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Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Titel: Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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ist wirklich groß:
Kritiker und Leser

    »Kaum waren die ersten Kapitel erschienen, empörten sich die Abonnenten; man schrie ›Skandal‹ und ›Sittenlosigkeit‹. Man schrieb uns Briefe von zweifelhafter Höflichkeit; man beschuldigte uns, Frankreich zu verleumden und vor dem Ausland herabzuwürdigen. ›Was! solche Frauen gibt es! Frauen, die ihren Mann betrügen; die Schulden machen, die Rendezvous in Gärten haben und sich in Gasthöfen herumtreiben! Das ist unvorstellbar! Was! in Frankreich, in unserem schönen Frankreich, in der Provinz, wo die Sitten so rein sind! Werden derlei Dinge gedruckt, um der Regierung zu schaden? In dem Fall macht uns der Hass blind, und wir handeln verbrecherisch vor lauter Ungerechtigkeit.‹ Ich verstand überhaupt nichts mehr, ich zeigte die Briefe Flaubert, und der sagte: ›Die Leute sind alle verrückt!‹« erzählt Maxime Du Camp viele Jahre später.
    Sehr schnell, noch während des Vorabdrucks, erhält Flaubert viel Zuspruch aus dem Freundes- und Bekanntenkreis. So schreibt etwa Jules Duplan (ein Händler für Seidenstoffe und Orientteppiche sowie Sekretär des Kunstsammlers Henri Cernuschi), mit dem Flaubert seit 1851 befreundet ist und der ihm in den späten 1860er Jahren eine wichtige Quelle für die Éducation sentimentale sein wird, Anfang Oktober 1856: »Lieber Flaubert, das hier kommt aus tiefer Freundschaft und ganz ohne Komplimente, ich schwöre es. Ich habe die erste Folge der Bovary gelesen, das ist ausgezeichnet, das ist vollkommen […]. Was die Revue de Paris betrifft, sie wird den Platz, den sie Ihnen eingeräumt hat, nicht bereuen, Ihr Roman ist ihr bestes Buch.«
    Auch die Presse wird bereits während des Vorabdrucks aufmerksam. Le Figaro vom 12. Oktober 1856 berichtet: »Die Handlung ist geschickt geführt, die Charaktere sind aus dem Leben gegriffen und interessant beobachtet. Zu diesem Verdienst gesellt sich ein anderes, meines Erachtens noch höheres, nämlich eine nüchterne, genaue, der Emphase abholde Sprache. Dennoch sollte Monsieur Flaubert, der mir bislang sehr in die Wirklichkeit vernarrt scheint, sich davor hüten, ins Vulgäre abzugleiten; damit würde er hübsche Fähigkeiten verderben.« Natürlich gefällt Flaubert die »nüchterne, der Emphase abholde Sprache«, er lacht sich kaputt, wie er Louis Bouilhet am nächsten Tag schreibt. Und natürlich ärgert er sich über den warnend erhobenen Zeigefinger des Journalisten Edmond About: »Ich garantiere Dir aber, wenn die Dinge zu weit gehen und wenn man mich reizt, bin ich bereit, dem Erstbesten die Fresse zu polieren. Sehr gut! – Die Rouennaiser Schule wird sich durch ihre Brutalität auszeichnen.« Der Ausdruck l’École de Rouen stammte wohl von Maxime Du Camp, ein Scherz im Hinblick auf Flaubert und Bouilhet, dessen Stück Madame de Montarcy zur selben Zeit im Pariser Théâtre de l’Odéon mit großem Erfolg auf die Bühne gebracht wurde.
    Der sich dann rasch ausweitende Skandal und vor allem der bevorstehende Prozess befördern den literarischen Erfolg noch vor Erscheinen des Romans als Buch. Bereits am 16. Januar 1857 schreibt Flaubert seinem Bruder: »Bei alldem setzt die Bovary ihren Erfolg weiter fort. Er ist gepfeffert . Jeder hat sie gelesen, liest sie oder will sie lesen. – Die Strafverfolgung hat mir tausend Sympathien eingebracht. Wenn mein Buch schlecht ist, wird sie helfen, es besser erscheinen zu lassen; wenn es dagegen etwas Bleibendes ist, wird sie ihm ein Piedestal sein.« Und am 20. Januar: »Es gibt in ganz Paris keinen Literaten, der mich nicht gelesen hat und mich nicht verteidigt. Alle verschanzen sich hinter mir. Sie spüren, dass meine Sache die ihre ist.«
    Die Zeitung Le Nord berichtet am 18.  Januar 1857, Alphonse de Lamartine habe die Verteidigung von Flauberts Roman ergriffen und einen Unterstützungsbrief an die Revue de Paris gesandt. Das war einerseits Hilfe von unverhoffter Seite: Die beiden Stellen in Madame Bovary , wo Lamartine erwähnt bzw. zitiert wird (»Sie ließ sich also fortschwemmen von Lamartineschen Mäandern …« auf Seite 57 und die von Emma gesungene Vertonung des berühmten Gedichts »Der See« auf Seite 336, eingeleitet von einem spöttischen »da versäumten sie nicht, große Worte zu machen«), sind nicht gerade schmeichelhaft für den großen und offenbar auch großzügigen alten Mann. Andererseits jedoch eine äußerst kostbare Hilfe: Lamartines Ansehen als Dichter, als ehemaliger Abgeordneter und Minister, der sich 1851 aus

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