Madame Fabienne
Fahrstuhl, aber auch Teile vom Treppenhaus.
Nun hatte sie ihn offenbar bemerkt, denn sie zeigte ihm an, er solle zu ihr kommen. Er ging ein Stück in das Büro hinein und blieb neben dem Besucherstuhl stehen.
Diese Bikem trug ein schwarzes Hosenkostüm, das Nadelstreifen hatte. Unter dem Blazer sah man noch eine weiße Bluse, bei der die oberen Knöpfe offen standen. Ihre dunklen Haare waren gelockt und reichten ihr bis über die Schultern. Sie legte nun auf und wandte sich ihm zu: "Hallo Herr Lang, schön, dass Sie gleich gekommen sind. Hatten Sie heute viel Betrieb?"
"Es war... ganz ordentlich."
"Prima." Sie lächelte ihm zu. "Warten Sie hier, bitte." Sie verschwand durch eine offen stehende Tür, und gleich darauf hörte man, wie nebenan gesprochen wurde; aber Jean Claude war zu weit weg, um die Worte verstehen zu können.
Sollte er versuchen zu lauschen?
Sein Blick glitt durch das Büro, und dabei fiel ihm auf, dass bei einem der Monitore das Bild verschwand. Es flimmerte jetzt nur noch. Irgendwie hatte er auf einmal ein schlechtes Gefühl. Er schlich zu der offenen Tür und lugte nach nebenan: Dort war es völlig kahl, ein schmaler Raum, der aussah wie eine Schleuse.
Nun hörte man wieder, wie jemand sprach, und gleich darauf kamen auch Schritte in seine Richtung. Er huschte zurück zu der Stelle, wo er zuvor gestanden hatte, und dann erschien auch schon Bikem Taschkan. Einen Moment sah sie ihn an, ohne etwas zu sagen. Ob sie etwas bemerkt hatte? Nein, nein, er sollte sich ganz normal verhalten.
Sie zeigte schließlich auf die offene Tür, "Herr Vacaro ist jetzt so weit. Sie können kommen."
"Danke." Er ging durch diese Schleuse und betrat den Raum dahinter, ein langes Büro, das mit Orient-Teppichen ausgelegt war. Es gab ein helles Tageslicht, weil die Jalousien ganz nach oben gezogen waren; durch die Scheiben sah man das Werksgelände. In einer Ecke hatte man eine Sitzgruppe aufgestellt, einige Stühle mit schwarzem Polster und ein Tisch mit polierter Marmorplatte; dort stand auch eine Vase mit gelben Blumen.
Am Ende des Büros saß ein stämmiger Mann in einem Drehsessel und betrachtete ihn. Der andere musste Luigi Vacaro sein. Er trug einen beigen Anzug und hatte die Hände vor dem Oberkörper gefaltet. Seine Nase sah aus, als wäre sie mal gebrochen gewesen, und man munkelte, er habe früher geboxt und habe mal einen Volltreffer einstecken müssen. Vacaro zeigte nun auf den Besucherstuhl vor seinem Schreibtisch, "Nehmen Sie doch Platz, Herr Lang." Seine Stimme klang rau, "Ich bin froh, dass Sie gleich gekommen sind."
"Danke."
"Wie läuft es denn so in der Export-Abteilung?"
Seltsam, das hatte diese Bikem ihn auch gefragt. "Ganz gut." Sollte er etwas anderes sagen? "Doch, doch, ganz gut."
Vacaro holte eine Akte aus seinem Schreibtisch hervor und überflog die Seiten, "Hier steht, Sie haben eine Ausbildung absolviert."
"Zum Speditions-Kaufmann, aber das liegt schon lange zurück."
"Natürlich." Vacaro sah für einen Moment von seiner Akte auf, "Und das war drüben in Mannheim?"
"Das stimmt." Ihm fiel nun auf, dass Bikem Taschkan bei der Fensterfront stand und ihn beobachtete. Was war hier nur los? "Es war die kaufmännische Berufsschule am Toulon-Platz."
"Am Toulon-Platz, richtig. Und der Ausbildungs-Betrieb?"
"D-das war eine kleine Straßen-Spedition, aber das Unternehmen ging leider pleite. Es ist schon lang vergessen, das war in den 90er Jahren. Ich war ganz gut in der Schule und konnte deswegen auch meine Ausbildungszeit verkürzen."
Vacaro blätterte in der Akte herum, "Und dann?"
"Da muss ich erst mal überlegen." Warum wollte der Mann das alles wissen? Da stimmte doch was nicht. Er war drei Monate arbeitslos gewesen, aber das brauchten die anderen nicht zu erfahren. Er versuchte zu lächeln, "Dann war ich bei einer Spedition, die sich auf Silo-Transporte spezialisiert hatte."
"Aber auch dort gab es Probleme, nicht wahr?"
"Leider", er zuckte mit den Achseln. "Ich war zwei Jahre lang dort, aber dann ist auch diese Firma finanziell unter Druck geraten. Man konnte allerdings einen Investor finden und so einen Teil des Unternehmens retten. Soweit ich weiß, gibt es heute noch einen Rechtsnachfolger."
"Und danach sind Sie zur Öl- & Reifenfabrik gekommen. Waren Sie gleich bei der Export-Abteilung?"
Er tat so, als überlege er. "Ich war zuerst in der Verwaltung. Aber nur für kurze Zeit... ein drei Viertel Jahr, oder so." Die Arbeit dort war ganz trocken gewesen, aber das brauchte er
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