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Madam Wilkin's Palazzo

Madam Wilkin's Palazzo

Titel: Madam Wilkin's Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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gedacht hat,
sich umzubringen. Und wenn sie es doch getan haben sollte, dann hätte sie
bestimmt keine Methode gewählt, die so schmerzhaft, unangenehm und
unspektakulär ist wie Arsen. Sie hätte sich eher mitten im Boston Common
hingehockt und mit einem Schwert von Iwan dem Schrecklichen Harakiri begangen
oder etwas in dem Stil. Und sie hätte damit gewartet, bis sich ein
Riesenpublikum um sie geschart hätte, das sie davon abhalten konnte.«
    »Ge-nau«, sagte Bill.
    »Dürfen wir uns hier ein bißchen
umsehen?« fragte Bittersohn.
    »Natürlich. Ist doch nicht meine Bude.
Oh, he, vielleicht sollte ich mir ‘ne Hose oder so was anziehen?«
    »Warum gehen Sie nicht einfach wieder
ins Bett?« schlug Sarah vor.
    »Nei-in. Ich will sehen, wie Maxie
ermittelt. Wie weißt du eigentlich, wann du einen Anhaltspunkt vor dir hast,
Kumpel?«
    »Wenn ich mit dem Schienbein dagegen
stoße.« Bittersohn hielt ein noch unfertiges Bild in die Höhe und versuchte,
mit einem wunderschönen Taschentuch aus irischem Leinen die Farbflecken von
seiner teuren englischen Hose abzuwischen. »Was hältst du davon?«
    Nur mit seinen lavendelfarbenen Shorts
bekleidet, bahnte sich Bill auf seinen zierlichen, nackten Füßen einen Weg
durch das vollgestellte Zimmer, indem er über das Durcheinander von Schemeln,
Taburetts und Schirmständern kletterte, um einen genauen Blick auf die Leinwand
werfen zu können. Er kratzte sich in den tiefschwarzen Locken. »Sieht ganz so
aus wie zwei Drittel von einem Murillo.«
    »Genau das ist es auch, Junge. Bei
Madam gibt es genau denselben. Ungefähr das einzige Original, das noch da ist,
wenigstens schien es am Sonntag noch ganz so, jedenfalls soweit ich sehen
konnte. Aber es soll offenbar ebenfalls ausgetauscht werden.«
    »Klaro, aber ein Murillo? Wer kauft
denn schon einen heißen Murillo?«
    »Irgend jemand findet sich wohl immer.
Meinst du, daß Lydia das hier gemalt haben könnte?«
    Bill begutachtete das Bild mit seinem
Expertenblick. »Lydia ist wirklich gut, weißt du. Die Ikonen, die sie gemalt
hat — das mit den Ikonen hast du doch sicher schon herausgefunden, nicht?«
    »Sarah hat es entdeckt.«
    »Sind sie nicht gut? Wie ich schon
sagte, diese Ikonen sind echte Kunstwerke. Ich meine, jeder, der eine dieser
Ikonen kauft, bekommt etwas für sein Geld, selbst wenn er nicht das gekauft
hat, was er sich eigentlich vorgestellt hat. Aber das — « Bill zog den
quastenverzierten Seidenschirm einer zierlichen Boudoirlampe heran und hielt
das Licht näher an das Bild. »Maxie, kapierst du, was ich sagen will? Ich
meine, schlecht ist die Arbeit hier auch nicht gerade.« Seine freie Hand machte
schnelle Bewegungen in Richtung Leinwand. »Gekonnt. Aber Lydia ist eine
Ikonenmalerin. Kapierst du, Maxie?«
    Sogar Sarah kapierte. Die stark
stilisierten Miniaturen mit ihren penibel ausgeführten einzelnen Bildelementen
unterschieden sich zu sehr von der sinnlichen, lebhaften, süßlichen Schönheit
des Murillo. Man sollte eigentlich erwarten, daß wenigstens Anflüge der
strengen Feierlichkeit der byzantinischen Technik in allem, was Lydia malte, zu
erkennen sein würden.
    »Du warst doch der Meinung, daß die
Kopien im Wilkins alle von ein und derselben Person gemalt worden sind«, hakte
Bittersohn nach. »Ist dieses Bild auch von dieser Person?«
    Bill drehte und wand sich wie ein Aal,
malte noch mehr Bilder in die Luft und gefährdete damit seine locker sitzenden
Satinshorts. »Das will mir nicht in den Schädel. Verstehst du, Maxie, wenn
Lydia wirklich all diese Kopien gemalt hat, dann bedeutet das doch, daß sie
seit über 30 Jahren ihren Mund gehalten hat. Ich meine damit, kannst du dir
vorstellen, daß Lydia es schafft, ein Geheimnis auch nur länger als 30 Minuten
für sich zu behalten? Sie hat doch auch ein Riesengeheimnis um Jack Hayre
gemacht, und wie lange hat Sarah gebraucht, um es zu lüften?«
    »Ich wußte, daß sie Ikonen fälschte,
nachdem ich sie ungefähr eine halbe Stunde kannte, und daß Mr. Hayre sie
verschiebt, oder wie man das nennt, als ich gestern eine in seinem Schaufenster
stehen sah«, erwiderte Sarah. »Und dabei habe ich nicht einmal
herumgeschnüffelt. Lydia hat sie mir freiwillig gezeigt. Sie war einfach stolz
auf ihre Arbeit. Nun, das kann sie ja wohl auch sein, wenn man bedenkt, wie
hervorragend sie vom Technischen her sind. Und was die Ikone betrifft, die
stand mitten im Fenster. Ich konnte sie also kaum übersehen, oder?«
    »Nei-ein.«
    »Hier will offenbar jemand

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