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Madame Fabienne

Madame Fabienne

Titel: Madame Fabienne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johnny70
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etwas gab es doch gar nicht. Er müsste das alles verschweigen, wahrscheinlich würde es ihm eh niemand glauben, wenn er es erzählen würde.
    Inzwischen betreute er eine Jugend-Mannschaft. Man hatte ihm diese Stelle gegeben, weil er schon früher im Verein als Spieler tätig gewesen war. Und er bekam dafür auch ein bisschen Geld, was die Sache für ihn noch angenehmer machte. So wie es jetzt aussah, könnte er vielleicht irgendwann auch ein richtiger Trainer werden.
    Seinen Arbeitsplatz in der Fabrik hatte er aufgegeben. Es konnte einfach nicht so weitergehen wie bisher, nicht nach all dem, was passiert war. Es ekelte ihn an. Eine Zeit lang hatte er nach einem neuen Job gesucht, bekam aber nur Absagen. Schließlich fand er eine Teilzeit-Stelle in einer Videothek; ob er dort allerdings bliebe, würde sich erst noch zeigen. Die Wohnung in Oggersheim war nun auch zu teuer für ihn, und er hatte schon gekündigt. Er müsste sich ein Apartment suchen, aber irgendwie würde auch das klappen.
    Nun fiel ihm ein Jogger auf, der einen roten Trainingsanzug trug. Der Mann hatte schon letzte Woche hier ein paar Runden gedreht. Der Fremde fing an zu gehen und kam in seine Richtung. Erst als der andere schon fast bei ihm war, erkannte er Hasan Gündesch. Was machte der denn hier? Gute Frage. Wenn er sich jetzt recht erinnerte, hatten sie nie miteinander gesprochen. Also dürfte Hasan ihn wohl nicht erkennen. Hoffentlich.
    GMN gehörte inzwischen der Öl- & Reifenfabrik, und letztens hatte man ihm auch erzählt, dass Sibel einen Posten als Managerin im Konzern bekommen würde.
    Hasan schob sich nun die rote Kapuze vom Kopf und stellte sich neben ihn. Er war noch außer Atem und schwitzte. Was einem gleich an ihm auffiel, war der Bart, den er nun hatte. Außerdem sahen seine Augen leer aus. "Hallo", er zeigte aufs Fußballfeld, "ist das die erste Mannschaft?"
    Offenbar erkannte Hasan ihn nicht. Gut. Er nickte, "Die spielen prima."
    "Manchmal laufe ich hier vorbei und schaue eine Zeit lang zu."
    "Spielen Sie auch?"
    "Nein." Er rieb sich mit dem Unterarm den Schweiß von der Stirn, "Mir reicht das Laufen. Das brauche ich einfach, es gibt mir Kraft."
    "Das kann ich verstehen."
    Einen Moment schwiegen sie und schauten zu, wie die Mannschaft trainierte. Ein Spieler mit gelber Weste lief auf das Tor zu und schoss, doch der Ball traf nur den Pfosten und prallte aufs Feld zurück. Hasan wandte sich ihm zu, "Ich sehe Sie auch oft hier."
    "Da sind Sie aber aufmerksam. Ich betreue eine Jugend-Mannschaft. Seit ein paar Tagen. Ich habe... ein altes Hobby von mir wieder aufgegriffen."
    "Was für ein Zufall", Hasan grinste ein wenig. "Bei mir ist das ähnlich. Ich habe... lange im Büro gearbeitet und jetzt fange ich wieder an zu schauspielern. Früher habe ich das schon mal gemacht, und ich war auch ganz gut gewesen." Hasan sah auf seine Armbanduhr, "Jetzt muss ich aber los. Ich jogge noch ein bisschen."
    Jean Claude hob zum Abschied grüßend die Hand und sah ihm noch einen Moment nach, wandte sich dann aber wieder dem Spielfeld zu. Fabienne hatte Hasans Leben aus dem Gleichgewicht gerissen, und jetzt lief der Mann jeden Tag sein Pensum, um nicht ganz verrückt zu werden.
    So verrückt wie dieser Didier gewesen war.
    Manchmal konnte er Fabienne vor seinem geistigen Auge sehen: Wie sie ihre Gymnastik machte in der Villa auf der Schwanthaler Allee oder wie der Wind durch ihre braunen Haare blies. Und manchmal sah er auch im Wagen in den Rückspiegel und hoffte, er könne dort ihr Gesicht noch mal entdecken. Genau so wie damals, als er sie am Bahnhof Mitte abgeholt hatte.
    Was sie jetzt wohl so machte? Er hatte noch immer das Foto von ihr, das sie am Strand von Brest zeigte. Ob sie sich hin und wieder auch an ihn erinnerte? Was wäre wohl, wenn er ihr noch mal begegnen würde? Ob das überhaupt gut für ihn wäre?
    Vielleicht könnte er das alles hinter sich lassen und ganz in der Gegenwart leben. Aber irgendwie ging das nicht, zumindest noch nicht, denn die Erinnerung holte ihn immer wieder mal ein. Er müsste jetzt nach anderen Frauen Ausschau halten, und vielleicht würde es ja einer gelingen, Fabiennes Bann über ihn zu brechen.

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