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Madame de Maintenon

Madame de Maintenon

Titel: Madame de Maintenon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Buckley
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dennoch Père de la Chaise, ihm die Sache zu erklären. Père de la Chaise erläuterte daraufhin nicht nur Madame Guyons persönliche Form von »Quietismus«, sondern auch dessen Beliebtheit in
gewissen prominenten Kreisen des Hofes sowie dessen – ad hoc erfundene – Zusammenhänge mit bestimmten politischen Ansichten, die man als aufrührerisch deuten konnte. Fénélon war, wie Seine Majestät wußte, ein begeisterter Anhänger von Madame Guyon und ein offener Kritiker bestimmter Entscheidungen Seiner Majestät, darunter die Zwangsbekehrung der Hugenotten und die kürzlich erfolgte Erhebung zweier legitimierter Söhne Seiner Majestät, der Herzöge von Maine und Toulouse, zu Prinzen von Geblüt. Die Herzöge von Beauvillier und Chevreuse waren ebenfalls Anhänger von Madame Guyon. Beide hatten bedeutende Posten inne; beide hatten sich der Zerstörung der Pfalz durch den König entgegengestellt; beide waren, was Père de la Chaise nicht erwähnte, seine Feinde und bestrebt, einen frommeren Hof zu schaffen, mit einem König, der nicht so versessen aufs Kriegführen war. Überdies gehörten beide mit ihren Ehefrauen zum engsten Kreis von Françoise, und wenn der Beichtvater dies nicht erwähnte, so deshalb, weil es nicht nötig war.
    Ludwig geriet nicht in Panik und unternahm einstweilen nichts: Beauvillier und Chevreuse gehörten zu seinen vertrautesten Beratern, und seine Frau war, wie etwa die Frau Caesars, über jeden Verdacht erhaben. Doch jetzt war er gewarnt. Jeanne Guyon, die in den Augen von La Reynie keine unmittelbare Gefahr für den Staat darstellte, wurde von Vincennes in die nicht ganz so abschreckende Bastille verlegt, derweil Bossuet und Fénélon wie zwei Hunde, die sich um einen Knochen raufen, die theologische Frage nicht ruhen lassen wollten. »Ich würde lieber sterben
836 , als der Öffentlichkeit eine so skandalöse Szene zu bieten, Monsieur Bossuet zu widersprechen«, erklärte der letztere gegenüber Françoise, bevor er daranging, genau das zu tun, indem er seine Ansichten veröffentlichte – »und mit einer ganz üblen Wirkung
837 «, wie sie anschließend gegenüber Noailles bemerkte. Bossuet, über die Dreistigkeit seines brillanten einstigen Schülers em
pört, veröffentlichte daraufhin seinerseits – was allerdings kein gutes Licht auf ihn warf – eine Reihe persönlicher und angeblich vertraulicher Mitteilungen, die Fénélon ihm geschrieben hatte.
    »Die Quietismus-Affäre
838 verursacht mehr Lärm, als ich gedacht hätte«, notierte Françoise im Herbst 1696. »Darüber sind etliche Leute am Hof ziemlich beunruhigt.« Zu diesen gehörte natürlich auch sie selbst, und ihr bester Schutz bestand nach ihrer Meinung darin, Fénélon zu bewegen, seine Unterstützung für Madame Guyon ein für allemal zurückzunehmen. Doch dazu war er nicht bereit, sei es aus Prinzip, aus Stolz oder mit Blick auf längerfristige Ambitionen, wie Françoise nach Fénélons Abschiedsbesuch im Oktober 1696 Noailles wissen ließ. »Ich habe mit unserem Freund gesprochen
839 «, schrieb sie. »Wir haben ausgiebig, aber in sehr ruhiger Form diskutiert. Ich wünschte, ich wäre so treu und meinen Pflichten so verbunden wie er seiner Freundin. Er hält an ihr fest und läßt sich durch nichts beirren.« Fénélon selbst war offenbar der Meinung, es könne nicht verkehrt sein, wenn er nach beiden Seiten Flagge zeigte: Unbeugsam in seiner Loyalität gegenüber Madame Guyon oder ihren Ideen, versuchte er dennoch in einer Reihe von wehmütigen Briefen, sich Françoises Unterstützung zu bewahren: »warum verschließen Sie uns Ihr Herz
840 ?« schrieb er ihr. »Gott weiß, wie sehr ich darunter leide, dem Menschen Kummer zu bereiten, dem meine beständigste und aufrichtigste Hochachtung und Anhänglichkeit gehört.«
    Trotzdem tat er es auch weiterhin. Mitte 1696 hatte Bossuet in seiner neuen, noch unveröffentlichten Instruktion über die Gebetszustände Fénélon einen letzten Fehdehandschuh vor die Füße geworfen und öffentlich erklärt, Fénélon werde dem Werk zum Zeichen seiner Zustimmung seine eigene Unterschrift hinzufügen. Fénélon nahm den Handschuh auf und schickte das Werk ungelesen an Bossuet zurück. Im Januar 1697 forderte er seinerseits Bossuet heraus:
ein frisch verfaßtes, sehr guyonistisches, sehr quietistisches Dokument mit dem Titel Eine Erklärung der Maximen der Heiligen über das innere Leben , wobei der Ausdruck »Erklärung« ein zusätzlicher kleiner Schlag auf Bossuets großes, aber

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