißringe wuchsen unter den Achseln seiner grauen Anzugjacke.
In dem adretten kleinen Zimmer mit den weißlackierten Möbeln und dem geblümten
Chintz wirkte er einfach monströs. Sarah wünschte sich verzweifelt, er möge
wieder gehen, doch sie wußte, daß sie ihn erst loswerden würde, wenn Bittersohn
wieder da war.
    »Darf ich Ihnen etwas zu trinken
anbieten?« drängte sie. »Vielleicht einen Kaffee? Oder hätten Sie lieber einen
Likör? Oder ein kaltes Bier?«
    »Am liebsten ein Bier.« Er befeuchtete
seine Lippen mit der Zunge. Es war sonnenklar, daß der alte Nick diesen Besuch
genauso unangenehm fand wie Sarah, jedoch nicht zu gehen gedachte, bevor er mit
Bittersohn persönlich gesprochen hatte. Warum? Vielleicht kannte er die wahre
Identität jenes angeblichen Ruy Lopez, der in Madams Palazzo erschienen war,
und wollte herausfinden, ob Bittersohn es auch wußte? Vielleicht hatte
Palmerston ihn geschickt, um sicherzugehen, daß Bittersohn den Fall wirklich
aufgab? Oder verspürte dieser dicke alte Mann lediglich das Bedürfnis, Frieden
zu schließen? Konnte er es nicht ertragen, wenn man auf ihn wütend war?
    Während der musikliebende Falstaff
geräuschvoll das Bier trank, das Charles ihm geholt hatte, wurde Sarah bewußt,
wie fürchterlich unwohl man sich doch in seiner Nähe fühlte. Er war zwar nicht
ungepflegt, aber so schrecklich feist und schwammig! Und dazu diese
übertriebene Überschwenglichkeit, unter der man die kaum erträgliche Spannung,
die einen ganz nervös machte, mehr als deutlich spüren konnte. Allmählich
fragte sie sich, ob Nick wirklich so beliebt war. Überall Kumpel und Bekannte
zu haben, konnte auch bedeuten, daß man nirgendwo wirkliche Freunde hatte. Und
das wußte er wohl selbst auch. Was für ein schreckliches Leben für einen
sensiblen Menschen.
    »Ich werde Charles bitten. Ihnen noch
ein frisches Bier zu holen.«
    Sie tat jetzt genau das, was wohl alle
taten. Nick Fieringer gegenüber war man immer übertrieben freundlich und
höflich, weil man sich seiner wahren Empfindungen schämte. Man wußte genau, daß
es unfair war, einen Mann zu verachten, nur weil er so gräßlich aussah, doch
wie konnte man seine instinktive Abscheu unter Kontrolle bekommen? Ob er wohl
niemals Lust hatte, sich dafür zu rächen? Vielleicht hatte er genau das in
Madams Palazzo getan?
    Wenn Nicholas Fieringers Rache an
Boston wirklich darin bestand, der Stadt Kunstschätze für viele Millionen
Dollar zu rauben, was hatte er dann bloß mit seinen Einnahmen gemacht? Er war
bekannt dafür, daß er ständig knapp bei Kasse war.

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