Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)
Landwirtschaftsausstellung der Seine-Inférieure in diesem Jahr nach Yonville-l’Abbaye. Wenigstens verbreitet sich das Gerücht. Heute morgen stand auch etwas in der Zeitung. Für unseren Bezirk wäre das ungeheuer wichtig! Aber wir reden später noch davon! Ich sehe gut, besten Dank; Justin hat die Laterne.«
Anmerkungen
VII.
Mit dem folgenden Morgen begann für Emma ein schwarzer Tag. Alles schien verhüllt in düstere Schleier, die undeutlich an den Dingen hafteten, und der Kummer fegte durch ihre Seele mit leisem Geheul, wie der Winterwind durch verwahrloste Schlösser. Es war jenes Grübeln, dem wir uns hingeben, wenn etwas unwiederbringlich verloren ist, die Niedergeschlagenheit, die uns nach jeder vollendeten Tatsache befällt, jener Schmerz schließlich, der hervorgerufen wird durch den Stillstand jeder gewohnten Bewegung, das jähe Verebben einer stetigen Schwingung.
Wie bei der Rückkehr aus La Vaubyessard, als die Quadrillen durch ihren Kopf wirbelten, befiel sie finstere Melancholie, dumpfe Verzweiflung. Léon wirkte jetzt noch größer, schöner, anziehender, nebulöser; obwohl er getrennt war von ihr, hatte er sie nicht verlassen, er war zugegen, und die Wände ihres Hauses schienen seinen Schatten festzuhalten. Sie konnte ihren Blick nicht losreißen vom Teppich, über den er geschritten war, von den leeren Möbeln, auf denen er gesessen hatte. Der Fluss strömte weiter und trieb seine kleinen Wellen langsam dahin neben dem rutschigen Uferweg. Hier waren sie oft spazierengegangen, im gleichen Gemurmel der Wogen, auf den moosigen Steinen. Wie gut war die Sonne gewesen! wie gut jeder Nachmittag, allein, im Schatten, ganz hinten im Garten! Er las immer laut vor, ohne Kopfbedeckung, auf einem Hocker aus dürren Latten; der frische Wind von der Wiese zerrte an den Blättern des Buches und an der Kapuzinerkresse in der Laube … Ach! nun war er fort, der einzige Zauber in ihrem Leben, die einzige Hoffnung auf Seligkeit! Warum hatte sie nach diesem Glück nicht gegriffen, solange es da war! Warum hatte sie es nicht festgehalten mit beiden Händen, auf beiden Knien, als es entschwinden wollte? Und sie verwünschte sich, weil sie Léon nicht geliebt hatte; es dürstete sie nach seinen Lippen. Das Verlangen überkam sie, ihm nachzueilen, sich in seine Arme zu werfen, ihm zu sagen: »Da bin ich, ich gehöre dir!« Doch Emma ließ sich von den Schwierigkeiten des Unterfangens entmutigen, und ihr Begehren, vermengt mit der Reue, regte sich umso drängender.
Von nun an wurde der Gedanke an Léon zum Mittelpunkt ihrer Langeweile; er knisterte dort stärker als in der russischen Steppe ein Feuer, das Reisende im Schnee zurücklassen. Sie stürzte sich darauf, schmiegte sich an, stocherte vorsichtig in der Glut, die zu erkalten drohte, sie suchte nach allem, was zum Anfachen dienen konnte; und die fernsten Erinnerungen wie die unmittelbarsten Anlässe, was sie empfand und was sie ersann, ihr Verlangen nach Lust, das sich verströmte, ihre Glückspläne, die im Wind knarrten wie abgestorbene Äste, ihre fruchtlose Tugend, ihre verkümmerten Hoffnungen, die häusliche Misere, alles raffte sie zusammen, alles nahm und alles benutzte sie, um ihre Traurigkeit zu schüren.
Doch mit der Zeit loderten die Flammen weniger hoch, denn entweder erschöpfte sich der Vorrat von allein, oder es war zu viel angehäuft worden. Die Liebe erkaltete allmählich durch Abwesenheit, die Wehklage erstickte unter Gewöhnung; und dieser Feuerschein, der ihren fahlen Himmel rötete, wurde immer trüber und verblasste nach und nach. In ihrem tauben Bewusstsein hielt sie sogar den Abscheu vor dem Ehemann für Sehnsucht nach dem Geliebten, das Brennen des Hasses für die Wärme der Zärtlichkeit; weil aber der Sturm immer noch tobte und die Leidenschaft zu Asche verbrannte, keine Hilfe kam, keine Sonne aufging, herrschte überall dunkle Nacht, und sie war verloren in schrecklicher Kälte, die ihr durch Mark und Bein drang.
Wieder begannen die schlimmen Tage von Tostes. Sie fühlte sich noch viel unglücklicher: denn sie hatte Erfahrung mit Kummer und die Gewissheit, er werde nicht enden.
Eine Frau, die so große Opfer gebracht hatte, konnte sich Launen erlauben. Sie kaufte einen altertümlichen Betschemel, und sie zahlte in einem Monat vierzehn Franc für Zitronen, um ihre Fingernägel zu pflegen; sie schrieb nach Rouen wegen eines blauen Kaschmirkleids; sie holte sich bei Lheureux die schönste Seidenschärpe; sie schlang sie über
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