Madame Fabienne
dem er schon vor seiner Wohnung begegnet war. Die beiden standen über ihm und zielten mit Pistolen auf ihn: Wenn er sich rührte, würden sie ihn abknallen, oder? Wahrscheinlich, ihre Gesichter sahen zumindest ganz grimmig aus.
Immer mehr Autos kamen angefahren, und man hörte, wie sich die Leute auf Französisch unterhielten. Es hatte Verletzte gegeben, und Jean Claude konnte sehen, wie sich drei, vier Personen über einen Mann beugten und ihn verbanden. Im Licht der Scheinwerfer erkannte er nun auch Gaston Roque-Maurel: Der alte Mann stieg gerade aus einem der Wagen und sagte noch etwas zur Fahrerin. Diesmal trug er einen schwarzen Anzug, aber keine Krawatte dazu. Ein Unterarm war immer noch eingegipst und hing in einer Schlinge, am Kopf konnte man zwischen den Haaren ein Pflaster sehen.
Gaston Roque-Maurel kam nun zu ihm und beugte sich grinsend ein Stück weit nach unten, "Guten Abend, Monsieur Lang. So sieht man sich wieder."
Jemand rief nach dem alten Gaston, und er wandte sich ab, bevor Jean Claude noch etwas sagen konnte. Ein paar Mann schleppten zwei Leichen heran, und Jean Claude konnte aus der Distanz erkennen, dass es sich bei der ersten um diesen Didier handelte. Wenn der alte Roque-Maurel das sah, würde man ihn wohl umbringen.
Das war sein Ende.
Er schloss einen Moment die Augen und spürte den Nieselregen in der Nachtluft: Er müsste sich jetzt konzentrieren, vielleicht gab es doch noch einen Ausweg— er wollte doch leben.
Der alte Gaston beugte sich nun über den Leichnam und fing an zu grinsen. Was? Das konnte es doch nicht geben, oder? Jean Claude streckte den Hals, damit er mehr sehen konnte, aber es war ganz klar zu erkennen: Roque-Maurel freute sich, dass dieser Didier tot war.
Das ergab doch keinen Sinn, oder?
Einer der Männer trat nun an Roque-Maurel heran und fragte ihn auf Französisch, ob man Fabienne verfolgen solle. Doch der schüttelte bloß den Kopf und wandte sich der zweiten Leiche zu, offenbar dieser Hector. Hier blieb das Gesicht des alten Gaston ganz starr, und man konnte nicht sagen, was er dachte.
Die Männer beugten sich über den toten Didier und untersuchten ihn. Sie redeten auf einmal durcheinander und zeigten auf irgendwas, was Jean Claude nicht erkennen konnte. Der alte Gaston kam wieder zu der ersten Leiche, und im Licht der Scheinwerfer konnte man sehen, wie einer der Männer mit Mittel- und Zeigefinger durch die Luft stach: Man hatte wohl erkannt, woran die beiden gestorben waren.
Es wurde überall laut gesprochen, und selbst seine beiden Aufpasser wurden neugierig. Sie riefen die Kämpferin mit dem schwarzen Ledermantel zu sich und sagten ihr, sie solle ihn bewachen. Die beiden gingen zu den anderen, doch diese Frau war noch da und zielte mit einer Pistole auf ihn. Vielleicht könnte er sie irgendwie ablenken, aber wie?
Es regnete immer noch, und hier und da drehten sich die Nebel durch die Nacht.
Der alte Gaston grinste wieder: Offenbar amüsierte es ihn, wie die beiden gestorben waren. Wusste er, dass Fabienne dies getan hatte? Offensichtlich. Er zeigte auf einen der Wagen und gab auf Französisch die Anweisung, man solle die beiden Toten einladen. Nun wurde auch die schwarzhaarige Frau neugierig und drehte sich für einen Moment zu den anderen. Das war seine Chance: Er sprang auf die Beine und stieß sie zu Boden.
Einen Moment passierte gar nichts, aber dann konnte er hören, wie hinter ihm wild durcheinander gerufen wurde. Er lief im Zickzack durch die Nacht, damit sie ihn nicht so leicht treffen könnten, falls sie auf ihn schießen würden. Er konzentrierte sich auf das Laufen, und schon bald sah man die Lichter von Oppau— gleich hätte er es also geschafft.
Sein Atem wurde lauter, und es stach ihm in die Seite, aber dann erreichte er die Häuser und verschwand um die nächste Straßenecke.
34
Als Jean Claude beim Fußballclub ankam, lief sich die erste Mannschaft gerade warm. Er begrüßte zwei Leute vom Verein und stellte sich dann zu den wenigen anderen Zuschauern. Manchmal frischte der Wind auf und blies durch die Säulenpappeln, die den Platz umrandeten. Die Bäume waren wieder grün, und die Sonne hatte schon so viel Kraft, dass es angenehm mild war.
Der Frühling hatte sich endlich durchgesetzt.
Jean Claude sah zu, wie die Spieler trainierten. Es ging ihm jetzt besser als an den vorigen Tagen, aber manchmal musste er noch an die Nacht draußen auf dem Feld denken. Was waren das wohl für Kreaturen gewesen? Zombies vielleicht? Aber so
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