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Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Titel: Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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Erinnerung an die bemalten Teller zu Ludwigs XIV. Ruhm.
    In den Romanzen, die sie während der Musikstunde sang, ging es nur um Engelein mit güldenen Flügeln, um Madonnen, Lagunen, Gondolieri, und hinter der stilistischen Einfalt und dem musikalischen Ungeschick dieser friedvollen Kompositionen erahnte sie die verlockenden Gaukeleien der Liebesdinge.«
    Wieso haben Sie sich daran nicht erinnert, als dieses arme Mädchen vom Land, das auf den Bauernhof zurückgekehrt war und einen Dorfarzt zum Heiraten gefunden hatte, eingeladen wird zu einer Abendgesellschaft in einem Schloss, auf welche Sie die Aufmerksamkeit des Gerichts zu lenken versucht haben, um etwas Laszives in einem Walzer zu zeigen, den es getanzt hat! Sie haben sich an diese Erziehung nicht erinnert, als die arme Frau, entführt durch eine Einladung, die sie herausholt aus dem einfachen Haushalt ihres Ehemanns, um sie auf dieses Schloss zu bringen, als sie diese schönen Herren sah, diese schönen Damen, diesen alten Herzog, der, so hieß es, Glück bei Frauen gehabt hatte am Hof! … Der Herr Staatsanwalt hat schöne Regungen gezeigt für die Königin Antoinette! Unter uns war gewiss kein einziger, der sich in Gedanken nicht Ihrem Gedanken angeschlossen hätte. Wie Sie haben auch wir gebebt beim Namen dieses Opfers der Revolutionen; aber hier geht es nicht um Marie-Antoinette, sondern um das Schloss La Vaubyessard.
    Dort war ein alter Herzog, der – so hieß es – ein Verhältnis mit der Königin gehabt haben soll und zu dem alle Blicke schweiften. Und als diese junge Frau sieht, dass sich all die phantastischen Träume ihrer Jugend erfüllen und sie plötzlich mitten in diese Welt versetzt ist, dann wundern Sie sich über den Taumel, den sie verspürte; Sie beschuldigen sie, lasziv gewesen zu sein! Beschuldigen Sie doch den Walzer selbst, diesen Tanz unserer großen modernen Bälle, bei dem, sagt ein Autor, der ihn beschrieben hat, die Frau »sich auf die Schulter ihres Tänzers stützt, dessen Bein sie in Verlegenheit bringt«. Sie finden, dass Madame Bovary in Flauberts Beschreibung lasziv ist. Es gibt doch keinen Mann, und ich nehme Sie davon nicht aus, der, wenn er auf einem Ball war, wenn er diese Art von Walzer gesehen hat, nicht in Gedanken den Wunsch hatte, seine Frau oder seine Tochter möge dieses Vergnügen meiden, das etwas Wildes an sich hat. Wenn man, auf die Keuschheit vertrauend, die ein junges Mädchen umhüllt, ihm manchmal erlaubt, sich diesem Vergnügen hinzugeben, das die Mode üblich gemacht hat, dann muss man sehr stark auf diese Hülle der Keuschheit vertrauen, und auch wenn man darauf vertraut, ist es nicht unmöglich, die Eindrücke auszudrücken, die Monsieur Flaubert im Namen der Sitten und der Keuschheit ausgedrückt hat.
    Nun ist sie also auf dem Schloss La Vaubyessard, nun sieht sie also diesen alten Herzog und beobachtet alles voller Erregung, und Sie rufen: Diese Einzelheiten! Was soll das heißen? Die Einzelheiten sind überall, wenn man nur eine Stelle zitiert.
    »Madame Bovary fiel auf, dass einige Damen ihre Handschuhe nicht in ihr Glas gesteckt hatten.
    Doch am oberen Ende des Tisches, allein unter all diesen Frauen, über seinen vollen Teller gebeugt, die Serviette im Nacken verknotet wie ein Kind, aß ein Greis, Soße tropfte aus seinem Mund. Die Augen waren blutunterlaufen, und er trug ein mit schwarzem Band umwickeltes Zöpfchen. Er war der Schwiegervater des Marquis, der alte Herzog von Laverdière, ehemaliger Günstling des Grafen von Artois, damals, zur Zeit der Jagdpartien in Le Vaudreuil, beim Marquis de Conflans, und es hieß, er sei der Geliebte der Königin Marie-Antoinette gewesen, zwischen den Herren de Coigny und de Lauzun.«
    Verteidigen Sie die Königin, verteidigen Sie sie ganz besonders vor dem Schafott, sagen Sie, dass sie durch ihren Titel ein Recht hatte auf Achtung, aber streichen Sie Ihre Beschuldigungen, wenn man sich damit begnügt zu sagen, es hieß, er sei der Geliebte der Königin gewesen. Werfen Sie uns im Ernst vor, das Andenken dieser unglücklichen Frau verhöhnt zu haben?
    »Er hatte ein stürmisches, ausschweifendes Leben hinter sich, voll mit Duellen, Wetten, entführten Frauen, hatte sein Vermögen durchgebracht und seine ganze Familie in Angst und Schrecken versetzt. Ein Diener hinter seinem Stuhl sagte ihm laut die Namen der Gerichte ins Ohr, auf die er stotternd mit dem Finger wies; und Emmas Augen kehrten ständig von allein zurück zu diesem alten Mann mit hängenden

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