Madame Fabienne
alles in Ordnung zu sein. Er fuhr also über die Drehbrücke, wo sich tief unter ihm das Hafenbecken befand. Das Wasser war dunkel und glänzte im schwachen Licht. Er ließ die Scheibe auf seiner Seite ein Stück nach unten, damit er den Fahrtwind spüren konnte. Das Wetter war inzwischen ein bisschen milder geworden, zumindest kam es ihm so vor.
Er erreichte nun die Schwanthaler Allee, und als er an der Nummer 228 vorbeifuhr, sah alles wie gewöhnlich aus: Das Eingangstor stand noch offen, und in der Villa brannte im ersten Stock Licht— es war also jemand da. Er parkte den Wagen ein Stück weiter weg. So könnte er das Anwesen beobachten und würde auch nicht gleich auffallen. Am Abendhimmel färbte sich ein Streifen immer noch rot, aber nicht mehr so intensiv wie vorhin, sondern blasser; manchmal frischte auch der Wind auf und blies durch die Platanen, die auf dem Mittelstreifen standen, dann fing es an zu rauschen.
Jean Claude löste den Sicherheitsgurt und streckte sich, damit er mehr sehen konnte, doch bei den geparkten Autos konnte er keinen BMW entdecken. Aber was wäre, wenn sich die Leute vom Sicherheitsdienst in einem der anderen Häuser verschanzt hätten? Das wäre möglich, ließ sich aber nicht prüfen; es blieb also ein Restrisiko. Vielleicht hatte man jetzt auch genug damit zu tun, das neue Angebot zu unterbreiten.
Ob er es mit Fabienne machen könnte? Was ihm wieder durch den Kopf ging, unglaublich. Auf alle Fälle hatte Fabienne einen Vertrauten, und solange er nicht wusste, wer das war, sah es schlecht aus für ihn.
Sein Handy fing nun an zu klingeln, und er brauchte einen Moment, bis er das Gerät aus der Innentasche seines Jacketts gewühlt hatte; dabei fiel ihm auf, dass er immer noch das Foto hatte, das Fabienne am Strand von Brest zeigte. Daran hatte er gar nicht mehr gedacht. Vielleicht könnte er später das Bild wieder in diesen Karton legen, ohne dass es Fabienne bemerkte.
Das Handy klingelte immer noch, und er meldete sich: "Ja."
"Hier ist Martin, altes Haus." Seine Stimme klang so, als wäre er angetrunken. Im Hintergrund hörte man andere sprechen. "Was machst du denn so?"
"Ich?!"
Martin lachte, "Willst du vorbeikommen? Die Fabrik bezahlt alles."
Was sollte das denn? "Wo bist du denn?"
"Im Café."
"Wo?"
Martin lachte wieder, er war betrunken. "Im Café Maxi. Komm doch vorbei."
"Nein, ich..." Es war besser, wenn er verschwieg, wo er war. "Ich hab noch was zu tun."
"Was denn?"
"Es geht jetzt nicht."
Martin sagte etwas, was man nicht verstehen konnte. "Am Sonntag is 'n Spiel."
"Ich komm vorbei. Wir treffen uns am Fußballplatz." Er verabschiedete sich und unterbrach die Verbindung. Ob das jetzt ein Zufall gewesen war, dass Martin Breuer angerufen hatte? Warum bezahlte die Fabrik die Getränke? Vielleicht hatte Martin das einfach nur so gesagt, ohne sich etwas dabei zu denken.
Ein silbergrauer Mercedes fuhr nun durch die Straße und bog aufs Grundstück Nummer 228. Das Eingangstor stand offen, und der Wagen verschwand gleich auf dem Weg, der zur Villa führte. Jean Claude sprang aus dem Audi und hastete auf das Anwesen zu. Er versteckte sich hinter einem der Bäume, die auf dem Mittelstreifen wuchsen.
Von hier konnte er beobachten, wie der Mercedes zur Garage fuhr und schließlich anhielt. Eine rothaarige Frau stieg aus, und da sie ein Stück weit durch das Licht der Scheinwerfer ging, konnte er sie für einen Moment gut sehen: Sie war schlank und trug ein schwarzes Hosenkostüm. Ihre Haare waren gelockt und reichten ihr bis zu den Oberarmen, wahrscheinlich war sie Anfang dreißig.
Die Fremde ließ das Garagentor nach oben und parkte den Mercedes ein. So wie sie das machte, konnte man davon ausgehen, dass sie eine gute Fahrerin war.
Als der Motor erstarb, wurde es ganz still. Der Wind frischte wieder auf und blies durch die Platanen. Durch die kahlen Zweige konnte man den zunehmenden Mond sehen, der von einem Wolkenschleier verhangen war.
Die Frau schloss nun die Garage und ging in Richtung Haustür, dabei knöpfte sie ihren Blazer auf. Als sie auf den Stufen zum Eingang stand, drehte sie sich noch mal um und sah zur Straße. Hatte sie ihn entdeckt?
Nein, oder? Dazu war er doch viel zu weit weg, aber vielleicht ahnte sie etwas. Er versteckte sich hinter dem Baumstamm, bis sie in die Villa verschwunden war. Was sollte er jetzt machen? Ein roter BMW fuhr nun durch die Schwanthaler Allee, und er hastete zurück auf den Gehsteig, weil er auf dem Mittelstreifen
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