Madame Fabienne
Nein, nein, so sollte er nicht vorgehen.
Endlich, die Tür ging auf, und Hector erschien. Sein Gesicht sah schwammig aus, und die schlabbrigen Wangen hingen nach unten. Ob der Kerl wieder gesoffen hatte? Sollte er ihn danach fragen? Er holte hörbar Luft, sagte aber nichts. Hector kam dicht an ihn heran und sah sich um, aber offenbar waren sie allein auf dem Flur.
Es hatte keinen Wert, noch länger zu zögern. Didier sprach extra leise: "Du hast ihn gesehen?"
"Den anderen?"
"Der Mann, mit dem ich mich unterhalten habe."
Hector schwieg und sah ihn dabei an mit seinen kalten Augen.
"Er heißt Martin Breuer und arbeitet bei der Fabrik in der Export-Abteilung." Nun kam jemand in den Flur, eine lange Blondine, die eine Handtasche über der Schulter hängen hatte. Sie schlenderte an ihnen vorbei und verschwand weiter hinten durch eine Tür. Bestimmt war dort die Toilette. Didier zögerte noch einen Moment: Ob sich die Fremde an sie erinnern könnte? Wahrscheinlich nicht.
Er wandte sich wieder Hector zu und sprach leise weiter: "Seine Name ist Breuer. Ich glaube, er hat einen Auftrag vom Sicherheitsdienst bekommen. Er soll einen Kollegen aushorchen. Ich möchte wissen, wer das ist. Verstanden?"
Hector nickte nur.
"Ich möchte, dass du den Kerl beschattest, ja?!"
"Klar."
"Gut." Wie dieser Mann ihn anekelte... Er wandte sich ab und hastete zurück ins Lokal, ohne sich noch mal umzudrehen. Die Stimmen der anderen Gäste kamen ihm auf einmal überlaut vor, und die Luft war auch so stickig. Es war schon schlimm, dass er Hector als Helfer brauchte. Wenn der Kerl nichts Verwertbares finden würde, sähe es schlecht aus für ihn.
Und was war mit den Leuten in der Zentrale? Ob denen irgendwann auffiel, dass er diese Sendungen beschädigt hatte? Nein, nein, deswegen brauchte er sich keine Sorgen zu machen, aber die Zeit lief ihm davon. Er müsste Fabienne finden, bevor man ihn zurück nach Paris bestellte.
10
Jean Claude fuhr durch den Stadtteil Süd und sah noch mal in den Rückspiegel, dabei entdeckte er wieder diesen BMW, der ihm schon vor ein paar Minuten aufgefallen war. Ob die Fabrik ihn beschatten ließ? Wahrscheinlich, wer sollte es denn auch sonst sein. Schade, dass der Abstand zu groß war, um erkennen zu können, wer darin saß.
Vielleicht würde es ihm gelingen, seine Verfolger abzuhängen.
Er bog in die nächste Seitenstraße, ohne dabei den Blinker zu setzen. Links und rechts befanden sich Häuserzeilen, und am Gehsteig standen fast überall geparkte Autos. Es dämmerte schon, und die Laternen brannten. Jetzt kam der andere Wagen um die Kurve und beschleunigte, offenbar wollte man den Abstand verkleinern.
Jean Claude entdeckte eine Lücke am Straßenrand, die groß genug war für seinen Audi. Er machte langsamer und parkte ein: Gleich müsste der BMW kommen. Er löste also den Sicherheitsgurt, damit er sich besser bewegen konnte.
Der Wagen fuhr nun an ihm vorbei, und er konnte erkennen, dass zwei Männer darin saßen. Als die beiden in seine Richtung schauten, wandte er den Blick ab: Warum hatte er das denn gemacht? Es war nur ein Reflex gewesen, oder hatte er etwa Angst vor den Typen? Gute Frage. Gehörten die beiden zur Fabrik? Es wäre möglich, aber sicher war er sich auch nicht.
Der BMW verschwand allmählich in der Ferne, und ihm fiel auf, wie still es hier war. Man hörte fast nichts, nur noch ganz leise den Lärm, der von der Mundenheimer Straße kam. Er konnte auch keine Passanten entdecken, aber in einigen Fenstern brannte wenigstens Licht. Was jetzt? Die Fabrik brauchte ihn gar nicht dauernd zu beschatten, weil man eh wusste, wohin er wollte. Er sollte besser wieder losfahren, gleich.
Er ließ also den Motor an und legte den Gang ein, hielt dann aber inne: Der Himmel über ihm war noch blau, doch links und recht verschwanden die Häuserzeilen schon im Schwarz der Nacht. Die Seitenstraße war eng und verlief ganz gerade, an ihrem Ende zeigte sich der Horizont in einem tiefen Rot— so was hatte er noch nie gesehen. Wie intensiv diese Farbe war.
Er parkte aus und fuhr zurück auf die Mundenheimer Straße, wo es noch viel Verkehr gab. Den BMW konnte er nicht wieder entdecken: Wahrscheinlich hatte die Fabrik auch nicht genügend Leute, um ihn rund um die Uhr zu beschatten. Er bog auf die Wittelsbach Straße und passierte gleich darauf das Amtsgericht und die Endschleife der Straßenbahn.
Als er an der Lagerhaus Straße halten musste, sah er noch mal in den Rückspiegel, doch nun schien
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