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Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Titel: Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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doch dazu dient, den ganzen Charakter der Person ins hellste Licht zu setzen. – Ein lang verhaltener finsterer Zorn bemächtigt sich der ganzen Gattin Bovary; die Türen knallen; der verdutzte Gatte, der es nicht verstanden hat, seiner romanhaften Frau den geringsten geistigen Genuß zu verschaffen, sieht sich auf sein Zimmer verbannt; er büßt seine Untat ab, der schuldige Nichtswisser! und in ihrer Verzweiflung entfährt es Madame Bovary, gleich einer an einen unzulänglichen Hauptmann vermählten kleinen Lady Macbeth: »Ah! warum bin ich nicht wenigstens die Frau eines jener kahlköpfigen und altersgekrümmten Gelehrten, deren Augen hinter grünen Schutzbrillen immerfort auf die Archive der Wissenschaft gerichtet sind! Stolz könnte ich mich an seinem Arme wiegen; ich wäre doch wenigstens die Gefährtin eines Königs des Geistes; statt mit Sklavenbanden an diesen Dummkopf gekettet zu sein, der den Fuß eines Krüppels nicht zu richten versteht! oh!«
    Diese Frau ist in Wahrheit sehr erhaben unter ihresgleichen, in ihrem dürftigen Milieu und angesichts ihres engen Horizonts;
    4 . Selbst in ihrer Klostererziehung finde ich den Beweis für Madame Bovarys zweideutiges Temperament.
    Die braven Schwestern hatten in diesem jungen Mädchen eine erstaunliche Fähigkeit entdeckt, mit dem Leben fertig zu werden, es zu nutzen, seine Genüsse vorauszuahnen; – was alles dem Mann der Tat zugehört!
    Doch das junge Mädchen berauschte sich an der köstlichen Buntheit der Kirchenfenster, an den orientalischen Farben, welche die reichgearbeiteten hohen Scheiben auf ihr Pensionatsgebetbuch warfen; ihre Brust schwoll von den Feiertönen der abendlichen Gottesdienste, und in einem Paradox, das nur den Nerven zur Ehre gereicht, vertauschte sie in ihrer Seele den wahren Gott mit dem Gott ihrer Phantasie, dem Gott der Zukunft und des Zufalls, einem Gott aus dem Album, mit Sporen und Schnurrbart; – und da haben wir den hysterischen Dichter.
    Die Hysterie! Warum sollte dieses physiologische Mysterium nicht den Grund und Untergrund eines literarischen Werkes bilden? dieses Mysterium, das die Wissenschaft der Medizin noch nicht erhellt hat, und das, während es sich bei den Frauen durch die Empfindung manifestiert, als erstickten sie an einer aufsteigenden Kugel (um hier nur das wichtigste Symptom zu erwähnen), bei den nervösen Männern allerlei Schwächeanfälle hervorruft, sie jedoch auch zu jeglicher Überanstrengung befähigt?

V

    Kurzum, diese Frau ist wirklich groß, sie ist vor allem bemitleidenswürdig, und trotz der systematischen Härte des Verfassers, der sich alle Mühe gegeben hat, von seinem Werke abwesend zu sein und sich in der Rolle eines Marionettenspielers zu zeigen, werden alle intellektuellen Frauen ihm Dank wissen, das Weibchen so hoch hinaufgehoben zu haben, so weit entfernt von dem bloßen Tier und so nahe dem idealen Mann, und ihm etwas von jenem doppelten Charakterzug des Kalküls und der Träumerei mitgeteilt zu haben, welcher das vollkommene Wesen ausmacht. Man sagt, Madame Bovary sei lächerlich. In der Tat, da hält sie eine Art Herrn – soll ich so weit gehen, ihn einen Landedelmann zu nennen? –, der Jagdwesten und kontrastreiche Kleidungsstücke trägt, für einen Helden von Walter Scott! und dann verliebt sie sich in einen kleinen Notariatsangestellten (der sich nicht einmal darauf versteht, für seine Geliebte eine gefährliche Tat zu begehen), und zuletzt jagt die arme Erschöpfte, die seltsame Pasiphae, die es in den engen Pferch eines Dorfes verschlagen hat, dem Ideal durch die Kneipen und Gastschenken der Präfektur nach: – was macht’s? Sagen wir, gestehen wir es nur, sie ist ein Cäsar in Carpentras; sie jagt dem Ideal nach!
    Ich werde gewiß nicht wie der Lycanthrope aufrührerischen Andenkens, dieser abgedankte Empörer, sagen: »Bleiben uns nicht, angesichts aller Platitüden und Torheiten unserer Gegenwart, das Zigarettenpapier und der Ehebruch?« Aber ich behaupte, daß, genaugenommen, unsere Welt, die doch von Christus herstammt, alles in allem sehr hart ist, und daß ihr keineswegs das Recht zusteht, den Stein auf die Ehebrecherin zu werfen; und daß einige Minotaurisierte mehr oder weniger die Drehgeschwindigkeit der Sphären nicht beschleunigen und die endgültige Zerstörung des Universums nicht um eine Sekunde früher herbeiführen werden. – Es ist an der Zeit, daß der wie eine Ansteckung sich ausbreitenden Heuchelei ein Ende gemacht wird, und daß es als lächerlich

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