Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)
Pantöffelchen den weichen Teppich; der Tag war gleißend, die Luft lauwarm, und sie hörte ihr Kind aus vollem Halse lachen.
Die Kleine wälzte sich nämlich auf der Wiese, wo Heu gemacht wurde. Sie lag bäuchlings hoch oben auf einem Schober. Das Kindermädchen hielt sie am Rockzipfel. Lestiboudois rechte ringsum, und jedesmal, wenn er in ihre Nähe kam, beugte sie sich vornüber und fuchtelte mit den Armen.
»Bring sie her!« sagte ihre Mutter und stürzte los, um sie zu küssen. »Wie sehr ich dich liebe, mein armes Kind! wie sehr ich dich liebe!«
Als sie dann ihre schmutzigen Ohrläppchen sah, läutete sie rasch nach warmem Wasser und säuberte sie, wechselte die Wäsche, Strümpfe, Schuhe, stellte tausend Fragen nach ihrer Gesundheit, wie bei der Rückkehr von einer Reise, und übergab sie schließlich, unter neuerlichen Liebkosungen und ein paar Tränen, wieder der Dienstmagd, die bass erstaunt war über diesen Ausbruch von Zärtlichkeit.
Rodolphe fand sie am Abend ernster als sonst.
»Das geht vorbei«, sagte er sich, »sie hat Launen.«
Und er ließ dreimal hintereinander auf sich warten. Als er wieder auftauchte, war sie frostig und beinahe herablassend.
»Oh! du vergeudest deine Zeit, mein Püppchen …«
Und er schien weder ihre schwermütigen Seufzer zu bemerken noch das hervorgezogene Taschentuch.
Emma fühlte auf einmal Reue!
Sie fragte sich sogar, warum sie Charles verabscheute und ob es nicht besser gewesen wäre, wenn sie ihn hätte lieben können. Diese wiederaufglimmenden Gefühle fanden an ihm jedoch keinen festen Halt, sodass sie nicht wusste wohin mit ihrem Opferwillen, da aber lieferte der Pharmazeut ihr im rechten Augenblick die Gelegenheit.
Anmerkungen
XI.
Er hatte unlängst eine Lobeshymne auf eine neue Methode der Behandlung von Klumpfüßen gelesen; und da er ein Anhänger des Fortschritts war, fasste er den patriotischen Gedanken, auch Yonville müsse auf die Höhe der Zeit gebracht werden, und zwar durch Strephopodie-Operationen.
»Denn«, sagte er zu Emma, »was riskiert man schon? Überlegen Sie« (und er berechnete an den Fingern die Vorteile eines solchen Versuches); »nahezu gesicherter Erfolg, Linderung und Verschönerung für den Kranken, schnell erlangter Ruhm für den Operateur. Warum sollte zum Beispiel Ihr Mann den armen Hippolyte vom Lion d’or nicht kurieren? Bedenken Sie auch, dass er allen Reisenden von seiner Heilung erzählen würde, und außerdem« (Homais senkte die Stimme und blickte rundherum), »wer möchte mich daran hindern, der Zeitung einen kleinen Vermerk zu schicken? Ja! mein Gott! so ein Artikel kursiert …, man redet davon …, am Ende breitet die Nachricht sich aus wie ein Lauffeuer! Und wer weiß? wer weiß?«
Und tatsächlich konnte Bovary es schaffen; nichts bewies Emma, dass er ungeschickt war, und welche Genugtuung, wenn sie ihn veranlasst hätte zu einem Schritt, der ihm Ansehen und Vermögen mehrte? Sie wollte sich ja nur auf etwas Handfesteres stützen als Liebe.
Vom Pharmazeuten und von ihr bedrängt, ließ Charles sich überzeugen. Er bestellte aus Rouen Doktor Duvals Buch, und den Kopf in die Hände geschmiegt, versenkte er sich allabendlich in die Lektüre.
Während er Pferdefuß, Varus und Valgus studierte, also Strephokatopodie, Strephendopodie und Strephexopodie (oder klarer ausgedrückt, die verschiedenen Fehlstellungen des Fußes nach unten, nach innen oder nach außen) sowie Strephypopodie und Strephanopodie (anders gesagt, Drehung abwärts und Krümmung aufwärts), beschwatzte Homais den Stallburschen vom Gasthof mit allerlei Argumenten, sich operieren zu lassen.
»Du spürst höchstens einen ganz leichten Schmerz; es ist bloß ein Stich, wie bei einem kleinen Aderlass, harmloser als das Entfernen mancher Hühneraugen.«
Hippolyte überlegte, rollte die blöden Augen.
»Außerdem«, fuhr der Apotheker fort, »geht mich das alles nichts an! es ist ja nur deinetwegen! reine Menschenliebe! Ich würde gern erleben, mein Freund, dass dein scheußliches Hinken verschwindet, samt diesem Schlenkern der Kreuzgegend, das dich, auch wenn du es leugnest, gewiss stark beeinträchtigt in der Ausübung deines Berufs.«
Dann schilderte ihm Homais, wieviel alerter und leichtfüßiger er anschließend sein werde, und gab sogar zu verstehen, auf diese Weise habe er sicher mehr Glück bei den Frauen; und mit einemmal lächelte der Stallknecht täppisch. Nun packte er ihn bei der Eitelkeit:
»Bist du kein Mann, sapperlot! Was wäre
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