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Madame de Maintenon

Madame de Maintenon

Titel: Madame de Maintenon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Buckley
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er die Marschallin von Rochefort an die erste Stelle. Sie hatte nichts dagegen, in so ungleicher Gesellschaft zu sein …« Dies schrieb der Herzog von Saint-Simon in den ersten Tagen des Jahres 1680.
    Bis dahin hatte es den Posten einer zweiten Hofdame ( deuxième dame d'atour ) noch gar nicht gegeben. Er war eigens für Françoise geschaffen worden und verschaffte ihr nicht nur eine förmliche Rechtfertigung, am Hof zu bleiben, sondern darüber hinaus eine gewisse Autorität bei Hof. Wie mit den meisten derartigen Posten war sehr wenig wirkliche Arbeit
mit ihm verbunden: Françoise hatte über die Frisur der Dauphine und über einen Teil ihrer Garderobe zu wachen, ohne jedoch einen Finger zu rühren; sie mußte nur geeignete Zofen auswählen und hin und wieder Pelz- oder Seidenwaren bestellen. Innerhalb des Haushalts der Dauphine würde sie der ersten Kammerfrau, der unproblematischen Madame de Rochefort, untergeordnet sein, aber auch, nicht ganz so erfreulich, der Ehrendame der Dauphine, der bösartigen Herzogin von Richelieu. Offensichtlich hatte es schon einige Zeit zuvor Gemunkel über Françoises neuen Posten gegeben. Sechs Wochen vor der offiziellen Verlautbarung hatte Françoise, vielleicht aus Sorge, daß eine allzu große Zuversicht ihrerseits dem König mißfallen könnte, vielleicht auch, weil sie selbst noch nicht restlos davon überzeugt war, ihren Bruder gewarnt, nicht daran zu glauben. »Ich bin keine Kammerfrau
519 «, betonte sie. »Sobald bekanntgegeben wird, wer dem Haushalt der Dauphine angehört, werde ich es Dich wissen lassen. Bis dahin nimm alles, was Du darüber hörst, mit Vorsicht auf. Das Gerücht wird von Leuten verbreitet, die mir übelwollen.«
    Die Dauphine war die Gemahlin des einzigen überlebenden legitimen Kindes des Königs, des neunzehnjährigen Ludwig von Frankreich, am Hof als »Monseigneur« bekannt. Seine Ehe mit der zwanzigjährigen Maria Anna Christine Victoria von Bayern, Tochter eines der sieben Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches, war Ausdruck der wachsenden Macht der österreichisch-deutschen Habsburger auf Kosten ihrer spanischen Vettern. »Das Licht ihrer Intelligenz
520 und ihre reizenden Manieren machten den Mangel einer gewissen, sagen wir, Schönheit … reichlich wett«, berichtete der Diplomat Spanheim, »und erleichterten es dem Dauphin, sie huldvoll anzunehmen.« »Der Dauphin akzeptierte seine Gemahlin
521 so, wie er als Knabe seine Lektionen akzeptiert hatte«, bemerkte Primi Visconti mit ironischem Scharfsinn. »Er wurde in Furcht erzogen.«
    Doch abgesehen von dem Thron, der ihn erwartete, war der Dauphin persönlich nicht gut aufgestellt, um mehr von einer Frau zu erwarten. Selbst Liselotte, nach eigenem Eingeständnis keine Schönheit, hatte ihm gesagt, daß er, »selbst wenn ich ihn von Kopf bis Fuß nackt
522 gesehen hätte, mich nicht in Versuchung hätte führen können«. »Er war ein furchtbarer Fresser
523 «, berichtete der Herzog von Saint-Simon. »Einmal verbrachte er den ganzen Tag mit Essen, und nach dem Abendbrot ging er hinauf, um sich umzuziehen, aber er kam nicht wieder herunter … Schließlich fand man ihn halbnackt und bewußtlos in seinem Zimmer … man verpaßte ihm einen Einlauf. Es dauerte lange, bis er wirkte, aber nach zwei Stunden kam es zu einer gewaltigen Entleerung, oben und unten.« Es war offensichtlich, daß die Braut ihre »reizenden Manieren« benötigen würde.
    Auf der letzten Etappe ihrer Reise von Bayern an den Hof war die Dauphine von Françoise und Bossuet begleitet worden, »und wenn sie denkt
524 , alle Männer und Frauen am Hof seien ebenso intelligent wie diese, wird sie sehr enttäuscht sein«, bemerkte Madame de Sévigné und sprach damit eine peinliche Wahrheit aus, jedenfalls soweit es um die Schwiegermutter des Mädchens ging. »Eines Tages sprach man
525 im Gemach der Königin über die neue Dauphine«, sagte Primi Visconti, »und der Herzog von Montausier sagte zur Königin: Was für ein Geist! Es wird geraume Zeit dauern, sie zu verstehen. Aber das haben die Leute anfangs natürlich auch über Eure Majestät gesagt. Und dann hielt er plötzlich inne, weil ihm bewußt wurde, was er da gerade gesagt hatte. Die Höflinge fingen an zu lachen. Die Königin kapierte natürlich gar nichts.«
    Wenn die junge Dauphine Anlaß hatte, von ihrem Gemahl und ihrer Schwiegermutter enttäuscht zu sein, so enttäuschte auch ihr gefeierter Schwiegervater sie bald. »Kurz darauf«, fuhr Primi fort, »änderte die

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