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Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Titel: Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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Théophile Gautier in einigen anderen Fragmenten nachahmt, die vor kurzem veröffentlicht wurden [ L’Artiste hatte Ende 56/Anfang 57 Auszüge aus der Versuchung des heiligen Antonius gebracht]. Der Autor der Madame Bovary gehört, das sieht man, einer Literatur an, die sich für neu hält und die leider Gottes! nichts Neues hat – die nicht einmal jung ist, denn die Jugend, die ihre Inspiration nur aus sich selbst schöpft, hat weniger Erfahrung, weniger technisches Geschick und mehr inspirative Frische.« Den zweiten Verriss, vierzehn Tage später, unterzeichnet der Dichter und Shakespeare-Übersetzer Émile Deschamps, der Flaubert Französischfehler vorrechnet. Der Beschuldigte kommentiert: »Die sind wirklich verbissen, sie schäumen. Wie dumm! Warum das alles?« (16.  Mai 1857 an Jules Duplan). Anatole Claveau im Courrier franco-italien vom 7.  Mai 1857 ist »durch und durch böswillig, was mir vollkommen egal ist, scheißegal«, beruhigt er Jules Duplan zwei Tage später. »Wahrscheinlich ist das maßloser Stolz meinerseits, aber ich versichere Ihnen, ich empfinde gegen den Herrn Claveau keinerlei Hass. Der arme Kerl glaubt, ich schere mich kein bisschen um den Stil! «
    Zum Glück erscheint am 4.  Mai 1857 in Le Moniteur universel ein »Lundi«, eine der berühmten, vielbeachteten Montagskolumnen des Starkritikers Charles-Augustin Sainte-Beuve. »Der Artikel von Sainte-Beuve hat den Bürgern in meiner Provinz die Sprache verschlagen. – Und bestimmt sind die Verkäufe gestiegen«, schreibt Flaubert am 9.  Mai seinem Verleger. Sainte-Beuve hatte Madame Bovary bereits Ende April in einem Brief an den Autor als »meisterliches Buch« gelobt. Sein Artikel ist nuancierter und teilt auch ein wenig Tadel aus, doch im ganzen wird er geprägt von einem wohlwollenden, manchmal etwas väterlich-belehrenden Ton. Bei der Nachwelt freilich sind Sainte-Beuves zwei Rezensionen der Madame Bovary und der Blumen des Bösen Gegenstand endloser Diskussionen geworden. Der »Fall Sainte-Beuve« besteht in der schlichten Frage, warum der größte Kritiker der Epoche die beiden größten Werke der Epoche so verkannt hat, den ersten Roman und den ersten Lyrikband der Moderne. Sainte-Beuve hatte bei allem Respekt gefragt: »Warum gibt es nicht eine einzige Figur, die geeignet wäre, den Leser durch ein gutes Schauspiel zu trösten, sich erholen zu lassen, warum findet er dort nicht einen einzigen Freund?« Was er bemängelte, war gerade das, worauf es Flaubert ankam: die Radikalität, der Wahrheitsanspruch, die Ablehnung von versöhnenden Gesten.
    Nach dem aufsehenerregenden Prozess war ein solcher »Lundi« eine Garantie für Erfolg. Sainte-Beuves ausführliche Besprechung (16 engbedruckte Buchseiten in einer gängigen Auswahl der »Lundis«) schließt mit dem Absatz: »Das Werk insgesamt trägt deutlich den Stempel der Zeit, in der es erschienen ist. Begonnen, heißt es, vor mehreren Jahren, kommt es nun im richtigen Augenblick. Ja, dieses Buch sollte man lesen, nachdem man gerade den klaren und scharfen Dialog einer Komödie von Alexandre Dumas dem Jüngeren gehört oder in Les Faux Bonshommes [Komödie von Théodore Barrière und Ernest Capendu, uraufgeführt am 11. November 1856 im Théâtre des Variétés] Beifall geklatscht hat, zwischen zwei Artikeln von Taine. Denn an vielen Stellen, und in unterschiedlicher Gestalt, vermeine ich neue literarische Zeichen zu erkennen: Wissenschaft, eine gute Beobachtungsgabe, Reife, Kraft, ein wenig Härte. Das sind die Eigenschaften, welche die führenden Köpfe der neuen Generationen aufzuweisen scheinen. Sohn und Bruder bedeutender Ärzte, hält Monsieur Gustave Flaubert die Feder wie andere das Skalpell. Anatomen und Physiologen, ich finde euch überall!« Diesen Skalpell-Vergleich sollte Flaubert nie wieder loswerden, illustriert wurde er später durch eine inzwischen unendlich berühmte Karikatur der Zeitschrift La Parodie vom 5. Dezember 1869.
    Sainte-Beuves Lob für ein unmoralisches Buch zieht eine Reihe empörter Reaktionen nach sich, die durch Flaubert häufig eher Sainte-Beuve im Visier haben. Flaubert seinerseits bedankt sich am 5. Mai 1857 »ergebenst« bei Sainte-Beuve, möchte aber doch etwas klarstellen: »Beurteilen Sie mich nicht nach diesem Roman. Ich gehöre nicht zu der Generation, von der Sie sprechen – wenigstens nicht, was mein Herz betrifft. – Ich lege Wert darauf, der Ihren anzugehören, ich meine damit, der guten, der von 1830. Dort ist alles, was ich

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