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Madam Wilkin's Palazzo

Madam Wilkin's Palazzo

Titel: Madam Wilkin's Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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dämlich sein?«
jammerte Sarah. »Es war doch die ganze Zeit sonnenklar. Dolores ist eine
hervorragende Kopistin, sie hat mir Fotos von einigen Porträts gezeigt, die sie
nach Fotografien angefertigt hat, und man konnte Original und Kopie kaum
unterscheiden. Außerdem war es für sie überhaupt kein Problem, sich die Bilder
aus dem Museum zu holen und wieder zurückzubringen. Sie brauchte nur zu sagen,
daß sie das Original in ihrem Atelier benötigte, um den Firnis zu erneuern oder
so, und hängte dann die Kopie ins Museum.«
    »Ich habe sie ganz am Anfang in Verdacht
gehabt«, gab Bittersohn verlegen zu, »aber diese Möglichkeit schien mir einfach
so verdammt offensichtlich, daß ich nicht glauben konnte, daß die Erklärung so
einfach war. Außerdem bringen einen ihre kräftigen Fesseln irgendwie aus dem
Konzept.«
    »Ich weiß. Sie ist das Salz der Erde.
Ist das hier die Eingangshalle? Sag mal, Max, siehst du auch, was ich sehe?«
    Ein gepflegter kleiner Mann mit
sorgfältig pomadisiertem grauem Haar saß in der Nähe des Haupteingangs.
    »Hallo, Frühaufsteher«, sagte Max.
    »Guten Morgen, Kinder«, erwiderte
Cousin Brooks. »Ich habe Ihre Privatnummer angerufen, Bittersohn, um Ihnen
mitzuteilen, daß Lupe und Bengo sicher hinter Schloß und Riegel sitzen. Charles
hat abgehoben und mir erzählt, daß Sie hier sind, also bin ich hergekommen. Ich
war sowieso in der Nähe, das Gefängnis ist nämlich nur um die Ecke. Wie geht’s
Lydia?«
    »Sie ist noch sehr schwach, aber auf
dem Weg der Besserung. Die Jungs sind also gut untergebracht?«
    »Es kann natürlich sein, daß Lupe es
geschafft hat, sich wieder herauszureden, was mich nicht mal wundern würde. Was
liegt als nächstes an?«
    »Wir wollten gerade Dolores Tawne einen
kleinen Besuch abstatten. Übrigens, Kelling, was ich Sie noch fragen wollte,
Sie hegen doch hoffentlich keine — eh — «
    »Zärtlichen Gefühle für sie, meinen
Sie? Keineswegs. Wo wir gerade davon reden«, Cousin Brooks lächelte liebevoll
in die Nacht, als sie das Krankenhaus verließen, um sich wieder einmal auf die
Suche nach einem Taxi zu machen, »ich bin zu dem Schluß gekommen, daß ich mich
zu einer ganz anderen Frau hingezogen fühle. Wie die Kanadagans bin ich nämlich
von Natur aus monogam. Ich bin allen Bindungen aus dem Weg gegangen, bis ich
endlich das Bedürfnis hatte, mich für immer zu paaren. Und jetzt bin ich fest
entschlossen, mich einfangen und beringen zu lassen.«
    »Herzlichen Glückwunsch! Wann soll denn
der Nestbau beginnen?«
    »Das weiß ich nicht. Ich habe Theonia
meine Absichten noch nicht unterbreitet.«
    »Findest du nicht, daß sie es als eine
der ersten erfahren sollte?« fragte Sarah.
    »Ach, verflucht! Ich werde sie schon
fragen, sobald sich die richtige Gelegenheit dazu bietet. Ich kann doch nicht
einfach auf sie herunterstoßen wie ein Habicht auf ein Huhn.«
    »Warum nicht? Sie läßt sich bestimmt
gern im Sturm erobern.«
    »Schade, daß es nicht noch mehr Frauen
ihrer Art gibt«, sagte Bittersohn und schob Sarah stürmisch in ein Taxi, das
für sie angehalten hatte. »Ist es Ihnen je in den Sinn gekommen, Kelling, daß
Dolores Tawne möglicherweise für die ganzen Fälschungen in Madams Palazzo verantwortlich
sein könnte?«
    »Dolores? Ist das Ihr Ernst? Sie kann
doch nicht — oh, doch, sie kann durchaus! Das würde allerdings eine ganze Reihe
erschreckender Möglichkeiten eröffnen. Sollte das nämlich zu treffen, wäre ich
sogar ihr Komplize gewesen, denn ich habe mindestens 30 von den Wilkins-Rahmen
für sie kopiert. Sie hat jedesmal behauptet, sie brauchte sie, um Porträts, die
sie gemalt hatte, zu rahmen.«
    »Haben Sie je eines dieser Porträts
gesehen?«
    »Nein, noch nie. Sie hat es mir nie
angeboten, und ich habe sie nie gebeten, sie mir zu zeigen. Die einzige Arbeit
von ihr, die ich je zu Gesicht bekommen habe, war ein halbfertiges Stilleben,
an dem sie vor ewigen Zeiten mal gearbeitet hat. Es gibt darauf einen
ausgestopften Fasan, den ich als die lächerlichste taxidermische Fehlleistung
bezeichnen würde, die ich mir in meinem ganzen Leben je ansehen mußte. Ich habe
sie auf diverse Fehler aufmerksam gemacht, woraufhin sie stinksauer wurde. Ich
habe immer geglaubt, daß sie mir deshalb keins ihrer Bilder mehr gezeigt hat.«
    »Würden Sie auch vor Gericht aussagen,
daß Dolores Sie gebeten hat, die Rahmen für sie anzufertigen?«
    »Ich kenne doch meine Bürgerpflicht,
Bittersohn. Verflucht noch eins! Das erinnert mich daran, wie

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